Von der Kupferschmiede zur Weltfirma – die Geschichte der Firma BAUER in Schrobenhausen

Werkstatt von Kupferschmied Bauer um 1930

Industriegeschichte fristet oft ein Schattendasein in der regionalen Geschichtsschreibung – völlig zu unrecht. Denn erst die Industrialisierung ermöglichte unseren heutigen Lebensstandard. Und die Industrialisierung fand nicht nur in großen Zentren statt. Beispielhaft ist die Geschichte der Firma BAUER, die sich in mehr als 200 Jahren von einer kleinen Schrobenhausener Kupferschmiede  zu einer Weltfirma entwickelte.

Wir präsentieren – in Zusammenarbeit mit der BAUER AG – im Folgenden die Firmengeschichte BAUER – Geschichte und Geschichten aus dem Jahr 2018 (Link siehe unten).

Einige Meilensteine der Firmengeschichte, die neugierig machen sollen:

  • 1790 Der Kupferschmied Sebastian Bauer aus Deggendorf erwirbt eine Kupferschmiede in Schrobenhausen und legt damit den Grundstein für das Unternehmen. Kupferschmiede stellen zu dieser Zeit zum Beispiel her: Gebrauchsgegenstände für den täglichen Bedarf, Pfannen, Töpfe, Kannen, Leuchter, Zubehör für Bierbrauer, Färber und Seifensieder; sie sind aber auch im Bereich hochwertiger Dachdeckungen tätig.
  • 1902  Andreas Bauer bohrt einen artesischen Brunnen: das ist ein Brunnen, aus dem Wasser nach dem Anbohren von selbst austritt. Weitere artesische Brunnen folgen.
  • 1928  Das bisher größte Projekt der Firma: der Bau der Schrobenhausener Hochdruckwasserleitung.
  • 1952  Dipl.Ing. Karlheinz Bauer übernimmt die Firma, die Ära des Spezialtiefbaus beginnt – und damit ein steiler Aufstieg des Unternehmens.
  • 1958  Erfindung des Injektionszugankers, ein wichtiger technologischer Durchbruch, der patentiert wurde.
  • 1969  Beginn des Maschinenbaus mit dem ersten Ankerbohrgerät.
  • 1976  Herstellung des ersten Drehbohrgeräts BG 7.
  • 1986  Übernahme der Geschäftsführung durch Thomas Bauer und Ausbau der Internationalisierung.
  • 1994  Gründung der BAUER Aktiengesellschaft als Holding.
  • 2006  Börsengang der BAUER AG.

Heute sieht sich die Firma BAUER in Verbindung mit den schwierigsten und größten Gründungsaufgaben der Welt, auch in der Umwelttechnik hat sich BAUER einen Namen gemacht. Die BAUER-Gruppe verzeichnete mit all ihren weltweiten Tochterfirmen im Jahr 2023 mit etwa 12.000 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von 1,8 Milliarden Euro.

Die von Franz Josef Mayer verfasste Firmengeschichte „BAUER – Geschichte und Geschichten“ (292 Seiten, Großformat, 38 MB) finden Sie hier

Eine Kurzfassung der Firmengeschichte finden Sie hier

Die „Urverträge“ der Kupferschmiede befinden sich übrigens im Sammlungsbestand des Schrobenhausener Stadtarchivs (siehe auch Abb. auf Seite 22 des Buches).

 

Bauer - Geschichte und Geschichten

Bauer – Geschichte und Geschichten

 

Die beliebte und informative Firmenzeitschrift BOHRPUNKT gibt es auch digital. Sie spiegelt die Firmengeschichte anhand von zahllosen Beispielen. Die digitalen Ausgaben ab 2018 finden Sie auf der Homepage der BAUER AG, nämlich hier  

 




Die Gemeinden des Altlandkreises Schrobenhausen im Spiegel der Fotografie um 1930

Im Folgenden eine Verlinkung auf ein Digitalisat, präsentiert vom

 

Vorderer Buchdeckel des Fotobandes mit eingearbeiteter Lenbach-Medaille

 

Die Gemeinden des Altlandkreises Schrobenhausen im Spiegel der Fotografie um 1930

Das Münchener Digitalisierungszentrum präsentiert einen phänomenalen Fotoband über den Altlandkreis Schrobenhausen als Digitalisat. Anlass zur Erstellung des Bandes war wohl eine Verabschiedung, wie die Widmung vermuten lässt: „Die Kreislandwirtschaftsschule [Schrobenhausen] in Dankbarkeit ihrem sehr geschätzten Herrn Oberveterinärrat.“ Der Name wird dabei leider nicht genannt. Der Band wird auf die Zeit zwischen 1920 und 1950 datiert. Gefertigt wurde er von der Schrobenhausener Buchbinderei August Weber. Da der Begriff „Bezirksamt“ vorkommt (ab 1939 wurde es in Landratsamt umbenannt), sollte der Band vor 1939 entstanden sein. Der Band enthält 140 eingeklebte Fotos von allen Gemeinden des Altlandkreises Schrobenhausen – als fotografische Dokumentation eines gesamten Landkreises eine Rarität.

 

Seite aus dem Band mit der Ansicht des Bezirksamts (ab 1939 Landratsamt genannt)

 

Die Gemeinden des Altlandkreises

Fotos aus der Stadt Schrobenhausen sowie den Gemeinden Adelshausen / Alberzell / Aresing / Berg im Gau / Brunnen / Deimhausen / Diepoldshofen / Edelshausen / Freinhausen / Gachenbach / Gerolsbach / Grimolzhausen / Hirschenhausen  / Hörzhausen / Hohenried / Hohenwart / Klenau/ Klosterberg / Koppenbach / Langenmosen / Lauterbach / Malzhausen / Mühlried / Peutenhausen / Pobenhausen / Rettenbach / Sandizell / Sattelberg / Seibersdorf / Singenbach / Steingriff / Strobenried / Waidhofen / Wangen / Weichenried / Weilach / Weilenbach.

 

Der Band befindet sich im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek.

 

Auf der Downloadseite gibt es Informationen zu den Nutzungsbedingungen.

 

Wir werden versuchen, die Entstehung des Bandes noch genauer zu datieren.

 

Zum genannten Band geht es hier

 

Auf der linken Seite findet sich die Inhaltsangabe, über die man direkt zu den gewünschten Seiten kommt.

 




Die Schrobenhausener Papiermühle und ihre Wasserzeichen

Die Schrobenhausener Papiermühle und ihre Wasserzeichen

500 Jahre Papier aus Schrobenhausen – in wenigen Jahren wird es soweit sein. Damit gehört die heutige Papierfabrik Leinfelder, kurz LEIPA, einer der größten Papierhersteller in Deutschland, zu den wenigen Betrieben mit so langer Tradition. Gegründet wurde sie als Papiermühle im Jahr 1535. Mechtild und Hans-Georg Hofmann aus Schrobenhausen haben die ältere Geschichte der Papiermühle und ihre Wasserzeichen umfassend erforscht. Wir bringen hier erste Auszüge aus der umfangreichen Materialsammlung, die sich inzwischen im Stadtarchiv Schrobenhausen befindet.

 

Städtische Papiermühle

Die Geschichtsschreibung der Papierfabrik beruft sich zunächst auf  Michael Leinfelder, der die Papiermühle im Jahr 1847 kaufte. Dessen Sohn Georg Leinfelder baute den Betrieb zu einer Fabrik aus, die bald überregional Absatz fand und die zunehmend Papier aus Holzschliff herstellte.

Doch – und das ist wenig bekannt – war sie zuvor über 300 Jahre eine städtische Papiermühle. Die Stadt Schrobenhausen erbaute die Papiermühle im Jahr 1535, betrieb sie aber nicht selbst, sondern „verstiftete“ sie an Hanns Frieß. Das Wort „verpachtet“ würde den Kern der Sache nicht treffen. Mit dieser „Stift“ entstand ein „grundherrliches“ Verhältnis zwischen „Bürgermeister und Rat der Stadt Schrobenhausen“ und dem jeweiligen Papiermüller, der ein jährliches Stiftgeld reichen musste. Die Stadt besaß das „Obereigentum“, der Papiermüller das „Nutzeigentum“. Diese heute schwer nachvollziehbare Aufspaltung des Eigentumsbegriffs wurde in Bayern erst mit dem Gesetz über die Aufhebung der Grundlasten im Jahr 1848 aufgehoben. Gegen einen Ablösungsbetrag ging die Papiermühle dann in das freie Eigentum des Papiermüllers Michael Leinfelder über.

