Der Collagenkünstler Karl Stöger

Karl Stöger wurde 1946 in Leipheim geboren. Und das ist ihm wichtig zu betonen: am 1. Dezember 1946, also am selben Tag, an dem der Freistaat Bayern wiedergeboren wurde, denn an diesem Sonntag wurde per Volksabstimmung die Bayerische Verfassung mit 70,6 % Ja-Stimmen angenommen. Nach dem Besuch der Volksschule in München legte er nach einer Lehre seine Gesellenprüfung als Schriftsetzer ab. Er machte sein Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg am Abendgymnasium Mainz und studierte anschließend Lehramt für Volksschulen an der Universität München. Von 1973 bis 2005 war er Lehrer an Grund- und Hauptschulen. Seit 1983 wohnte er in Schrobenhausen und war hier 7 Jahre lang Lehrer an der Haupt- und 14 Jahre lang an der Grundschule. Seit 2006 wohnt er in der Borstei in München, betreut dort das Borsteimuseum und hat verschiedene Veröffentlichungen über die Borstei verfasst.

Schon früh beschäftigte sich Karl Stöger künstlerisch mit der Collagenkunst, sein Lebenswerk umfasst etwa 2.500 Collagen, darunter rund 100 über Schrobenhausen. Karl Stöger stellte seine Collagen mehrmals im Kunstverein Schrobenhausen aus und veröffentlichte zwei Collagenbücher im Verlag Benedikt Bickel. Viele Jahre schmückten seine Collagen das Programm der Schrobenhausener Volkshochschule und fanden so eine sehr großes Publikum. Musikliebhaber kennen Karl Stöger auch als Kontrabassisten  der Schrobenhausener Jazzband „Midnight Blue“ und der Volksmusikgruppe „Schrobenhausener Hoagartenmusi“.

Karl Stöger hat im Jahr 2022 seine Schrobenhausener Collagen im Original und seine anderen Collagen digital an das Stadtarchiv Schrobenhausen übergeben.

 

Publikationen von Collagen

  • Karl Stöger: Schrobenhausen in anderen Ansichten. Ausgewählte Texte und Collagen, Schrobenhausen 1988 (Verlag Benedikt Bickel)
  • Karl Stöger: Mün-Chen. Eine Weltstadt in anderen Ansichten, Schrobenhausen 2005 (Verlag Benedikt Bickel)

Beide Bücher sind in der Stadtbücherei und im Stadtarchiv vorhanden. Interessierte finden sie auch über Antiquariats-Portale.

 

 




Kleines SOB-Film-Lexikon

Dieser Beitrag befasst sich in Form eines kleinen „Lexikons“ mit der Geschichte der SOB-Filmgruppe, die von 1967 bis 2017 bestand und vor allem in den 80-er und 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts für hoch ambitionierten Amateurfilm stand, der weit über Schrobenhausen hinaus Ansehen genoss.

SOB-Filmgruppe: Konrad Leufer vor der Kamera

Das Gesicht der SOB-Filmgruppe: Konrad „Conny“ Leufer hinter der Kamera (Foto: SOB-Film)

Darsteller

Hier ist bewusst die Rede von Darstellern, nicht von Schauspielern. Nicht selten leiden Amateurfilm unter unfreiwilliger Komik, wenn Darsteller gefordert werden wie (ausgebildete) Schauspieler. Diesen Stolperstein hat die SOB-Filmgruppe immer gemieden und ihren oft auszeichneten Darstellern nie zu viel zugemutet. So manche spielten zu einem Gutteil sich selbst und ersetzen mimische Finesse durch unmittelbare Authentizität. Beispielhaft seien aus dem großen SOB-Film-Ensemble genannt: Sig Fabig, Christian Grimm, Peter Pfitzner und Theo Rosendorfer. Roswitha Stieglmaier. Und natürlich Liedermacher Kurt Schwarzbauer. Nicht nur wurden zwei seiner Lieder titelgebend („Das Lied vom Lande“ und „He, Willi“); er zählte auch immer wieder zu den Hauptdarstellern.

