Hörzhausenen (II): Geschichte auf einen Blick

Einleitung

Hörzhausen – heute ein Ortsteil der Stadt Schrobenhausen – war von 1818 bis 1972 eine selbstständige Gemeinde mit den Ortsteilen Hörzhausen, Halsbach und Mantelberg.

Im Folgenden zunächst ein Grundgerüst der Hörzhausener Geschichte, das vor allem neugierig machen soll. Wir werden immer wieder neue – ausführlichere – Beiträge einstellen. Im Mittelpunkt steht der Ort Hörzhausen, doch wird auch die Geschichte von Halsbach und Mantelberg miteinbezogen.

Wir versuchen, die Gemeindegeschichte mit  Ereignissen der überregionalen Geschichte zu verbinden. Viele ortsbezogene Zusammenhänge sind auch für andere Gemeinden interessant.

Wir sammeln die Beiträge auf unserer Homepage unter der Kategorie „Hörzhausen“ und verlinken sie untereinander.


Vor- und Frühgeschichte

Wenn noch keine schriftlichen Quellen vorhanden sind, müssen wir unser Wissen aus Bodenfunden schöpfen. Zusammenfassende archäologische Arbeiten über Hörzhausen existieren nicht. Der Heimatforscher Georg August Reischl (1895-1972) hat sich immer wieder mit – auch Hörzhausener – archäologischen Funden beschäftigt. Viele Funde, so berichtet er, seien verschollen oder gar nicht erst als bedeutsam erkannt worden, auch aus der Zeit des Bahnbaus.

 

Steinbeil aus der Jungsteinzeit von Gut Mantelberg (aus der Chronik von Mantelberg von Georg August Reischl)

 

Dabei gäbe es sehr viel zu entdecken. Die „Liste der Bodendenkmäler“ berichtet uns über Hörzhausen von prähistorischen Siedlungen, möglicherweise bis in die Jungsteinzeit zurück, also einige hundert bis einige tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung. Auch für das Hoch- und Spätmittelalter warten weitere Fragen auf Antwort: zum Beispiel Lage und Umfang der mittelalterlichen Burg, Vorgängerkirchen zu St. Peter und St. Martin.

Zur Liste der Bodendenkmäler auf Wikipedia geht es hier. Über die Anmerkungen geht es zu den Situationsplänen.

Möglichst viele dieser Fragen zu beantworten, wäre Thema für einen Archäologen / eine Archäologin. Dazu müssten viele bereits vorhandene Informationen zusammengetragen werden, zum Beispiel aus dem Stadtarchiv. Interpretiert werden müssten die zahlreichen Funde des Forschers Bernhard Rödig, von denen sich Fotos im Stadtarchiv befinden. Das alles müsste zusammengeführt werden mit den Erkenntnissen des Landesamts für Denkmalpflege, wobei auch Luftbilder oder Reliefkarten eine Rolle spielen können. Ergebnisse wären auch von Bedeutung für den gesamten Schrobenhausener Raum – und darüber hinaus.

Vielleicht finden wir auf diesem Weg einen Autor / eine Autorin, der sich mit diesen spannenden archäologischen Fragen beschäftigen möchte.


Ortsnamen und Erstnennungen

Die  zunehmenden schriftlichen Überlieferungen bringen auch die ersten urkundlichen Nennungen unserer Orte zu Tage. Oft lassen sich frühe Nennungen nicht jahresgenau datieren. Für den früheren Landkreis Schrobenhausen gibt es ein „Historisches Ortsnamenbuch“, dem wir hier folgen. In den Jahren zwischen 887 und 895 ist ein Grundstückstausch des Edlen „Egilbert ad Heridioshusun“ nachgewiesen, der Ortsname Hörzhausen wird als Zusammensetzung des Personennamens Herideo und Haus erklärt. In den Jahren zwischen 1140 und 1150 wird Ortsadel in „Haelsbach“ erwähnt, mit einer späteren Nennung als „Haholtzpach“ kann der Ortsname als Siedlung am „Bach eines Haholt“ gedeutet werden. Und schließlich wird im Jahr 1192 „Mandelbuhele“ erwähnt, eine Siedlung an einem Hügel oder Berg mit „Manteln“, das heißt Föhren. Ob alle diese Erstnennungen und Datierungen auch neueren Forschungen standhalten, müsste geklärt werden.