Bäckermess-Rechnung 1551 im Stadtdarchiv Schrobenhausen mit Schrobenhausener Wasserzeichen

 

Hadernpapier – Papier aus Lumpen

Die städtische Papiermühle stellte „Hadernpapier“ her. Ausgangsstoffe waren Textilfasern, vorwiegend Flachs- und Hanffasern. Lumpensammler zogen durchs Land auf der Suche nach abgetragenen Kleidungsstücken und Textilien und boten sie den Papiermüllern an. Der Rohstoff wurde zerkleinert, eingeweicht und dann in einem Stampfwerk zerstoßen, das durch Wasserkraft angetrieben wurde. Der verdünnte Faserbrei wurde in Bütten – Holzbottiche – gegeben, von dort wurden die Bögen mit einem Sieb „geschöpft“ und anschließend getrocknet. Das so hergestellte Papier war im Vergleich zur heutigen Zeit sehr teuer, ist aber extrem widerstandsfähig.

 

„Der Papyrer“ (Ausschnitt, aus Jost Ammans Ständebuch 1568)

 

Gezeigt wird diese historische Papierherstellung zum Beispiel im Klostermühlenmuseum Thierhaupten (www.klostermuehlenmuseum.de). Hier finden sich auch mehr Ausführungen zur Papierherstellung.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Hadernpapier von Holzschliffpapier verdrängt, das aus fein zermahlenem Holz hergestellt wurde.

 

Albrecht Dürer auf Schrobenhausener Papier

Der Absatzgebiet des Schrobenhausener Papiers erstreckte sich weit über unsere Region hinaus. Wir finden Schrobenhausener Papier natürlich bei der Stadt Schrobenhausen selbst, bei der Pfarrei und dem Landgericht, im Schlossarchiv Sandizell, dann in nahen oder  weiter entfernten Gerichten wie Aichach, Neuburg, Abensberg, Wemding, Deggendorf und Straubing, in den Städten Ingolstadt und Regensburg, in den Hochstiften Eichstätt und Freising, in den Klöstern Scheyern und Metten. Eine Liste, die sich sicher verlängern ließe.

Weitgehend unbekannt ist die Tatsache, dass es auch Drucke von Albrecht Dürer auf Schrobenhausener Papier gibt. Da Dürer 1528 in Nürnberg verstorben ist, die Schrobenhausener Papiermühle erst 1535 gegründet wurde, handelt es sich dabei um zeitgenössische Nachdrucke. Nachgewiesen hat das schon B. Hausmann in seiner Arbeit über Dürers Kupferstiche aus dem Jahr 1861. Auch bei Antiquariaten werden solche Drucke hin und wieder angeboten. Dieses Thema ist spannend, es würde sich lohnen, hier näher nachzuforschen.

B[ernhard] Hausmann: Albrecht Dürer’s Kupferstiche. Radirungen, Holzschnitte und Zeichnungen, unter besonderer Berücksichtigung der dazu verwandten Papiere und deren Wasserzeichen, Hannover 1861 (Schrobenhausen Seiten 6, 17, 25, 29, 30, 39, 72, 78. Ein Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek gibt es hier).

Schrobenhausener Stadtkammer-Rechnungen aus dem 18. Jahrhundert

 

Forschungsprojekt Mechtild und Hans-Georg Hofmann

Mechtild und Hans-Georg Hofmann haben sich intensiv mit verschiedenen Aspekten der Schrobenhausener Geschichte beschäftigt und alle Forschungsergebnisse dem Stadtarchiv überlassen, darunter fünf Leitzordner unter dem Projektnamen „Hadern“. Sie haben dazu hunderte städtischer Protokolle und Rechnungen ausgewertet, auch im Pfarrarchiv recherchiert. So konnten zahlreiche Dokumente zur Schrobenhausener Papiergeschichte zusammengetragen, transkribiert und kommentiert werden.

Das Markenzeichen der alten Papiermühlen war das Wasserzeichen, über das man die Herkunft der Papiere nachvollziehen kann. Für die Schrobenhausener Papiermühle war das Stadtwappen durch den ausgestellten Stiftbrief verbindlich festgelegt. Angetan vom Reiz dieser nur im Gegenlicht sichtbaren Zeichen haben Mechtild und Hans-Georg Hofmann in den Jahren 2016 bis 2017 rund 900 Wasserzeichen fotografisch festgehalten, darunter auch einige von auswärtigen Papiermühlen.

Max Direktor

 

Mechtild und Hans-Georg Hofmann

Die Papiermühle in Schrobenhausen und ihre Wasserzeichen

Wir präsentieren hier eine Dokumentation zur Geschichte der Papiermühle und ihren Wasserzeichen und hoffen, auch weitere interessante Informationen dazu liefern zu können, die das hier gezeigte Gerüst mit Leben erfüllen. Diese Dokumentation finden Sie als PDF hier. 

 

Frühes Schrobenhausener Wasserzeichen aus dem Jahr 1544




Die Schrobenhausener Gesundheits- und Umwelttage – ein kleiner Beitrag zur Umweltgeschichte

Persönliche Vorbemerkung

Ein Rückblick auf eine große Veranstaltungsreihe aus dem Jahr 1996? Ist das denn schon Geschichte? Und was sollen wir daraus lernen?

Kurz nach den Gesundheits- und Umwelttagen 1996 wurde ich von einer überregional erscheinenden Zeitschrift aus dem Bereich des Gesundheitswesens gebeten, einen Artikel über diese Veranstaltung zu schreiben. Obwohl mit der Redaktion abgestimmt, wurde er dann doch nicht veröffentlicht, der Grund dafür ist mir nicht bekannt. Vielleicht weil es ein Erfahrungsbericht war, keine wissenschaftliche Auswertung? Vielleicht weil nicht die „klassische Schulmedizin“ im  Vordergrund stehen sollte?

Da dieser Artikel jedoch einen sehr guten Einblick in die Zeit der 1990er Jahre gibt, soll er im Folgenden veröffentlicht werden. Der Artikel zeigt, wie sich in dieser Zeit viele ehrenamtlich Engagierte zusammengefunden haben, um für ihr Anliegen zu werben, eine Bürgerinitiative einer ganz eigenen Art.

Der Vergleich zur Gegenwart zeigt, wie viel sich in diesen knapp drei Jahrzehnten verändert hat, wie viele Ideen Anstoß für Veränderungen gegeben haben.

Die Gesundheits- und Umwelttage wurden bis 2003 abgehalten. Viele Mitwirkende engagierten sich auch in der Ende der 1990er Jahre entstandenen Initiative AGENDA 21. Im Bereich Energie wurde in Schrobenhausen damals ein erstes „Bürgerkraftwerk“ aus Spendengeldern errichtet, ein kleines Photovoltaikprojekt, das damals nicht selten belächelt wurde. Im Energiebereich Engagierte initiierten schließlich das noch bestehende Projekt „Energie effizient einsetzen“ und schließlich auch die Bürgerenergie-Genossenschaft, die inzwischen weit über die Landkreisgrenzen hinaus tätig ist. Auch heute finden wieder Umwelttage in Schrobenhausen statt.

Im Folgenden das eingereichte Manuskript in unveränderter Fassung, formale Fehler wurden korrigiert, die Rechtschreibung modernisiert. Parallel dazu haben wir das Programmheft eingescannt, das in hoher Auflage im Raum Schrobenhausen verteilt wurde. Das Programm finden Sie hier.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Schrobenhausener Gesundheits- und Umwelttage – eine Initiative  von Bürgern für Bürger

 

Zusammenfassung

Die Stadt Schrobenhausen – eine Kleinstadt im nördlichen Oberbayern mit knapp 16.000 Einwohnern – veranstaltet im zweijährigen Turnus „Gesundheits- und Umwelttage“. Diese Veranstaltung – mit etwa 40 Ausstellern sowie 50 Vorträgen und Aktionen für eine Kleinstadt eine enorme Leistung – wird im wesentlichen vom Engagement der Bürger getragen. Vereine, Firmen, Behörden und alle örtlich vertretenen Krankenkassen haben sich der Veranstaltung angeschlossen – die Stadt hat die Trägerschaft und die Organisation übernommen. Das Beispiel Schrobenhausen zeigt, dass man auch in Zeiten knapper werdender Kassen Veranstaltungen dieser Art durchführen kann, wenn man sparsam wirtschaftet – und das bei einem hohen Qualitätsniveau. Der folgende Erfahrungsbericht stammt aus der Sicht des städtischen Koordinators, der seine Aufgabe vor allem darin gesehen hat, die Initiativen zu koordinieren, die Gesamtorganisation zu leiten und für ausreichend Öffentlichkeitsarbeit und Werbung zu sorgen.

Ein Erfahrungsbericht in einer Zeitschrift, in der vor allem wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht werden? Ein Erfahrungsbericht sollte es vor allem deshalb werden, weil die Daten rund um die Gesamtveranstaltung nicht so einfach wissenschaftlich aufbereitet werden können. Ein Erfahrungsbericht erleichtert die Suche nach Motiven, Zielen und Erfolgen einer Initiative, die inzwischen weit über die Grenzen Schrobenhausens hinaus Beachtung findet.