Und da nichts laienhafter wirkt als ein schlecht gesprochener Text, suchte und fand SOB-Film vor allem bei den Dokumentarfilmen Hilfe von professionellen Sprechern. So konnte für den Lenbach-Film „Der Rote“ beispielsweise der Schauspieler Werner Schnitzer gewonnen werden, der damals ein Engagement beim Stadttheater Ingolstadt hatte.

Drehbuch

Die Entwicklung des Drehbuchs war bei SOB-Film Teamarbeit. Am Anfang stand eine vage Idee, am Ende stand ein fertiger Film, wobei die Ausgangsidee und das Endprodukt meist nicht mehr allzu viel gemeinsam hatten. Dazwischen fanden zahllose Treffen statt, bei denen die Handlung vorangetrieben, ein Erzählstrang hinzugefügt, ein anderer verworfen wurde. Wie auch immer: Der Mär vom „Geniestreich aus heiterem Himmel“ stellte SOB-Film die Wirklichkeit eines arbeitsintensiven, demokratischen Prozesses gegenüber. Egomane, tyrannische „Selbstverwirklicher“, die manchmal das große Kommerz-Kino oder auch die kleine Laienbühne prägen , hätten bei SOB-Film keinen Platz gefunden. Was nicht ausschloss, dass einige SOB-Filmer ihrem schreiberischen Talent freien Lauf lassen konnten, wenn es um die Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Ideen in das Drehbuch ging. Genannt sei hier allen voran Christian Grimm (1955-2021), dessen Texte für die Spielfilme „Eduard“ und „Das Lied vom Lande“ so manches Bonmont enthielten, das von SOB-Film-Fans noch Jahrzehnte später zitiert wurde.

Dokumentarfilme

Nicht weniger erfolgreich als mit ihren Spielfilmen war die SOB-Filmgruppe im Genre des Dokumentarfilms: 1979 entstand zum 75. Todestag des einst berühmten Porträtisten Franz von Lenbach im Auftrag der Stadt Schrobenhausen ein erster kleiner Dokumentarfilm. 1986 folgte „F. Lenbach, Maler aus Schrobenhausen“ als Auftragsarbeit für die Jubiläumsausstellung zum 150. Geburtstag des Porträtisten. Und bis 1989 arbeitete die Gruppe dann drei intensive Jahre lang an ihrem großen Lenbach-Werk „Der Rote Schirm“ mit Theo Rosendorfer als Hauptdarsteller. Der Film, eine Dokumentation mit Spielszenen, zeichnet mit Sympathie, aber keineswegs kritiklos eine außergewöhnliche Künstlerkarriere nach. Die Doku wurde auch im Bayerischen Fernsehen gezeigt. Politisch engagierte sich die SOB-Filmgruppe 1988 mit der poetischen Dokumentation „He Willi“ und bezog eindeutig Stellung gegen den Bau einer Umgehungsstraße durch die Paarauen.

SOB-Film: Szenenfoto aus "Des Tages Nacht"

1988: Szenenfoto aus dem Spielfilm „Des Tages Nacht“ (Foto: SOB-Film)

Erfolg

Ganz ohne nostalgische Glättung des Geschehens, einfach Ereignis an Ereignis gereiht, erwies sich die nun mehr als 45-jährige Geschichte der SOB-Filmgruppe als eine unaufhaltsame Kette von Erfolgen. Das klingt vielleicht ein wenig anmaßend, zeugt jedoch in Wirklichkeit von jener Bescheidenheit, die der SOB-Filmgruppe von Anfang an eigen war: Das Streben nach Perfektion im Rahmen des Machbaren, ohne die Grenzen dessen zu überschreiten, was einer ambitionierten Amateurgruppe personell, zeitlich und finanziell möglich ist.

 

1974: Woodwool - der erste öffentlich aufgeführte SOB-Film. Szenenbild mit Christian Grimm und Gisela Herbst.

1974: Woodwool – der erste öffentlich aufgeführte SOB-Film. Szenenbild mit Christian Grimm (1955-2021) und Gisela Herbst.