Friedrich Hilble / Cornelia Baumann-Oelwein: Landkreis Schrobenhausen, München 1996 (Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Oberbayern, Band 5)


Mittelalter – Grafschaft, Klostergründer, Kirchen

Hörzhausen im Mittelalter ist nur zum Teil erforscht. Die Überlieferung an schriftlichem Material ist im Vergleich zu heute gering, umso mehr gilt es, diese wenigen Urkunden abgewogen zu interpretieren – eine Aufgabe, die noch der Bearbeitung wartet. Auch archäologische Informationen aus dieser Zeit gibt es nicht zusammenfassend. Hier einige grundlegende Informationen.

 

1011 – Grafschaft Hörzhausen

Im Jahr 1011 stellt König Heinrich II. dem Nonnenkloster Kühbach eine Urkunde aus, er verleiht darin unter anderem das Recht, Äbtissinnen und Vogt zu wählen. Das Kloster lag laut Urkunde „in comitatu Herteshusa“ – also in der Grafschaft Hörzhausen. Es gibt unterschiedliche Vermutungen, wie diese Grafschaft an der mittleren Paar ausgesehen haben könnte. Ein spannendes Thema, sich näher damit zu beschäftigen.

 

1192 Gottfried – Mitgründer des Klosters Indersdorf

Recht gut informiert sind wir aber über Gottfried von Hörzhausen, der im Jahr 1192 seinen Besitz zu Hörzhausen dem Kloster Indersdorf schenkt. Er zählt damit zu den wichtigen Gründern des Augustiner-Chorherrenstifts. Er ist in Indersdorf begraben, ein Bild im rechten Seitenschiff der Klosterkirche würdigt den Gründer durch ein Gemälde – wie ihn sich der Maler Mitte des 18. Jahrhunderts vorgestellt hat. Gottfried besaß wohl eine „Turmhügelburg“ – archäologisch wäre interessant, wo sie sich befunden und wie sie vielleicht ausgesehen hat.

Wilhelm Liebhart: Das Augustiner-Chorherrenstift Indersdorf als Grundherr im alten Landgericht Aichach, in: Altbayern in Schwaben 2013

Godefredus von Hörzhausen in der Indersdorfer Klosterkirche (rechtes Seitenschiff)

 

Kirchen

Wenig bekannt ist über die Baugeschichte der heutigen Pfarrkirche St. Martin in Hörzhausen. Netzgewölbe und Strebepfeiler im Chor deuten auf einen spätgotischen Bau des 15. Jahrhunderts. Das Kirchenschiff wurde zunächst Mitte des 18. Jahrhunderts erweitert, die heutige Form erhielt es durch eine neue Erweiterung  im Jahr 1874.

Am östlichen Ende des Dorfes stand früher das sogenannte „Peterskirchlein“, dessen Entstehung weit ins Mittelalter zurückreicht. Weil es sehr baufällig war und keine Mittel vorhanden waren, wurde es Ende des 18. Jahrhunderts abgetragen. Der weiter unten erwähnte Plan aus dem Jahr 1784 zeigt seine genaue Lage.


Dorfgmain in der Frühen Neuzeit

Vor der Gründung der modernen politischen Gemeinde gab es wenig allgemein verbindliche Regelungen in dörflichen Angelegenheiten, die Unterschiede von Dorf zu Dorf waren groß. Allgemein spricht man von der „Dorfgmain“, die bestimmte Angelegenheiten des Dorfes regeln konnte. Darunter gehören alle Wege- und Flurangelegenheiten, die Handhabung der Nutzungsrechte am Gemeindebesitz oder die Stellung der Dorfsrechnungen. Zuständig waren insbesondere die „Vierer“, in der Regel vier Dorfmitglieder. Namen kennen wir aus den Hörzhausener „Dorfsrechnungen“, die von 1653 bis 1674 überliefert sind und die sich nach langer Irrfahrt inzwischen im Schrobenhausener Stadtarchiv befinden. Für das Jahr 1660 sind für Hörzhausen folgende Vierer überliefert: Bartholomee Gebhardt, Christoph Wagner, Bartholomee Khoboldt und Hanns Gross.

 

Hörzhausener Dorfrechnung von 1660 (Stadtarchiv Schrobenhausen)

 


Hörzhausen 1700-1800

1701 – Sitz Hörzhausen

Der bayerische Kupferstecher und Topograph Michael Wening beschreibt im Jahr 1701 unter „Hertzhausen“ einen „Adeligen gefreiten Sitz“ mitten in der Ortschaft und von einem Weiher umgeben. Die Geschichte des Edelsitzes reicht bis ins Mittelalter zurück. Ein Plan von 1784 zeigt, dass er sich in unmittelbarer Nähe der Untermühle befand und der Grundbesitz nur noch gering war. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kauft der Untermüller das kleine Schlösschen und bricht es ab.