 

Vorgeschichte

Anfang der neunziger Jahre formierte sich in Schrobenhausen eine kleine Gruppe, die sich Arbeitskreis Stadtökologie nannte und in lockeren Zusammenkünften verschiedene Umweltthemen diskutierte. Aus diesen Treffen entstand die Idee, unter dem Titel „Schrobenhausener Umwelttage“ ein anspruchsvolles Ausstellungs- und Vortragsprogramm zu entwickeln. Konkretes Ziel war, einer breiteren Öffentlichkeit Informationen und Anregungen im Umweltbereich zu geben, lähmenden Umweltängsten entgegenzuwirken und zum Handeln zu ermuntern. Ein Rundbrief an interessierte Bürger, an Vereine und Institutionen war erfolgreich: etwa drei Dutzend engagierte Einzelpersonen sowie Vertreter von Vereinen, Initiativen und Institutionen wollten mitarbeiten. So wurde die Veranstaltung ein Erfolg, auch wenn das Wetter nicht so recht mitspielen wollte und Anfangsschwierigkeiten zu überwinden waren. Man war sich einig, die Veranstaltung nach zwei Jahren zu wiederholen.

Inzwischen waren auch Pläne gereift, in Schrobenhausen eine ähnliche Veranstaltung im Bereich der Gesundheit anzubieten, vorangetrieben vor allem vom damaligen Stadtrat Dr. Anton Euba. Die Idee lag in der Luft und wurde schon nach kurzer Diskussion für gut befunden: die beiden Veranstaltungen unter dem Titel „Schrobenhausener Gesundheits- und Umwelttage“ zu vereinen, wobei die die Teilbereiche Gesundheit und Umwelt gleichberechtigt nebeneinander stehen sollten.

Die Argumente waren klar: Zahlreiche Gefahren für die Umwelt bedrohen auch die Gesundheit des Menschen – andererseits mag die Sorge um die eigene Gesundheit so manchen motivieren, sich näher mit Umweltschutz zu beschäftigen. Auch war man sich der Chance bewusst, die Bereiche Gesundheit und Umwelt in größere Zusammenhänge zu stellen. Es sollte nicht die klassische Schulmedizin im Vordergrund stehen, die es sich zur Aufgabe macht, Symptome zu kurieren. Gesundheit und Krankheit sollten in ganzheitlichen Zusammenhängen gesehen werden. In den Mittelpunkt rückte die Prävention mit Vorschlägen und Anregungen, wie man selbst mit Aktivität und Spaß zu einer gesunden Lebensweise und lebenswerten Umwelt beitragen kann. Dazu wollte man Denkanstöße geben und neue Wege aufzeigen.

So gab es im Jahr 1994 noch deutlich mehr Resonanz, als die Organisatoren – vor allem wieder engagierte Bürger – zur Beteiligung an den ersten „Schrobenhausener Gesundheits- und Umwelttagen“ aufriefen. Man verlegte den Ausstellungsort in die Stadtmitte rund ums Rathaus und brachte wieder ein ausführliches Programm heraus. Von vornherein versuchte man, thematische Schwerpunkte zu setzen, um zu vermeiden, dass sich Themenstellungen alle zwei Jahre wiederholen. Um noch breitere Bevölkerungsschichten anzusprechen und der Veranstaltung jegliches Außenseiterimage zu nehmen, einigte man sich dahingehend, eine bekannte Persönlichkeit als Schirmherrn zu gewinnen und die Eröffnung zu einem gesellschaftlichen Ereignis zu machen. Für diese Aufgabe konnte Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer gewonnen werden. Zur Eröffnungsveranstaltung wurden nicht nur die üblicherweise eingeladenen öffentlichen Funktionsträger, sondern auch die interessierte Bevölkerung eingeladen – die große Resonanz mit 400 Besuchern gab den Veranstaltern recht. Für die „Gesundheits- und Umwelttage 1996“, deren Verlauf im folgenden näher geschildert wird, wollte man daher die Grundlinien dieser Veranstaltung beibehalten.

 

Werbung und Programmgestaltung

Menschen in unserer Gesellschaft werden Tag für Tag mit Informationen überhäuft und mit Werbematerial überschwemmt. Deshalb wollte man den Erfolg der Veranstaltung von Anfang an nicht dürftigen Faltblättern überlassen, die in Banken, Geschäften und bei Behörden ausliegen und vergleichsweise nur wenige Personen erreichen. Erfahrungen haben gezeigt, dass man Ausstellungen zwar gut durch die Presse und mit Plakaten bekannt machen kann, dass aber Vortragssäle oft leer bleiben, wenn man die Vortragsveranstaltungen nicht ausführlicher ankündigt. Um alle Veranstaltungen rund um die Gesundheits- und Umwelttage einem möglichst breiten Publikum nahezubringen, entschloss sich das Organisationsteam, ein ausführliches Programmheft zu erstellen und an alle Haushalte im Stadtgebiet und im Einzugsbereich der Stadt verteilen zu lassen. Alle Aussteller und Referenten wurden daher gebeten, ihren Themenbereich kurz und prägnant in wenigen Sätzen darzustellen. Viele der eingereichten Texte erwiesen sich als kompliziert, deshalb war es unerlässlich, die Texte redaktionell zu bearbeiten, stilistisch anzugleichen und allgemeinverständlich zu formulieren. Die Arbeit am 24seitigen Programmheft gestaltete sich somit zu einer der zeitraubendsten Arbeiten im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten. Moderne Satz-, Druck- und Bindetechniken ermöglichten es, das Heft in einer Auflage von 18.000 Exemplaren zu drucken und an die Haushalte zu verteilen – und das bei Gesamtkosten von unter 9.000 DM.

 

Inhalte und Schwerpunkte

Da die Gesundheits- und Umwelttage wieder im Herbst stattfinden sollten – die Sommertermine sind häufig durch eine Fülle von Feiern und Veranstaltungen belegt – wurde das erste Rundschreiben im Februar versandt: Alle Teilnehmer der letzten Veranstaltung und zusätzliche Interessierte wurden persönlich eingeladen. Das sehr gut besuchte erste Treffen ließ hoffen, dass auch diesmal das nötige Engagement für eine erfolgreiche Veranstaltung vorhanden sein würde. Auch die zweiten Gesundheits- und Umwelttage sollten Schwerpunkte setzen, ohne die gesamte Bandbreite der Bereiche einzuengen. Man einigte sich auf die Themen „Natürliche Heilweisen“ auf dem Gebiet der Gesundheit und „Verkehr“ im Bereich Umweltschutz. Von vornherein wurde ein ausgewogenes Verhältnis von Ausstellungen und Vorträgen angestrebt. Die Zeit zwischen den einzelnen Vorbereitungstreffen wurde von den Teilnehmern genutzt, um Termine abzuklären, Referenten zu gewinnen oder sich Gedanken über das eigene Angebot zu machen. Die Diskussionsatmosphäre war von gegenseitiger Toleranz bestimmt, die Überparteilichkeit war Grundvoraussetzung und wurde auch von den in Parteien organisierten Teilnehmern vollkommen akzeptiert.

Neben den klassischen Themen in den Bereichen Gesundheit und Umwelt wollte man diesmal noch bewusster Themen einbinden, die häufig weniger Beachtung finden oder gar tabuisiert werden, z. B. die Hospizbewegung oder der Umgang mit der Krankheit AIDS. Auch sollte der Blick über den Tellerrand gewagt werden, Umwelt und Gesundheit nicht zur deutschen Angelegenheit erhoben und auf deutsche Bevölkerung beschränkt werden. In diesem Sinne informierte die Dritte-Welt-Gruppe über fairen Handel und dessen positive Auswirkungen auf die Dritte Welt – auch auf die dortigen Gesundheits- und Umweltbedingungen. Der Ausländer-Inländer-Treff – eine lokale Initiative zur Förderung von gegenseitigem Verständnis und Toleranz – stellte sich durch internationale Schmankerl vor. Nicht zuletzt förderte das gutbesuchte Abendgebet der Religionen, das christliche und islamische Gläubige in einem gemeinsamen Gottesdienst vereinte, das gegenseitige Verständnis, die Achtung vor dem anderen. Es wäre mühsam, hier alle Themen aufzuzählen, stellvertretend für die gesamte Bandbreite werden in nebenstehender Rubrik die Titel aller Referate, Diskussionen und Aktionen genannt.