Filmographie

1967-1973 Erste Gehversuche mit nicht öffentlich aufgeführten Schwarz-Weiß-Filmen (so die Parodien „Cowboy-Film“ aus dem Jahr 1967 und „Vampir-Film“) und 1973 dem ersten teilweisen Farbfilm („Die wahre Geschichte von Rotkäppchen“)
1974 Woodwool (Spielfilm)
1978 Eduard oder: Der Appetit kommt beim Essen (Spielfilm)
1979
Lenbach (Dokumentarfilm zum 75. Todestag des Malers)
1982 Das Lied vom Lande (Spielfilm)
1984 Sperrmüll (Kurzfilm)
1986 F. Lenbach, Maler aus Schrobenhausen (Dokumentarfilm)
1988 He Willi (Dokumentarfilm mit Kritik am Schrobenhausener Straßenbauprojekt „Südwesttangente“)
1989 Der Rote Schirm (Dokumentarfilm mit Spielfilmelementen über Franz von Lenbach)
1998 Des Tages Nacht (Spielfilm)
2013 Lindenkeller (Spielfilm)
2017 Jonathans langer Weg nach Kolbach (unvollendeter Spielfilm)

Hinzu kommen zwei weitere Kurzfilme: „Holiday“, „Isometrische Übungen“ (siehe nächstes Stichwort)

Kurzfilme

Auch in der kleinen Form waren die SOB-Filmer heimisch. Immer wieder entstanden zwischendurch originelle Kurzfilme, denen nicht weniger Liebe und Sorgfalt gewidmet wurde. Da gab es die Fitness-Persiflage „Isometrische Übungen“ und „Holiday“, einen satirischen Blick auf den Teutonengrill an der Adriaküste. Publikumsliebling aber wurde mit Abstand die hinreißende Slapstick-Komödie „Sperrmüll“. Die Hauptrolle spielt – natürlich Kurt Schwarzbauer.

Kernteam

SOB-Filmgruppe – wer war das? Natürlich an erster Stelle Konrad Leufer. Die Biografie des pensionierten Studiendirektors, der am Gymnasium Schrobenhausen Mathematik und Physik unterrichtete, ist mit SOB-Film untrennbar verbunden. Doch so sehr SOB-Film ohne Conny, wie er von allen liebevoll genannt wird, undenkbar gewesen wäre, so sehr bedeutete SOB-Film ebenso gleichberechtigte Teamarbeit begeisterter Leute, die ihre unterschiedlichsten Talente einbrachten. Dabei konnte es auch zu wechselnden Besetzungen für die einzelnen Aufgaben kommen.

Konrad Leufer

Wenn es um seine Rolle in der SOB-Filmgruppe ging, ließ Konrad Leufer es bestenfalls zu, als „Primus inter pares“ oder „Gleicher unter Gleichen“ bezeichnet zu werden. Wie wenig Eitelkeit eine Rolle spielte, zeigte sich allein darin, dass bis fast zuletzt im Nachspann Namen keine Rolle spielten. Das stand einfach nur „SOB-Filmgruppe“.

Und doch wäre SOB-Film ohne Konrad Leufer völlig undenkbar gewesen, wäre nie zum Leben erweckt worden.  Er war Geist, Herz und Seele der Filmgruppe, die übrigens nie in irgendeiner Weise einen festen organisatorischen oder gar statuarischen Rahmen besaß: kein Verein, keine formelle Mitgliedschaft, einfach eine lockere Gruppe von Gleichgesinnten. Dass dies über Jahrzehnte harmonisch und konfliktlos funktionierte, war vielleicht die bedeutendste der zahlreichen Begabungen, die Konrad Leufer einbrachte. Er besaß ein ungewöhnliches Talent, die SOB-Filmgruppe auf spielerische Weise zu lenken, und eine ebenso ungewöhnliche Integrations- und Motivationskraft, ganz unterschiedliche Persönlichkeiten auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Nie wollte er alles an sich reißen, er wusste zu delegieren und Vertrauen in die spezifischen Begabungen der Beteiligten zu setzen, das reich honoriert wurde.

Trotz aller Team-Arbeit: SOB-Film war letztlich Konrad ("Conny") Leufer - und umgekehrt. Rechts im Bild Peter Fischer.

Trotz aller Team-Arbeit: SOB-Film war letztlich Konrad „Conny“ Leufer – und umgekehrt. Rechts im Bild Peter Fischer.