 

1706 – die ersten Hörzhausener Höfe im Bild

Vier Hörzhausener Höfe gehörten zur Hofmark Haslangkreit, darunter auch die Obermühle. Anlässlich einer Vormundschaft wird im Jahr 1706 ein „Grundt Rüs“ der Hofmark Haslangkreit erstellt, ein außergewöhnlich attraktiver Band, der sich im Stadtarchiv Schrobenhausen befindet. Neben genauen Hofbeschreibungen sind hier alle Höfe mit kleinen Zeichnungen festgehalten, auch die vier Hörzhausener Höfe, darunter die Obermühle  – die ältesten Abbildungen aus dem Dorf. Ein Vergleich zeigt, dass der Geometer hier nicht stilisiert hat, sondern sich die Skizzen wohl an der Realität orientierten.

Die Hörzhausener Obermühle im Jahr 1706 in einem Band der Hofmark Haslangkreit (Stadtarchiv Schrobenhausen)

 

1716 – Schutzengelkirche Halsbach

Im Jahr 1716 wurde in Halsbach das Schutzengelkirchlein als Stiftung des in Halsbach geborenen und in Hörzhausen tätigen Pfarrers Paul Eller (1665-1741) erbaut. Nach einem Jahrhundert war die Kirche in schlechtem Zustand, nach Diskussionen um Sanierung oder Neubau bekam der Schrobenhausener Maurermeister Joseph Lenbach, der Vater des Malerfürsten Franz von Lenbach, den Auftrag für einen Neubau. Der konnte 1826 fertiggestellt werden und war der alten Kirche weitgehend nachgebaut.

Marianne Sammer / Paul Hoser: Schutzengelverehrung im altbayerischen Halsbach. Stifter, Kirche, Bruderschaft, Benefiziaten und ihr Alltag, Hörzhausen 2005 (Pfarrei St. Martin)

 

1752 – Güterkonskription

Bis 1848 waren die meisten Bauern grundherrlich gebunden, das heißt sie waren Grunduntertanen eines Grundherrn. Bauern konnten nicht frei über ihren Hof verfügen und mussten dem Grundherrn Abgaben leisten. Die Güterkonskription von 1752 war eine flächendeckende Erfassung aller Höfe im Kurfürstentum Bayern und zeigt für Hörzhausen, wie vielfältig grundherrliche Beziehungen damals waren. Insgesamt 14 Grundherren sind nachgewiesen, viele nur mit ein oder zwei Höfen. Größter Grundherr war das Kloster Indersdorf mit insgesamt 24 Höfen (darunter auch die Untermühle und der Hof Mantelberg), dem Landesherrn gehörten 8 , der Hofmark Haslangkreit 3 Höfe. Weitere Höfe besaßen die Hofmarken Haslangkreit, Sandizell, Steingriff und die Kirche Hörzhausen. Selbsteigen waren 12 Höfe.

 

1784 – ein Plan gibt viele Geheimnisse preis

Im Jahr 1783 wurde das Chorherren-Stift Indersdorf mit päpstlicher Genehmigung durch Kurfürst Karl-Theodor aufgelöst, das Vermögen, damit auch alle grundherrlichen Rechte, an das Münchner Liebfrauenstift übertragen, das kirchlich auch für die Münchner Frauenkirche zuständig war. In diesem Zusammenhang wurden alle Besitzungen des Klosters nach Landgerichten erfasst.

Diese aufwendig und in Farbe gestalteten Bände befinden sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München. Der Band „Grundbeschreibung der zum Stifte Indersdorf gehörigen Unterthanen im Kurfürstlichen Landgericht Schrobenhausen“ gibt einen tiefen Einblick in einen Teil des Dorfes Hörzhausen, beschreibt Höfe, Felder und Wiesen, die Lage des Edelsitzes und des Peterkirchleins. Wir sehen auch die großen sozialen Unterschiede und finden bereits viele Hausnamen, die es heute noch gibt.

 

Das Hauptstaatsarchiv hat uns die Genehmigung erteilt, den Dorfplan hier zu veröffentlichen. Wir werden ihn ausführlich kommentieren. Wir wollen noch nicht zu viel verraten, man darf gespannt sein.