 

Kernveranstaltung und Rahmenprogramm

Die Kern- bzw. Hauptveranstaltung fand an einem Wochenende statt und bestand zum einen aus etwa 40 Ausstellungen und Informationsständen, zum anderen aus Aktionen und Vorträgen. Den Auftakt bildete auch diesmal eine Eröffnungsfeier in größerem Rahmen, zu der als Schirmherrin die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm begrüßt werden konnte. Die Redebeiträge wurden durch Musik und Tanzvorführungen von Schülerinnen aufgelockert, anschließend gab es die Möglichkeit, bei gesundheitsbewusstem Buffet Gedanken auszutauschen und sich kennenzulernen.

Der Samstag startete mit einem Biobauernmarkt, auf dem biologisch wirtschaftende Landwirte aus der Region ihre Produkte anboten. Die Aussteller konnten ihre Produkte oder Informationen am Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr präsentieren. Etwa zwei Drittel der Aussteller konnte in Zelten untergebracht werden, für das restliche Drittel stellte die benachbarte Mädchenrealschule Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Erfahrung zeigt, dass die Besucher offene Räumlichkeiten wie Zelte eindeutig bevorzugen. Die Organisatoren nehmen an, dass die lockere Ausstellungsatmosphäre in Zelten weniger verbindlich wirkt und die Hemmschwelle für den daher Besucher niedriger ist. Alle Mitmachaktionen, die die Besucher zu Aktivitäten aufforderten, z. B. der „Parcours der Sinne“ des Gesundheitsamts oder die Rollstuhlaktion mit der Möglichkeit, die Erfahrungen in einem Rollstuhl nachzuempfinden, fanden großen Anklang. Kabarettistische Einlagen („Heilkunst im Mittelalter“) und Livemusik (von Akkordeonorchester bis zur Sambagruppe) lockerten die Atmosphäre auf. Da Gesundheit und Umwelt bekanntlich auch durch den Magen gehen, wurde für die Bewirtung vor allem Vollwertkost in phantasievollen Variationen angeboten – ganz nach dem Motto „mal etwas anderes probieren“, daneben auch ausländische Spezialitäten – außerdem Biere und Weine aus ökologischem Anbau. Organisiert wurde die Verpflegung vor allem von nichtprofessionellen Anbietern wie örtlichen Vereinen und Initiativen. Sitzmöglichkeiten luden zum Essen, Trinken, zum Ausruhen, zum Kennenlernen und zum Gedankenaustausch ein.

Um das Ausstellungswochenende nicht mit zu vielen Vorträgen und Einzelveranstaltungen zu überfrachten, wurde der größere Teil der Vortragsveranstaltung in ein Rahmenprogramm gelegt, das sich über vier Wochen nach der Hauptveranstaltung verteilte. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil dieser Entzerrung war, dass die Gesundheits- und Umwelttage über Wochen Gesprächsthema blieben, was sich nicht zuletzt in der ausführlichen Berichterstattung der Lokalpresse widerspiegelte.

 

Besucherresonanz

Aussteller, Referenten und Sponsoren sind gleichermaßen an Besucherzahlen interessiert. Da alle Ausstellungen kostenlos zu besichtigen waren und daher auch keine Eintrittskarten verkauft wurden, lassen sich die Besucher hier nur schätzen.

Etwa vier- bis fünftausend Besucher mögen die Ausstellungen in den Zelten und den Schulräumen besucht haben – für eine Kleinstadt eine sehr beachtliche Resonanz. Das Ausstellungswochenende zeigte jedoch auch deutlich, dass Quantität nicht der einzige Maßstab ist, nach dem man den Erfolg einer Ausstellung beurteilen sollte. Termin und Ort der Ausstellung waren nämlich diesmal so gewählt worden, dass sie auch zeitgleich mit der am Sonntag in unmittelbarer Nachbarschaft abgehaltenen Herbstdult („Jahrmarkt“) stattfand, zu der jedes Jahr auch  zahlreiche Besucher aus dem Umland erwartet werden – selbst bei schlechter Witterung. So konnte man auch Bevölkerungs- schichten erreichen, die wegen der Gesundheits- und Umwelttage allein nicht in die Stadt gekommen wären. Bei der Abschlussdiskussion stellte sich jedoch heraus, dass mehrere Aussteller die Resonanz am dultfreien Samstag positiver einschätzten, weil hier eher das speziell am Thema interessierte Publikum kam und es zahlreiche interessante Einzelgespräche gab. Am Sonntag hingegen – mit weit mehr Besuchern – herrschte eher Massenbetrieb, der intensivere Kontakte eher behinderte. Trotzdem war die Mehrheit der Aussteller dafür, die nächste Veranstaltung wieder am Dultwochenende zu planen.

Einen genaueren Überblick haben die Veranstalter über die Besucher an Aktionen und Vortragsveranstaltungen. Manchen Veranstaltern oder Referenten war von vornherein klar, dass sich ihre Vorträge oder Diskussionen nur an ein kleines Publikum richten würden, so dass auch 20 bis 30 Besucher durchaus als Erfolg gesehen wurden. Der überwiegende Teil der Veranstaltungen hatte dagegen 40 bis 60 Besucher, auch hier eine erfreulich positive Resonanz. Als besonders erfolgreich stellte sich der Vortrag über Knochenverschleiß (170 Zuhörer) und der Tag der offenen Tür bei der Papierfabrik Leinfelder (etwa 500 Teilnehmer) heraus. Mit insgesamt etwa 2.000 Gesamtbesuchern von Vortragsveranstaltungen und Aktionen können die Veranstalter sehr zufrieden sein.

 

Die Beteiligung der Schulen

Wie schon bei der Veranstaltung zwei Jahre zuvor wurden die Schrobenhausener Schulen von vorneherein miteinbezogen.  Schulleiter aller Schulen sowie interessierte Lehrer wurden eingeladen, die Gesundheits- und Umwelttage mit einem geeigneten Unterrichtsprogramm zu begleiten. Fast alle Schulen ließen sich begeistern und nahmen die Möglichkeit wahr, in den Wochen nach der Hauptveranstaltung Aktionen und Unterrichtseinheiten durchzuführen. Im folgenden sollen nur einige repräsentative Beispiele der Unterrichtsgestaltung erwähnt werden: In der Grundschule startete die Aktion „Gesundes Pausenfrühstück“ sowie eine Buchausstellung zum Themenkreis Gesundheit und Umwelt. Die Hauptschule widmete einen Aktionstag dem Themenkreis Drogen, die Mädchenrealschule beteiligte sich an der Eröffnungsveranstaltung und führte das Projekt Schulhofbegrünung fort, die Knabenrealschule beschäftigte sich mit ökologischen Fragen wie nachwachsenden Rohstoffen und Wärmedämmung, im Gymnasium entstanden Arbeitsgruppen zu alternativen Energieformen. Insgesamt also sehr ermutigende Ergebnisse, vor allem vor dem Hintergrund sich ausbreitender Umwelt- und Zukunftsängste bei Kindern und Jugendlichen, denen mit Aufklärung und aktivem Handeln entgegengewirkt werden kann.

 

Kosten, Zuschüsse, Sponsoren

Die Stadt Schrobenhausen hatte die Trägerschaft für die Gesundheits- und Umwelttage übernommen und musste natürlich einen entsprechenden Anteil an den Gesamtkosten tragen. Die angespannte Haushaltslage der Stadt erlaubte es nicht, aus dem vollen zu schöpfen. Von vorneherein war klar, dass die Kosten möglichst niedrig gehalten werden mussten. So versuchte man, überall dort Kosten zu sparen, wo keine qualitative Beein- trächtigung zu befürchten war. Da sich die Veranstaltung nicht nur an die Bürger der Stadt, sondern auch die des Umlandes richtete, war auch der Landkreis bereit, einen Zuschuss zu gewähren. Ein Spendenaufruf an Schrobenhausener Firmen und Privatpersonen brachte zusätzlich Geld in die Kasse. Auch die örtlichen Banken unterstützten die Veranstaltung großzügig, nicht zuletzt, indem sie ihre Räumlichkeiten für zahlreiche Vorträge kostenlos zur Verfügung stellten.

Stand- bzw. Platzgelder wurden nicht erhoben. Zum einen handelte es sich zum Teil um nichtprofessionelle Aussteller, andere Aussteller hätte man mit hohen Standgebühren eher verschreckt. Dafür wurden auch alle Unkosten für den Aufbau der Stände und für Transport von den Ausstellern selbst übernommen. Für die Ausstellungszeit schloss die Stadt Schrobenhausen eine Ausstellungsversicherung ab, da vor allem bei technischen Geräten sehr schnell hohe Sachwerte zusammenkommen. Auch die meisten Referenten waren bereit, die Schrobenhausener Gesundheits- und Umwelttage dadurch zu unterstützen, dass sie sich kostenlos oder doch kostengünstig zur Verfügung stellten. So konnten die Gesundheits- und Umwelttage 1996 mit einem Gesamtetat von etwa 30.000 DM abgeschlossen werden. Eine Grobschätzung zeigt, dass etwa ein Viertel des Gesamtetats auf Programm und Verteilung, ein weiteres Viertel auf Aufbau und Nutzung der Zelte entfiel, der Rest teilte sich auf die vielen kleineren Ausgaben auf. Von den Gesamtkosten trug etwa die Hälfte die Stadt Schrobenhausen, etwa ein Viertel der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, das letzte Viertel wurden über Spenden finanziert.