Hinzu kam die Begeisterung für Technik im Allgemeinen und die Elektronik im Besonderen, die den Mathematik und Physik lehrenden Studiendirektor am Gymnasium Schrobenhausen auszeichneten. Und sein Blick für schöne Bilder, für so wunderschöne Bilder, dass niemand ihm jemals streitig machte, hinter der Kamera zu stehen. Diese Rivalität des „Ich möchte auch mal …“, die mancher ambitionierten Amateurfilmgruppe in Streit und Mißgunst den Garaus gemacht hat, war bei SOB-Film unbekannt.

Nach ziemlich genau 50 Jahren hinter der Kamera führten widrige Umstände dazu, dass der so gut wie vollendete Spielfilm „Jonathans langer Weg nach Kolbach“ leider nicht mehr in das lokale Kino kommen oder als DVD der Nachwelt erhalten bleiben kann. Konrad Leufer hat sich seither altersbedingt vom Filmemachen zurückgezogen. Eine Ära ist zu Ende.

Noch wissen sie nicht, welcher Erfolg auf sie wartet: Viele Szenen des ersten großen SOB-Spielfilms "Das Lied von Lande" entstanden im Lindenkeller. Das Fotos aus den früher 80-er Jahren zeigt links Konrad Leufer, rechts Hauprdarsteller und Liedermacher Kurt Schwarzbauer, von dem auch der titelgebende Song stammt. In der Mitte Luefers früh verstorbener "Vize" Peter Fischer. (Foto: SOB-Film)

Noch wissen sie nicht, welcher Erfolg auf sie wartet: Viele Szenen des ersten großen SOB-Spielfilms „Das Lied von Lande“ entstanden im Lindenkeller. Das Fotos aus den früher 80-er Jahren zeigt links Konrad Leufer, rechts Hauptdarsteller und Liedermacher Kurt Schwarzbauer, von dem auch der titelgebende Song stammt. In der Mitte Luefers schon 1988 verstorbener „Vize“ Peter Fischer. (Foto: SOB-Film)

Lindenkeller

Die SOB-Filmgruppe war zwar acht Jahre älter als der 1975 als „Sig‘s Kneipe“ von Sig Fabig wieder eröffnete „Lindenkeller“, dennoch ist die eine ohne den anderen nur schwer vorstellbar. Fast 40 Jahren war der „Lindenkeller“ Kristallisationspunkt der SOB-Film-Arbeit: Treffpunkt, Ideenbörse und Drehort in einem. Im tiefen Kellergewölbe entstanden 1977 „martialische“ Szenen zum Eduard-Film, unterm Dach befand sich in den 80-er Jahren das erste Tonstudio. Und der letzte Film hieß – „Lindenkeller“!

Malen mit der Kamera

Spannende Handlung, witzige Dialoge, Perfektion bei der Erarbeitung der Szenen, beim Bau der Kulissen, bei der Führung des Lichts und eine ausgefeilte Kameraführung zählen zu den Markenzeichen der SOB-Filme. Doch das ist noch immer nicht alles. Seit den ersten Filmen hält die mitunter turbulente Handlung ab und an inne, und die Bilder laden zum Verweilen ein: eine sonnendurchflutete Waldlichtung, eine Idylle an der Paar, eine einfache Hütte unter Bäumen … Fern jeder künstlichen Überhöhung, bar jeder billigen Esoterik kehrt Harmonie ein in die Seele des Betrachters bei diesen unglaublich schönen Bildern. Conny Leufer war neben all seinen anderen Talenten auch ein „Maler mit der Kamera“.

Malen in der Kamera: Eine besondere Stärke von Konrad Leufer.

Malen in der Kamera: Eine besondere Stärke von Konrad Leufer.

Musik

Eines der „Erfolgsgeheimnisse“ der SOB-Filmgruppe war die Musik. Den Griff in die Konserve gab es nur ganz am Anfang. Seit dem „Lied von Lande“ beruhte die gesamte Filmmusik auf selbst eingespielten Eigenkompositionen, die SOB-Filme auch akustisch unverwechselbar machen. Drei Namen, drei Profimusiker, drei Glücksfälle: Peter Hillinger, Werner Pilnei, Kurt Schwarzbauer, Jörg Weber. Und als Berater für die bei SOB-Film so wichtige Filmmusik: Lehrer und Trompeter Peter Pfitzner, der als Darsteller auch immer wieder vor der Kamera stand.