 


Hörzhausen 1800-1918

Die Zeit um 1800 ist für Bayern voller grundlegender Umbrüche: Im Zeitalter der Napoleonischen Kriege verbündet sich Bayern mit Napoleon. Säkularisation und Mediatisierung (1802-1806) – die Auflösung der Klöster sowie die Eingliederung der bislang direkt dem Reich unterstandenen Territorien wie der Hochstifte oder Reichsstädte – führen zu einem enormen Besitz- und Gebietszuwachs für das Kurfürstentum. Für Hörzhausen bedeutet das: Alle Untertanen des ehemaligen Klosters Indersdorf werden nun landesherrliche Untertanen. Im Jahr 1806 erlischt das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“, Bayern wird in diesem Jahr „Königreich“. Unter den zahlreichen Reformen finden wir auch die Bildung einer modernen Gemeinde.

 

1818 – Gemeindebildung

Als Geburtsstunde der modernen Gemeinde in Bayern gilt das Jahr 1818. In diesem Jahr wurde ein Gemeindeedikt erlassen, das den neu gebildeten Gemeinden genau definierte Aufgaben übertrug. Die Gemeinde Hörzhausen wurde gebildet aus den Dörfern Hörzhausen (88 Familien), Halsbach (15 Familien) und dem Hof Mantelberg (1 Familie). In dieser Form existiert die Gemeinde bis 1972. Die ländlichen Gemeinden hießen bis 1834 Ruralgemeinden, dann Landgemeinden. An der Spitze einer Landgemeinde stand der „Gemeindevorsteher“, erster Gemeindevorsteher der neu gebildeten Gemeinde ist der Gütler Thomas Rail aus Hörzhausen.

 

 

Beschlüsse werden von zwei verschiedenen Gremien gefasst: zum einen vom Gemeindeausschuss, der dem heutigen Gemeinderat ähnlich ist, zum anderen von der Gemeindeversammlung, der Versammlung der „wirklichen Mitglieder der Gemeinde“, wie die Gemeindebürger noch genannt wurden. Gemeindemitglieder in diesem Sinne waren nur – männliche – Bewohner, die zu einer Steuer veranlagt wurden, Inwohner wie Dienstboten und Arme waren von der Mitwirkung ausgeschlossen. Die Gemeindeversammlung musste zum Beispiel einberufen werden, wenn es um finanzielle Angelegenheiten der Gemeinde ging.

Wichtige Aufgaben der Gemeinden waren die Verwaltung des Gemeindevermögens, die Aufnahme von Bürgern, die Mitwirkung bei der Zulassung von Gewerben und Schulangelegenheiten, die Armenpflege sowie die Ortspolizei.

 

1821  Bau der ersten Schule

Im Jahr 1802 wird in Bayern die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Auch vorher wurde in Hörzhausen schon Schule gehalten. Im Jahre 1821 wurde ein „Schul- und Mesnerhaus“ erbaut. Im Erdgeschoss wohnte der Lehrer, das Lehrzimmer befand sich im ersten Stock. Da der Lehrer zugleich als Mesner tätig war, übernahm die Pfarrkirchenstiftung drei Viertel der Kosten, die Gemeinde trug ein Viertel. Als ständiges Gehalt nahm der Lehrer jährlich 109 Gulden an Schulgeld ein, als Mesner verdiente er 132, als Cantor 10 und als Gemeindeschreiber 3 Gulden. Mit der „Special-Schul-Statistik“ der Landgemeinde Hörzhausen 1833 erhalten wir sehr umfangreiche Informationen über das Hörzhausener Schulwesen: über Schulhausbau, Schülerzahlen, Klassen, Unterricht, Lehrerbesoldung – wir werden noch näher darauf eingehen. Da die Schülerzahl wuchs, musste im Jahr 1880 ein neues Schulhaus gebaut werden. Der weitere Neubau aus dem Jahr 1912 beherbergt heute den Kindergarten.

 

Special-Schul-Statistik der Landgemeinde Hörzhausen 1833

 

1848 – Aufhebung der Grundherrschaft.

Jahrhundertelang waren die meisten Bauern einem Grundherrn verpflichtet, im Jahr 1848 wird diese Grundherrschaft aufgehoben. Die Bauern werden nun Alleineigentümer ihres Hofes, sie müssen dafür jedoch eine nicht unbeträchtliche Ablösesumme zahlen. Da diese Summen für viele Bauern zu hoch waren, wurden sie in Bodenzinszahlungen umgewandelt, die oft noch Jahrzehnte lang die Höfe belasteten.