 

Erfolge und Kritik

Schon während der Hauptveranstaltung und dann im Verlauf des Rahmenprogramms kristallisierte sich eine positive Grundstimmung bei Ausstellern und Referenten heraus. Ein detailliertes Urteil wurde nach Abschluss des Gesamtprogramms mit Hilfe eines Fragebogens ermittelt, der allen Beteiligten vorgelegt wurde. Gefragt wurde etwa nach der Zufriedenheit mit der Besucherresonanz und dem Gesamtablauf, auch sollte Kritik geäußert, sollten Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Wie bei einer Veranstaltung dieses Ausmaßes nicht anders zu erwarten, gab es einige Aussteller und Referenten, die von der Resonanz eher enttäuscht waren, wobei vielleicht mangelnde Vorbereitung, falsche Themenstellung, falscher Zeitpunkt oder Veranstaltungsort eine Rolle spielten. Die große Mehrheit der Veranstalter war jedoch zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Ein Referent drückte die Grundstimmung so aus: „Die Begeisterung der Organisatoren hat angesteckt.“

Was von den einzelnen Beteiligten als Erfolg gewertet wurde, ist natürlich unterschiedlich: Firmen sehen den Erfolg darin, ob es gelang, ihre Produkte einem größeren Publikum nahezubringen. Ebenso messen Vereine und Initiativen daran, wie groß das Interesse der Besucher an ihrer Arbeit war. Als Gesamtorganisator setzt man auch noch andere Maßstäbe, beurteilt die Gesamtwirkung auf die öffentliche Meinung und auf politische Entscheidungsträger.

Die Gesamtresonanz in der Öffentlichkeit war fast ausschließlich sehr positiv, was sich nicht nur in zahlreichen persönlichen Gesprächen ausdrückte, sondern auch in der sehr ausführlichen Berichterstattung der lokalen Presse. So waren die Veranstaltungen der Gesundheits- und Umwelttage über Wochen hinweg Tagesgespräch und auch in den Schlagzeilen der Schrobenhausener Zeitung zu finden. So wurden über die Zeitung auch noch all jene informiert, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht den Weg zu den Ausstellungen und Vorträgen fanden.

Die große Resonanz bei Bevölkerung und Presse bleibt natürlich auch im Kommunalparlament nicht ungehört. So wurde die Stellung der Stadträte, die als Referenten die Bereiche Umwelt und Energie sowie Gesundheit und Soziales betreuen, im Stadtgremium gestärkt – nicht zuletzt auch dank ihres überdurchschnittlichen Engagements im Rahmen der Gesundheits- und Umwelttage. Durch die breite Resonanz, die die Themen Gesundheit und Umwelt nun zum wiederholten Mal in der Öffentlichkeit hatten, fällt es den Stadträten nun wohl auch leichter, positive Entscheidungen für Umwelt und Gesundheit im lokalen Rahmen zu treffen.

War ein Hauptziel der Veranstalter, tausendfach Denkanstöße zu geben, so ist dieses Ziel bei mehr als 6.000 Gesamtbesuchern sicherlich erreicht. Nicht zu unterschätzen sind auch die vielen kleinen Erfolge im persönlichen Bereich, z. B. die zahlreichen Anregungen und Gespräche, auch über eingefahrene gesellschaftliche Grenzen hinweg; die Zeit, sich Themen zu widmen, mit denen man sich immer schon mal beschäftigen wollte – oder die Erfahrung, dass man mit seinen Zielen nicht allein dasteht. Die Aktivitäten wirken in Teilbereichen weiter: So hat sich bei den Gesundheits- und Umwelttagen eine Gruppe Gleichgesinnter zusammengetan und ein Bürgerprojekt ins Leben gerufen, das sich im kommunalen Bereich für umweltfreundliche Energien starkmachen will. Eine weitere Initiative will eine Hospizbewegung in Schrobenhausen ins Leben rufen.

Letztendlich haben die Beteiligten die Erfahrung gemacht, dass das Engagement von Bürgern öffentliche Wirkung zeigen kann, dass es gelingt, Einfluss zu nehmen, Erfolge zu erzielen, Veränderungen voranzutreiben – kurz: Politik zu machen. Deshalb war man sich in der Schlussbesprechung auch einig, die Gesundheits- und Umwelttage in zwei Jahren in bewährter Form wieder abzuhalten.

 

Max Direktor




Der Maler und Künstler Viktor Scheck

Viktor Scheck gehört sicher zu den bekanntesten  Künstlern der Region Ingolstadt. Wir zeigen hier den Katalog seiner aktuellen Ausstellung, die vom 14. Januar bis 5. Februar 2023 in der Harderbastei in Ingolstadt zu sehen war. Außerdem den neu erschienenen Werkkatalog, der Arbeiten von 1970 bis 2022 enthält.

Kurzbiographie

  • 1952 in Schrobenhausen geboren
  • 1975-1980 Studium Grafik Design an den Fachhochschulen in Augsburg und München
  • 1981 freischaffender Maler und Zeichner
  • 1987 Kunstpreis der Stadt Schrobenhausen
  • Seit 1982 zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland zum Thema Landschaft
  • Seit 1999 wohnhaft in Neuburg
  • 1998-2018 Geschäftsführer des Berufsverbandes Bildender Künstler für die Region Ingolstadt und Oberbayern -Nord
  • 2010-2016 Koordination und Leiter der im zweijährigen Rhythmus veranstalteten Kunstmesse Ingolstadt.

Nähere Infos zu Viktor Scheck, auch über seine realisierten Projekte im Bereich „Kunst und Bauen“, finden Sie:

  • im hier präsentierten Ausstellungskatalog
  • auf Wikipedia hier
  • auf seiner eigenen Homepage hier

Viktor Scheck über seine Bilder

„Meine Bilder erzählen meine Geschichte und verweisen auf meine kulturelle Herkunft. Der Betrachter macht aus meinen Bildern seine eigene Geschichte.

Wenn Sie vor einem Bild von mir stehen, sehen Sie ‚Ihr Bild‘, nicht mein Bild.

Ihre persönliche Geschichte und Ihre kulturelle Herkunft entscheiden darüber, was Sie sehen und wie Sie das Gesehene interpretieren.

Darin liegt der Zauber und die Verführungskraft der Malerei.“

 

Ausstellung von Viktor Scheck in der Harderbastei in Ingolstadt 2023

 

Titelseite des Ausstellungskatalogs

Sie können den Katalog als PDF hier von unserer Homepage herunterladen.

 

 

Titelseite des Werkkatalogs 1970 – 2022

Den Katalog seiner Werke können Sie hier herunterladen.




HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst – eine Buchempfehlung

HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst gehören zu den interessantesten Themen der neueren Schrobenhausener Geschichte. Der Langenmosener Wolfgang Haas hat darüber ein Buch verfasst, das wir jedem geschichtlich Interessierten empfehlen möchten. Zusammen mit dem Autor planen wir auch einen umfangreicheren Beitrag auf unserer Website.

Das geheimnisvolle Werk

Jahrzehnte lang war das Werk im Hagenauer Forst bei Schrobenhausen von Geheimnissen umwittert, viele Gerüchte waren im Umlauf, man wusste aber nichts Genaues. Die Geheimhaltung war strengstens geregelt, handelte es sich doch um den Bau und Betrieb eines Rüstungsunternehmens, errichtet im Zusammenhang mit der gewaltigen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung der Nationalsozialisten.

Erstes Licht in die Angelegenheit brachte Kreisheimatpfleger Bernhard Rödig schon in den 1990er Jahren. Wolfgang Haas, der 40 Jahre bei der heute hier ansässigen MBDA und ihren Vorgängerfirmen gearbeitet hat, hat sich die Erforschung der Geschichte dieses Industriestandorts praktisch zu einer zweiten Lebensaufgabe gemacht.

Kurz zusammengefasst

„HIAG“: unter diesem Tarnnamen errichtete der Bauherr der Fabrik – die Abkürzung steht für „Holzverkohlungs-Industrie AG“ – zwischen 1938 und 1942 Fabrikgebäude im Hagenauer Forst, der damals noch gemeindefreies Gebiet war.