Sig’s Kneipe

siehe Lindenkeller

Technik

Begonnen hat alles mit einer 8 mm-Kamera und Schwarz-Weiß-Filmmaterial, das damals für das studentische Budget der SOB-Filmer schon eine gehörige Belastung darstellte. Die weiteren Stationen: Farbe, Super-8, 16 mm-Film mit Profi-Kamera und bei den Arbeiten am Spielfilm „Lindenkeller“ erstmals Digitaltechnik: Für Conny Leufer war es eine spannende Herausforderung, seinen geliebten Schneidetisch, den der Physik-Lehrer mit vielen Geräten Marke Eigenbau perfektioniert hatte, gegen einen PC zu tauschen. Bilder von nie gekannter Brillanz und technischer Perfektion waren der Lohn der mutigen Entscheidung.

Hinter dem Kulissen von SOB-Film: Peter Fischer, Sig Fabig und "Operateur" Conny Leufer im Schneideraum.

Hinter dem Kulissen von SOB-Film: Peter Fischer, Sig Fabig und „Operateur“ Conny Leufer im Schneideraum.

Wettbewerbe

Eigentlich war es Zufall, dass die SOB-Filmer einige Jahre an Wettbewerben der organisierten Amateurfilm-Szene teilnahmen, ohne sich jedoch den dort gepflogenen Trends und Moden anzupassen. Wo immer die SOB-Filmer antraten, hagelte es Preise wie etwa den Titel „Bester Deutscher Amateurfilm des Jahres 1982“ für „Das Lied vom Lande“. Die Anerkennung tat gut, doch hatten die SOB-Filmer diese Hürde so mühelos genommen, dass es letztlich keine Herausforderung war. Ein Übriges taten die frustrierten Mienen anderer Teilnehmer: „Wenn ihr kommt, haben wir eh keine Chancen…“ So blieben die Wettbewerbe eine Episode von wenigen Jahren Dauer.

Benno Bickel

Anmerkung: Dieser Text entstand im März 2013 anlässlich der Erstaufführung des SOB-Films „Lindenkeller“, wurde nach leichter Überarbeitung grammatikalisch in die Vergangenheitsform gesetzt – auch die SOB-Filmgruppe ist Vergangenheit -, behutsam der augenblicklichen Rechtschreibung angepasst und im Sommer 2022 ergänzt um die Stichworte „Filmographie“ und „Konrad Leufer“. 1923 ist eine ganze Reihe von Bildern hinzugekommen.

 




„Lindenkeller“ – Zur letzten SOB-Film-Premiere im Jahr 2013

Dieser hier unverändert wiedergegebene Text entstand im März 2013 anlässlich der Erstaufführung des SOB-Films „Lindenkeller“. Dass es die letzte Premiere einer Arbeit der SOB-Filmgruppe um Konrad Leufer werden sollte, war damals noch nicht abzusehen. Es gibt ihn zwar, den allerletzten SOB-Film „Jonathans langer Weg nach Kolbach“, fast vollendet und eigentlich ein cineastischer Leckerbissen des Amateur-Films. Doch widrige Umstände werden eine Aufführung wohl  für immer verhindern. Schade!

 

Fast fertig und dann ins Archiv: Kolbach - der letzte SOB-Film

Fast fertig und dann ins Archiv: Kolbach – der letzte SOB-Film

Nein, ein Werbetext soll das nicht werden. Das hat der neue SOB-Film – die Karten für die Premierenvorstellung waren bereits im Vorverkauf innerhalb weniger Minuten restlos vergeben – auch überhaupt nicht nötig. Und genießen wird der Zuschauer den Spielfilm „Lindenkeller“ auch ohne jede Vorinformation. Aber vielleicht ist es ja so wie bei einem köstlichen Gericht: Weiß man ein wenig Bescheid über Zutaten und Zubereitung, über seine Kulturgeschichte, so vermag das den Genuss noch beträchtlich zu steigern.