„PARAXOL“: Nach der Fertigstellung der Anlagen produzierte der Betrieb unter dem Namen „PARAXOL GmbH“ von 1942 bis 1945 Pentaerythrit, ein weißes, unscheinbares Pulver, ein Sprengstoff-Vorprodukt, das in anderen Firmen zu militärischem Sprengstoff weiterverarbeitet wurde. PARAXOL war ein Teil der Firma Degussa und hatte mehrere Betriebsstätten in Deutschland. Die Degussa,  gegründet 1873 als Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt, spezialisierte sich später auf Industriechemikalien und war wie viele andere Unternehmen fest in die nationalsozialistische Kriegswirtschaft verstrickt.

Nach dem Krieg

Nach dem Einmarsch der Amerikaner wurde die Fabrikanlage demontiert, sie wurde in Südfrankreich in der Nähe von Toulouse wieder aufgebaut und produzierte dort bis zum Jahre 1980. Nach dem Krieg zogen Flüchtlinge in das „Lager Paraxol“ ein, das auch eine eigene Schule hatte. Im Jahr 1958 pachtete die Rüstungsfirma Ludwig Bölkow Apparatebau aus Ottobrunn das Gelände, im Jahr 1968 entstand daraus die Firma Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB). Heute ist das Industriegebiet Hagenauer Forst Hauptsitz des Rüstungsunternehmens MBDA Deutschland.

Heute finden wir innerhalb und außerhalb des Firmengeländes noch verwitterte Betonruinen. Viele Fabrik- und Bürogebäude haben die Zeit überdauert und werden auch heute noch genutzt.

Ein Buch entsteht

Wolfgang Haas, selbst 40 Jahre bei der MBDA und den Vorläuferfirmen beschäftigt, hat sich schon immer für die Geschichte des geheimnisvollen Werks im Wald interessiert. Viele Jahre hat er alle Informationen zusammengetragen, keine Mühen gescheut, Zeitzeugen befragt, Dutzende Archive besucht und angeschrieben: Firmenarchive und staatliche Archive, nicht zuletzt auch Archive in Frankreich, Polen, England, den Niederlanden und den USA. Sogar in den Archiven des US-Geheimdienstes CIA waren Dokumente zu finden. Schon früh begann er, seine Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren, zum Beispiel in Vorträgen für die VHS Schrobenhausen.

Schließlich hat er seine Erkenntnisse in einem Buch zusammengefasst, das im Selbstverlag erschienen ist. Doch die Neugier nahm kein Ende und so wurden laufend weitere interessante Dokumente aufgespürt. Sie verschwanden nicht im Schreibtisch, sondern wurden immer wieder in die Buchpublikation eingearbeitet, so dass 2024 bereits die 10. Auflage des Werks erscheinen konnte. Nur wenige Publikationen behandeln ein Thema derartig umfassend in allen Aspekten: vom Bau und Betrieb der Anlage über die komplizierten chemischen Prozesse der Herstellung bis zur geschichtlichen Einbindung in die Aufrüstung der Nationalsozialisten.

Beantwortet werden unter vielen anderen folgende Fragen:

  • wie sind HIAG und PARAXOL entstanden
  • was ist Pentaerythrit
  • welche chemischen Verfahren wurden angewendet
  • welche Funktionen hatten die einzelnen Gebäude
  • wie schwierig war die Wasserversorgung aus der Paar
  • wie erfolgten Anlieferung und Versand über den eigenen „Paraxol-Bahnhof“
  • wie viele Zwangsarbeiter wurden beschäftigt
  • warum wurde das Werk nur leicht bombardiert
  • was geschah nach dem Einmarsch der Amerikaner

Wolfgang Haas würdigt im Vorwort auch die Verdienste von Bernhard und Barbara Rödig, ohne deren Forschungen und Unterstützung seine eigene Forschungsarbeit vielleicht nie in Gang gekommen wäre.

Sehr viel Information für nur 13 Euro

Wolfgang Haas: „Was waren HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst Schrobenhausen“. Das Werk ist im Eigenverlag erschienen, umfasst 168 Seiten im Format DIN A 4, enthält über 200 Fotos, Bilder und Originaldokumente und ist durchgehend vierfarbig gedruckt. Derzeit ist die 2024 erschienene 10. Auflage des Buchs erhältlich.

Es kann zum Selbstkostenpreis von 13 Euro nur direkt vom Autor bezogen werden:

Wolfgang Haas
Goethestraße 5
D-86571 Langenmosen
Tel 08433 – 536
Mail: haas.la@neusob.de

 

 




Die vergessene Kiste: Stoffdruckmodeln aus dem alten Unterbräu

Mechtild Hofmann (1944-2020) hat sich lange und intensiv mit den Färbern in Schrobenhausen beschäftigt und dem Stadtarchiv umfangreiche Dokumentationen überlassen. Der folgende Aufsatz wurde übernommen aus dem Band „Schrobenhausener Land, Band 2“ aus dem Jahr 2012.
Bilder: Sammlung Hofmann, Max Direktor

 

Die vergessene Kiste

Ein Schatz von Stoffdruckmodeln aus dem alten Unterbräu

Im Jahr 2003 wurde der alte Unterbräu abgerissen, das Gebäude an der Ecke Lenbachstraße / Kaminkehrergasse. Jahrhunderte lang war dieses Haus mit einer Braugerechtigkeit verbunden. Da die Braugerechtigkeit des Unterbräu zu Beginn des 19. Jahrhunderts an das benachbarte Trappenhaus übergegangen war, bezeichnet man das Gebäude auch als „alten Unterbräu“. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war der alte Unterbräu Werkstätte einer Färberei. Als das Haus abgerissen wurde, wurden eine Reihe von gut erhaltenen Druckmodeln gefunden, die von Maria Joas, der letzten Bewohnerin des Gebäudes, dem Stadtmuseum übergeben wurden. Eine kurze Familien- und Hausgeschichte, die Herstellung von Indigo als beliebter Druckfarbe und ein kurzer Einblick in die Technik des Blaudrucks, die im alten Unterbräu bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts praktiziert wurde, geben einen interessanten Eindruck vom Leben und Arbeiten der Färber in Schrobenhausen.

Ältere Hausgeschichte

Der Unterbräu in der Unteren Stadt ist schon im 15. Jahrhundert als Braustätte bezeugt. Die Hausforscher Wolfgang und Walter Kirchner haben festgestellt, daß der alte Unterbräu an der Ecke Lenbachstraße / Kaminkehrergasse um 1600 aufgestockt wurde für einen farbenprächtigen Tanzboden, der die gesamte Fläche des ersten Stockwerks einnahm und in Rot aus Erdmenning und ockerfarbenem Erdpigment gefasst war. Später wurde eine Trennwand eingezogen. Zur Straßenseite blieb ein stattlicher Festsaal erhalten. Wände und Decke des Saals wurden nach neuem Geschmack mit Kienspanruß vollkommen geschwärzt. Wischfest machte sie ein Bindemittel. Ende des 16. Jahrhunderts waren schwarze Räume 100 Jahre lang in Mode gekommen. Bier wurde im Erdgeschoß gebraut und dort in der Bräustube ausgeschenkt.[1] Die noch robusten Bänke, die an den Wänden entlangliefen, blieben erhalten, als die Bräustube später zur Wohnstube wurde. Die „Färbermarie“ – Maria Joas, geborene Märtl – hat noch um 1910 als Kind ihr Spielzeug in den Truhen dieser Bänke verstaut.

Der Unterbräu (ganz links) um 1880

Der Unterbräu wird Färberei

Im 18. Jahrhundert war südlich des Unterbräu von Pflegsverweser Johann Stephan Trapp ein neues Gebäude errichtet worden, neben dem Pflegschloss und dem Rathaus das repräsentativste nichtkirchliche Gebäude der Stadt. Im Jahr 1803 eröffnete Trapp hier die erste Poststation in Schrobenhausen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Braugerechtigkeit des Unterbräu an das südliche Gebäude gezogen, das dann lange als Trappenbräu, später dann als Unterbräu bezeichnet wurde.[2]

Im Jahr 1843 ist der Wirt und Metzger Jakob Stief Besitzer des Trappenbräu und des danebenliegenden ehemaligen Brau- und Gasthauses. Das letztere verkauft er an den Lodner Joseph Boniberger, der es für seine Tochter Elisabeth erwirbt und an seinen Schwiegersohn Johann Nepomuk Plank übergibt. Johann Plank stammt aus Ellingen und hatte das Färberhandwerk erlernt und erhält im Jahr 1843 in Schrobenhausen eine Konzession als Färber. Im Jahr 1855 erwirbt er eine Webergerechtigkeit und ist danach auch als Weber tätig. Im Jahr 1857 kauft er eine Zwirnmaschine und erhält die Konzession zur Herstellung und zum Verkauf maschinell gezwirnter Garne. Im gleichen Jahr richtet Plank neben der Färberei einen Laden für Färberei- und Textilerzeugnisse ein.[3]