Szenenfoto aus dem SOB-Film "Lindenkeller" mit Christian Grimm und Kurt Schwarzbauer

Szenenfoto aus dem SOB-Film „Lindenkeller“ mit Christian Grimm und Kurt Schwarzbauer

Ein wenig SOB-Film-Geschichte …

Die Anfänge und damit auch die „Kulturgeschichte“ des außergewöhnlichen Phänomens „SOB-Film“ gehen auf das Jahr 1967 zurück, als einige junge Studenten, unter ihnen Konrad Leufer und der früh verstorbene Peter Fischer, mit einfachsten technischen Mitteln begannen, Filme zu drehen. Dabei war das fertige Produkt gar nicht so wichtig, im Mittelpunkt standen Freude an der Gestaltung, das Experimentieren mit Bewegung, Licht bald auch Farbe. Korrespondierend dazu gab es Leute, die gerne vor der Kamera standen, insbesondere Mitglieder der damaligen Theatergruppe am Gymnasium Schrobenhausen. Stellvertretend für alle anderen sei Christian Grimm genannt, der auch im neuen Film „Lindenkeller“ mit von der Partie ist. Im Jahr 1974 entstand der surrealistische Film „Woodwool“. Vier Jahre später folgte mit „Eduard oder: Der Appetit kommt beim Essen“ der erste große Spielfilm von 60 Minuten Dauer, der ein großes lokales Publikum erreichte und begeisterte. Hauptdarsteller der haarsträubenden Geschichte des „Eduardo del Suicido“, der im Laufe der Handlung immer mehr Gefallen daran findet, seine nervtötende Familie zu beseitigen, war Sig Fabig, der damals gerade zur SOB-Filmgruppe gestoßen war und seither zum Kernteam zählt. Am 1. Mai 1980 begannen dann die Dreharbeiten zum zwischenzeitlichen SOB-Film-Klassiker „Das Lied vom Lande“, zu dem der neue Film „Lindenkeller“ in enger Beziehung steht und letztlich eine Fortsetzung darstellt. Erstmals widmete sich SOB-Film damals einem aktuellen Thema, dem alternativen Leben auf dem Lande zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Der Titelsong stammt von Liedermacher Kurt Schwarzbauer, der auch die Hauptrolle bekam und nun 33 Jahre später im „Lindenkeller“ wieder eine tragende Rolle spielt. Das „Lied vom Lande“ wurde regional und weit darüber hinaus zu einem Riesenerfolg, fand seinen Weg in diverse dritte Fernseh-Programme vor allem in Norddeutschland und erhielt den Kunstpreis der Stadt Schrobenhausen.

Dokuemtarfilme und das „Opus magnum“

Die 80er Jahre waren dem Dokumentarfilm gewidmet. Dann war wieder ein Spielfilm an der Reihe, zu dem die ersten Probeaufnahmen im Oktober 1990 begannen. Dass daraus das „Opus magnum“ der SOB-Filmgruppe werden würde, ahnte damals noch niemand. Neun Jahr später war es dann so weit: Der Spielfilm „Des Tages Nacht“ fand bei der Premiere im Frühjahr 1998 und zahlreichen weiteren Aufführungen begeisterte Aufnahme. „Des Tages Nacht“ lotete die Grenzen des Machbaren reichlich aus: zwei Stunden Dauer, rund 100 Mitwirkende vor und hinter der Kamera, „Massenszenen“ mit 50 Personen, reiht sich ein Superlativ an den anderen. Und der Inhalt? Eine farbenprächtige, lebens- und sinnenfrohe Parabel ohne zeitliche Verortung, in einem geheimnisvollen Moor angesiedelt, von großem Unterhaltungswert, aber auch mit einer des Nachdenkens würdigen Botschaft: „Die Welt geht nicht daran zugrunde, dass wir alles falsch machen, sondern daran, dass wir zu viel Richtiges machen!“

Wie sollte es nun weitergehen? Ein noch größerer, noch längerer, noch aufwendigerer Film? Oder zurück zu den Anfängen? Die Antwort ließ 15 Jahren auf sich warten. Am 8. März 2013 wird sie mit der Premiere des neuen SOB-Films „Lindenkeller“ gegeben.

Benno Bickel

Weitere Infos über die SOB-Filmgruppe bietet das „Kleine SOB-Film-Lexikon“.