Vinzenz Märtl

Nach einem familiären Schicksalsschlag verkauft Johann Plank sein Anwesen mit Krämerei im ehemaligen Unterbräu-Haus um 5 000 Gulden an den Färber Vinzenz Märtl. Nach Krankheit und Tod seiner Frau hoch verschuldet, muss dieser das Haus verkaufen, doch gelingt es seinen Kindern, das elterliche Anwesen im Jahr 1884 zurückzuerwerben. Im Jahr 1904 gibt Vinzenz Märtl die Färberei auf. Seine Frau Anna Maria Märtl richtet im Färberhaus einen kleinen Kolonialwarenladen ein. Maria Joas, die im Färberhaus im Jahr 1909 geborene und aufgewachsene Enkelin, erinnert sich: „Die Großmutter hatte einfache Stoffe am Meter, Socken, Heringe, Käse, Weihnachtskugeln, Zigarren und Zigaretten, Salatöl, Essig, kugelige Pfefferminzbonbons: weiß mit roten Streifen in Gläsern, Eisbonbons: flache weiße ohne Farbstoff erfrischend., Waschmittel, Seife, Schnupftabak, Kaffee, Petroleum, Margarine, Kerzen, Zucker.“ Vinzenz Märtls Tochter Babette, die bis1909 den Öfele-Bräu bewirtschaftet hatte, führte den Laden bis in die späten Dreißigerjahre weiter.[4]

Als Vinzenz Märtl 1869 das Anwesen samt Färbergerechtigkeit und Zubehör übernommen hatte, gehörten dazu auch  Druckmodeln, die Plank selbst hergestellt hatte. Märtl hat dann den Bestand an Druckmodeln noch erweitert. Als Märtls Enkelin Maria Joas ihr Haus räumte, fanden sich in einer vergessenen Kiste auf dem Dachboden fast fünfzig dieser Druckstöcke und das Musterbuch des Färbers. Im wackligen Puppenwagen und zwischen Gartengeräten lagen weitere Modeln. „Als Kind hab´ ich damit gern im Sand g´spielt. Das hat so schöne Muster geben. Oder man hat sie als Blumentopf-Untersetzer hergenommen.“ Da hatte der Großvater schon nicht mehr gelebt und sein Sohn Vinzenz, der Onkel Marias, war als Färber nach Passau gezogen.[5]

Druckmodel von Vinzenz Märtl

 

Der bekannte Färbermeister Josef Fromholzer aus Ruhmannsfelden hat für das Schrobenhausener Stadtmuseum mit den alten Modeln, die Frau Joas dem Museum überlassen hatte, ein großes Mustertuch bedruckt. Nebenbei verriet er, daß er 1943 bei Vinzenz Märtl junior, den er als Mensch und Fachmann schätzte, in Passau die Gesellenprüfung abgelegt hat. Märtl war Obermeister der Färber- und Chemischreinigungs-Innung Niederbayern-Oberpfalz.

Druckmodel von Vinzenz Märtl

 

Indigo – König der Farben

Den blauen Farbstoff für den Blaudruck lieferten seit dem 17. Jahrhundert vor allem die Blätter des tropischen Indigostrauchs.[6] Der Indigostrauch (Indigofera species) und der heimische, farbstoffärmere Waid (Isatis tinctoria) enthalten den Indigo-Farbstoff in einer farblosen, wasserlöslichen Vorstufe, dem sogenannten Indoxyl oder Indigweiß.Bei der Gärung des zerstoßenen Pflanzenmaterials wird diese Vorstufe unter Zusatz von Soda, Pottasche oder Urin ausgewaschen. Ist die schmutzig aussehende Brühe, die sogenannte Küpe, gefiltert, können Stoffe damit getränkt werden. Das Blau entwickelt sich dann beim Verhängen an der Luft, wenn durch Oxidation das Indigweiß in den unlöslichen Indigo umgewandelt wird.

Abhängig von der Konzentration der Küpe und der gewünschten Tiefe des Farbtons wurden die Arbeitsgänge Küpen – Verhängen im 15-Minuten-Takt wiederholt. Für die Indigo-Produktion – hauptsächlich auf Plantagen in Westindien – ließ man die Küpe in flachen Becken in der Sonne verdunsten. Im Kontakt mit der Luft entstand der Indigo, der sich leuchtend blau am Boden absetzte. Dieser Satz wurde getrocknet, zu Brocken zerstoßen und so in den Handel gebracht. Vor der Verarbeitung mußten die blauen Brocken durch Reduktion wieder in Indigweiß übergeführt werden. Dies geschah früher in der Gärungsküpe durch Versetzen mit Zucker oder stärkehaltigen Produkten, auch Kalk, Urin oder Soda, heute in der Natronlauge-Hydrosulfit-Küpe.

Der Blaudruck

Der Blaudruck entwickelte sich in Europa im späten siebzehnten Jahrhundert.[7] Durch die Ostindische Kompanie kamen blau-weiß gemusterte Stoffe in den Westen, die bald nachgeahmt wurden. So entstand in den Städten das Gewerbe der Blaufärber.In ruhigeren Zeiten haben die Färber Stoffe auf Vorrat bedruckt und damit gehandelt. Oft brachte der Kunde eigenes Leinen mit, an das als Eigentums-Nachweis eine Färbermarke aus Metall mit eingeprägter Nummer gehängt wurde. Die zweite Marke war für die Abholung bestimmt. Anhand des vorliegenden Musterbuchs traf der Auftraggeber seine Wahl für den Druck.

Blaudruck

Druckvorbereitung

Durch Kochen wurde der Stoff gereinigt und für den Druck saugfähig gemacht, meist mit dünnem Kleister leicht gestärkt, geglättet und auf den Drucktisch gespannt.

Modeln 

Wichtigstes Arbeitsgerät der Blaudrucker waren die Modeln oder Druckstöcke. Sie bestanden meist aus Hartholz – vorwiegend Obsthölzer oder Weißbuche. Ab dem neunzehnten Jahrhundert arbeitete man zum Teil mit metallbesetzten Druckstöcken, die feinere Muster ermöglichten. Spitze Metallstifte an den Ecken der Model bohrten sich in den Stoff und erleichterten dem Drucker die exakte Fortsetzung des Musters.

Druckverfahren 

Man unterscheidet in der Blaudruckerei zwei technische Verfahren. Beim Negativdruck (Reservedruck) wird eine farbundurchlässige Masse (Papp) mittels Model auf den Stoff gebracht. Die unterschiedlichen Rezepturen beschrieben Wachs, Harz, Terpentin, Tonerde oder Gummiarabicum vermischt mit Bleiweiß, Kreide, Grünspan, Schmalz oder andere Substanzen. Beim Färben bleibt das aufgedruckte Muster ausgespart; der Papp wird später ausgewaschen. Beim Positivdruck (Direktdruck) wird blaue Farbe mittels Model auf den Stoff gebracht.

Nachbehandlung

Beim Negativdruck muß die wachshaltige Schutzschicht in schwachen schwefelsauren Bädern ausgewaschen und mit klarem Wasser nachgespült werden. Frau Joas, die „Färbermarie“, erinnert sich: „D´Mama hat erzählt, dass der Großvater die Stoffe im Stadtbach g´waschen und am eigenen Arteser-Brunnen im Hof geschwenkt hat.“ In Körben landeten die Stoffbahnen mit einem Aufzug im zweiten Stock, wo sie über kräftige Stangen an der Altana geworfen, trocknen konnten. Im Kellergewölbe stand die Mange. Ein mit Steinen gefüllter Kasten auf dicken Holzrollen wurde über einen Göpel in Bewegung gesetzt und ähnlich einer Mangrolle und einem Mangbrett über die Leinwand bewegt.

Viel Geduld, viel Sorgfalt war gefragt in den vergangenen Tagen und das im Umgang mit giftigen Chemikalien in gesundheitsschädlicher Nässe und bei teils harter körperlicher Arbeit mit der Aussicht auf einen mageren Gewinn.

Blaudruck mit Färbermarke von Vinzenz Märtl

 

[1] Wolfgang und Walter Kirchner: Historische Hausforschungen zum Unterbräu.

[2] Georg August Reischl: Schrobenhausen – sein altes Handwerk, Schrobenhausen 1967, S. 76-78.

[3] Stadtarchiv Schrobenhausen, Ansässigmachungs-, Verehelichungs und Gewerbekonzessionsakten A und A…

[4] Stadtarchiv Schrobenhausen, Sammlung Mechtild Hofmann, Ordner „Unterbräu“. Hier sind auch die Erzählungen von Maria Joas dokumentiert.

[5] Wie Anm. 4.

[6] Matthias Seefelder: Indigo – Kultur, Wissenschaft und Technik, Landsberg 1994

[7] Reinhold Reith: Lexikon des alten Handwerks, München 1990, S. 70-75. – Informationsblätter des fränkischen Freilichtmuseums Bad Windsheim:

Farben, Färben, Drucken. – Josef Fromholzer: Färberei und Handdruckerei. Ruhmannsfelden.

 




Der Collagenkünstler Karl Stöger

Karl Stöger wurde 1946 in Leipheim geboren. Und das ist ihm wichtig zu betonen: am 1. Dezember 1946, also am selben Tag, an dem der Freistaat Bayern wiedergeboren wurde, denn an diesem Sonntag wurde per Volksabstimmung die Bayerische Verfassung mit 70,6 % Ja-Stimmen angenommen. Nach dem Besuch der Volksschule in München legte er nach einer Lehre seine Gesellenprüfung als Schriftsetzer ab. Er machte sein Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg am Abendgymnasium Mainz und studierte anschließend Lehramt für Volksschulen an der Universität München. Von 1973 bis 2005 war er Lehrer an Grund- und Hauptschulen. Seit 1983 wohnte er in Schrobenhausen und war hier 7 Jahre lang Lehrer an der Haupt- und 14 Jahre lang an der Grundschule. Seit 2006 wohnt er in der Borstei in München, betreut dort das Borsteimuseum und hat verschiedene Veröffentlichungen über die Borstei verfasst.

Schon früh beschäftigte sich Karl Stöger künstlerisch mit der Collagenkunst, sein Lebenswerk umfasst etwa 2.500 Collagen, darunter rund 100 über Schrobenhausen. Karl Stöger stellte seine Collagen mehrmals im Kunstverein Schrobenhausen aus und veröffentlichte zwei Collagenbücher im Verlag Benedikt Bickel. Viele Jahre schmückten seine Collagen das Programm der Schrobenhausener Volkshochschule und fanden so eine sehr großes Publikum. Musikliebhaber kennen Karl Stöger auch als Kontrabassisten  der Schrobenhausener Jazzband „Midnight Blue“ und der Volksmusikgruppe „Schrobenhausener Hoagartenmusi“.

Karl Stöger hat im Jahr 2022 seine Schrobenhausener Collagen im Original und seine anderen Collagen digital an das Stadtarchiv Schrobenhausen übergeben. Im Herbst 2023 wurde er in der Städtischen Galerie im Pflegschloss mit einer umfangreichen Werkschau gewürdigt.

 

Publikationen von Collagen

  • Karl Stöger: Schrobenhausen in anderen Ansichten. Ausgewählte Texte und Collagen, Schrobenhausen 1988 (Verlag Benedikt Bickel)
  • Karl Stöger: Mün-Chen. Eine Weltstadt in anderen Ansichten, Schrobenhausen 2005 (Verlag Benedikt Bickel)

Beide Bücher sind in der Stadtbücherei und im Stadtarchiv vorhanden. Interessierte finden sie auch über Antiquariats-Portale.

 

 




Der Chronist Johann Evangelist Waldvogel

Johann Evangelist Waldvogel (1804-1855). Bisher war so gut wie nichts zur Biographie dieses Schrobenhausener Chronisten bekannt. Geboren ist Waldvogel – in den meisten Quellen in Gegensatz zur Titelseite der Chronik Waldvogel geschrieben – im Jahr 1804 in Schrobenhausen als Sohn des dortigen Kaminkehrers. Waldvogel studierte Theologie in München. Im Jahr 1836 ist er Kaplan in Neuburg. Nach einem kurzen Aufenthalt in Genderkingen wird Waldvogel zunächst Pfarrprovisor in Nördlingen und  im Jahr 1838 zum katholischen Stadtpfarrer in der protestantisch geprägten Stadt ernannt. Waldvogel wird Distriktsschulinspektor und ab 1846 Dekan für das Dekanat Donauwörth. Der Jahresbericht der Lateinschule Nördlingen vom Jahr 1854/55 berichtet: „Am 10. Juni verließ der k. katholische Dekan Waldvogl, der den katholischen Religions- und Geschichtsunterricht an der Anstalt zu geben hatte, die hiesige Pfarrei, um eine andere anzutreten, nachdem er in diesem Schuljahr durch Kränklichkeit vielfältig gehindert worden war, den Unterricht an der Lateinschule mit seiner gewohnten Treue zu besorgen.“ Im Mai 1855 war ihm die Pfarrei Loppenhausen im Landgericht Mindelheim verliehen worden. Am 27. Juni, kurz nach seiner Ankunft an seiner neuen Wirkungsstätte, stirbt Johann Evangelist Waldvogel. Drei Jahre später erscheint seine „Historische Skizze“ im Verlag der M. Hueber’schen Buchhandlung in Schrobenhausen. In einer Anzeige im Schrobenhausener Wochenblatt vom 20. Febr. 1858 heißt es: „Dieses in jeder Beziehung interessante Schriftchen wird Niemand ohne Befriedigung lesen, und ist bei dessen Billigkeit Jederman ermöglicht, sich dieses Werkchen zu verschaffen.“

Diese erste Kurzbiographie beruht nicht auf Archivrecherchen, sondern wurde allein über Recherchen im Internet zusammengestellt. Für die freundliche und großzügige Unterstützung bedanken wir uns ganz herzlich bei Marie-Luise Missel vom Bayerischen Landesverein für Familienkunde.




Der Heimatforscher Michael Thalhofer

Michael Thalhofer (1855-1929) wurde in Aichach geboren. Er besuchte das Gymnasium in München und studierte dort anschließend Theologie. Im Jahr 1877 wird er zunächst zum Kaplan in Schrobenhausen ernannt, danach war er hier fast ein halbes Jahrhundert Benefiziat. Seine besondere Neigung zur Heimatgeschichte konnte er als Gründungsmitglied des Historischen Vereins ausleben, fast dreißig Jahre war er dessen Schriftführer. Er hielt zahlreiche Vorträge und publizierte sie in der historischen Reihe des Vereins. Er gab die hier digitalisierte Broschüre im Auftrag des Vereins heraus und veröffentlichte im „Ehrenbuch“ die auch heute noch anrührenden und zeitgeschichtlich bedeutsamen Briefe von Schrobenhausener Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg. Heute zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist seine Chronik „Zur Schrobenhauser Geschichte“, die in zahlreichen Folgen in den Schrobenhausener Wochenblättern 1886 bis 1888 erschien. Im Jahr 1927 verlieh ihm die Stadt Schrobenhausen für seine Verdienste das Ehrenbürgerrecht.

Publikationen (Auswahl)

  • Zur Schrobenhauser Geschichte, in: Schrobenhausener Wochenblatt, 27. Febr. 1886 bis 7. Jan. 1888 (Serie bricht mit diesem Beitrag ab) – Die Autorschaft Thalhofers geht hervor aus seinem Beitrag: Aus grauer Vorzeit Tagen, in: Vorträge, gehalten im Historischen Verein Schrobenhausen und Umgebung, Zweite Reihe, Schrobenhausen 1908, S. 131
  • Eine Jubiläums-Erinnerung, in : Vorträge, gehalten im Historischen Verein für Schrobenhausen und Umgebung, Erste Reihe, Schrobenhausen 1906, S. 29-36 – Martin Neugschwendner im Spanischen Erbfolgekrieg 1704
  • Einige Legenden und Sagen aus dem Bezirk Schrobenhausen, in: Vorträge, gehalten im Historischen Verein für Schrobenhausen und Umgebung, Erste Reihe, Schrobenhausen 1906, S. 37-70
  • Zur Geschichte des Franziskanerklosters in Schrobenhausen 1642-1802, in: Vorträge, gehalten im Historischen Verein für Schrobenhausen und Umgebung, Erste Reihe, Schrobenhausen 1906, S. 71-134
  • Aus grauer Vorzeit Tagen, in: Vorträge, gehalten im Historischen Verein für Schrobenhausen und Umgebung, Zweite Reihe, Schrobenhausen 1908 , S. 104-13 – Aufsatz über prähistorische Funde und mittelalterliche Quellen und Urkunden
  • Aeltere Geschichte der Schule Schrobenhausen, in: Vorträge, gehalten im Historischen Verein für Schrobenhausen und Umgebung, Zweite Reihe, Schrobenhausen 1908, S. 133-151
  • Schrobenhausen, seine Geschichte, Sehenswürdigkeiten und Umgebung, Schrobenhausen [1910]
  • Von Hohenwart in Oberbayern: dem Klosterberg und Markt, in: Vorträge, gehalten im Historischen Verein für Schrobenhausen und Umgebung, Vierte Reihe, Schrobenhausen 1921, S. 1-251
  • Michael Thalhofer (Hrsg.): Ehrenbuch zum Gedächtnis der aus der Stadtpfarrei Schrobenhausen 1914-1918 gefallenen Krieger, Schrobenhausen 1923