Von der kleinen Stadt und ihrem großen Mann

Vor 35 Jahren: Kulturpolitische Betrachtungen aus dem Jahr 1987


Kultur in Schrobenhausen: Der nachfolgende, unverändert wiedergegebene Text entstand im Juli 1987 als durchaus subjektive Bestandsaufnahme des Schrobenhausener Kulturlebens und seiner Entwicklungsmöglichkeiten. Inklusive eines mehr oder weniger „prophetischen“ Blickes auf die damals künftige und heute zur Gegenwart gewordene Rezeption des Schrobenhausener Rathauses.


Vor allem sind es die Maler, die das kulturelle Selbstverständnis der Stadt Schrobenhausen prägen. Da ist natürlich an erster Stelle Franz von Lenbach, 1836 hier geboren und 1904 in München gestorben. Der einstmals weltberühmte Porträtist blieb bis heute der eine große Mann, den ein gnädiges Schicksal häufig auch den kleinen Städten schenkt, auf daß sie Halt an ihm finden, sich anlehnnen können auf der Suche nach Identität.

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Derlei Bedürfnis freilich kann höchst unterschiedlich befriedigt werden. Auch Franz von Lenbach blieb es nicht erspart, seinen Namen den eher profanen Dingen dieser Welt leihen zu müssen, vom Lenbach-Bock bis hin zum Lenbach-Schinken. Und das liebgewonnene Etikett „Lenbachstadt Schrobenhausen“ wird vielleicht ab und an etwas überstrapaziert. Daß das in aller Welt seiner komischen Seiten nicht entbehrende Verhältnis zwischen großem Mann und kleiner Stadt kein ehernes Naturgesetz zu sein braucht, bewies 1986 zum 150. Geburtstag des Malers eine Gedächtnisausstellung von solcher Qualität, daß sie den Feuilletonisten aller großen deutschen Zeitungen einer anerkennenden Rezension würdig schien. So hat sich Schrobenhausen um seinen „großen Sohn“ einmal wirklich verdient gemacht.

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Was nach Ansicht so mancher Leute nicht immer der Fall war. Denn justament das größte Vermächtnis Lenbachs, der prunkvolle, von ihm gestiftete und nach ihm benannte Saal im alten Rathaus fiel gemeinsam mit diesem im Jahre 1967 der Spitzhacke – oder realistischer gesprochen – den Abbruchbaggern zum Opfer. Seither ist es schwierig geworden, über Schrobenhausen zu schreiben. Soll man die Tat, 20 Jahre nach ihrer Vollführung, nun wie vielfach gewünscht endlich totschweigen? Oder soll man einstimmen in die mittlerweile schon fast modische Klage über den herben Verlust? Welch letzteres bei Besuchern der Stadt, in Wort und Bild entsprechend verbreitet, häufig eine gespannt-mitleidige Erwartungshaltung à la „Zeig mir deine Wunde!“ auslöst. Aber vielleicht gibt es da noch einen dritten Weg. Der könnte zu der dreisten Behauptung führen: In nicht allzu ferner Zeit wird die Kunstgeschichte das moderne Schrobenhausener Rathaus, so wie es dasteht, preisen als die einzige eigenständige und architektonisch ernstzunehmende Leistung Schrobenhausenes im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts! Mag diese Behauptung zu Zeiten der Hochkonjunktur eines neuen „Historismus“, in dessem Geiste die funktionslosen Erkerlein aus den Neubauten sprießen wie die kontaminierten Schwammerl im Walde, auch noch so ketzerisch anmuten! Wetten, daß die Zeit kommt …

Lenbachsaal im Alte Rathaus Schrobenhausen

Lenbachsaal im Alten Rathaus Schrobenhausen

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Und bis es soweit ist, muß man das alte Rathaus halt noch wie eine Reliquie beim Schrannenfest als Modell durch die Straßen fahren. Womit ein weiteres Stichwort gefallen ist. Der Schrobenhausener Verkehrsverein hat den Bürgern, die noch vor wenigen Jahren dem Zeitgeist huldigend muffig hinter ihren Fernsehern saßen, das Feiern wieder beigebracht. Zum Schrannenfest 15 000 Besucher an einem Sonntagnachmittag, wie erst vor wenigen Tagen wieder der Fall, zeigen, daß die Vereinzelung doch wieder der Pflege von Gemeinsamkeit weicht. Und das ist der Urgrund kulturellen Lebens.

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Zum Beispiel – um nur eines zu nennen – im Bereich der Musik: Seit Gründung der Städtischen Musikschule im Jahre 1973 wächst eine neue Generation von Kindern und Jugendlichen heran, für die Musik nicht mehr primär ein Konserven-Erlebnis, sondern aktive Gestaltungsleistung bedeutet. So ist zur erfreulichen Tradition gehobener geistlicher Musik ein Neubeginn auf dem „profanen Sektor“ hinzugekommen.

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Freilich, es gibt sie noch, jene vermeintlich Feinsinnigen, die mit ihrem Los hadern, daß ein ach so erbarmungsloses Schicksal sie nach Schrobenhausen verschlagen hat. (Warum, bitteschön, bleiben sie dann?) Die das rechte Verhältnis zu Produktionsbedingungen und Erlebnismöglichkeiten von Kultur in der Kleinstadt einfach nicht zu finden vermögen. Die ihrer gequälten Seele ausschließlich durch Kulturkonsum in den großen Metropolen Linderung verschaffen können. Oder – und da wird es dann schlimm – sich mit Sendungsbewußtsein anschicken, das Gesellschaftsstück „Jetzt spielen wir Kultur!“ zu inszenieren, ohne zu merken, wie es zur eigentlichen Provinzposse wird.

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Doch gerade auch aus solchen Spannungsfeldern heraus wird die Vitalität kleinstädtischer Kultur gespeist. Deren Chancen und Grenzen zu erkennen, ohne ständig an Türen zu drücken, auf denen „Ziehen!“ steht, macht in Schrobenhausen seit Jahren sichtbare Fortschritte.

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Wenn eingangs von Malern die Rede war: Besonders auswärtigen Beobachtern ist in letzter Zeit immer wieder aufgefallen, daß das kleine Schrobenhausen mehr Maler sein eigen nennt, als ihm der Statistik nach eigentlich zustünde. In der Tat erstaunt es, wenn in einem nur gut 15 000 Einwohner zählenden Städtchen bar vordergründiger landschaftlicher Attraktionen nicht weniger als sechs freischaffende Maler und Bildhauer sowie eine ganze Reihe weiterer Künstler leben und arbeiten. Mit Lenbach hat das übrigens gar nichts zu tun! Hier eine Pseudo-Kontinuität herbeizuzwingen, hieße Heimatgeschichtsschreibung als spießbürgerliche Selbstbeweihräucherung zu betreiben.

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Bleibt nur zu hoffen, daß man in Schrobenhausen mit derlei Talenten auch zu wuchern versteht. Denn die Mitglieder dieser „Künstlergemeinde“ sind mehrheitlich noch relativ jung. Sie entwickeln sich weiter. Und es wäre schade, wenn sie eines Tages feststellen müßten, daß die Mauern zu eng werden …

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Womit wir bei den Mauern wären: Die Stadtmauer, der Stadtwall mit seinen prächtigen Bäumen, die immer noch den außerordentlichen optischen Reiz des Schrobenhausener Ensembles bilden, sind in den letzten zehn Jahren mehr und mehr als das große Kapital erkannt worden, mit dem sorgsam umzugehen Früchte trägt. Und um dem „Außen hui – innen pfui“ einer immer autogerechter gewordenen Altstadt entgegenzuwirken, hat man nun Gottseidank mit einer Stadtsanierung begonnen, die noch beispielshaft werden könnte. Vorausgesetzt, die politischen Entscheidungsträger lassen sich vom Druck horizont- wie perspektiveloser Vertreter von Partikularinteressen nicht zur Gänze den Schneid abkaufen.

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So manches ist erreicht. So manches erhofft man sich zurecht. So manches ist aussichtslos. Alles in allem läßt sich damit ganz gut leben. Das klingt vielleicht verhalten-miesmacherisch zu Zeiten, wo Selbstdarstellungsorgien, mit denen man sich in die eigene Tasche zu lügen pflegt, die Regel geworden sind. es ist aber durchaus als Kompliment gemeint. Als Kompliment für ein Schrobenhausen, das manchmal weniger Provinz ist, als der provinzielle Geist seiner Kritiker zu begreifen vermag.