 

1862 – Gericht und Verwaltung werden getrennt.

Die Aufgaben der alten Landgerichte werden aufgeteilt: Verwaltungsaufgaben übernehmen die Bezirksämter (ab 1939 Landratsämter genannt), für die Beurkundung von Verträgen werden die Notariate gegründet. Hörzhausen korrespondiert also in Verwaltungsangelegenheiten mit dem „Koeniglichen Bezirks-Amt Schrobenhausen“, für die Beurkundung von Verträgen sind Notare in Schrobenhausen zuständig. Das Landgericht Schrobenhausen (ab 1879 Amtsgericht) übt die Rechtsprechung aus.

 

 

1868 – Gewerbefreiheit

Bis zu diesem Jahr war der Zugang zu gewerblichen Tätigkeiten in Bayern stark eingeschränkt, zunächst von Zünften reguliert, später nur durch Konzession zum Beispiel des Landgerichts möglich. Ab 1868 werden Gewerbeausübungen in Bayern weitgehend freigegeben. Gemeinden führen nun Gewerbe-Anmelderegister. Für Hörzhausen sind diese Register ab dem Jahr 1887 überliefert. Die erste Anmeldung vom Februar 1887 lautet: „Zeislmaier, Nikolaus, Hörzhausen Haus Nr. 62, Kleinkrämerei, Mehl- und Brothandel, ohne Gehilfen“.

 

1869 – Neue Gemeindeordung

Diese neue Gemeindeordnung bringt viele Neuerungen. Um sich in Gemeindeangelegenheiten beteiligen zu können, benötigt man nun das „Bürgerrecht“. Das muss beantragt werden und ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Aus dem „Gemeindevorsteher“ wird nun der Bürgermeister.

 

1871 – Gründung Deutsches Reich

Am 18. Januar 1871 wurde nach dem deutsch-französischen Krieg das deutsche Kaiserreich ausgerufen, dem nun auch Bayern angehörte. Für Bayern änderte sich in vielen Bereichen nur wenig, da es sich zahlreiche Reservatrechte gesichert hatte. Am augenfälligsten für Hörzhausen: Nach dem „Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung“ von 1875 wurde die staatliche Beurkundung von Geburten, Heiraten und Sterbefällen verpflichtend. Die Gemeinde Hörzhausen erhält nun ein eigenes Standesamt.

 

1875 – Bahnanschluss

Lange geplant, im Jahr 1875 eröffnet: die Bahnstrecke Augsburg – Ingolstadt, später auch als Paartalbahn bezeichnet. Im ersten Fahrplan finden wir Hörzhausen vergeblich, denn erst im Jahr 1888 erhält Hörzhausen eine eigene Haltestelle: „Mit dem 10. Juli laufenden Jahres wird die Haltestelle Hörzhausen zwischen Schrobenhausen und Radersdorf für die Abfertigung von Personen, Reisegepäck und Hunden eröffnet“, heißt es wörtlich im „Verordnungs- und Anzeige-Blatt für die Königlich-Bayerischen Verkehrs-Anstalten“.

 

Hörzhausener Bahnhof im Jahr 1925 (aus einer Mappe im Stadtarchiv). Übertragung: „Karte vom Bahnhof. Leonhard, Maria, Joseph, Kaspar  Wintermayr, Johann Endres, Sophie Wintermayr“.

 

1882 – Leinfelderkanal

In den Jahren 1882 bis 1884 wird das größte wasserbauliche Projekt des 19. Jahrhunderts im Raum Schrobenhausen realisiert: der sogenannte Leinfelderkanal. Der Kanal beginnt in Hörzhausen und endet an der Leinfelder’schen Papierfabrik in Schrobenhausen. Er verfolgte zwei Hauptziele: Eine bessere Nutzung der Wasserkraft durch die Papierfabrik, eine bessere Entwässerung der angrenzenden Grundstücke. Leinfelder musste sich verpflichten, den Kanal zu unterhalten und den Landwirten durch Brücken den Zugang zu ihren Grundstücken zu ermöglichen.

 

1900 – Hörzhausen um 1900

Das Ortschaftenverzeichnis von 1904 gibt uns statistisch genaue Auskunft über die Gemeinde Hörzhausen. Die Gemeinde hat insgesamt 540 Einwohner, alle katholisch, 127 Wohngebäude. Der Viehbestand der Gemeinde umfasst 68 Pferde, 719 Stück Rindvieh, 144 Schafe, 402 Schweine und 9 Ziegen. Das Dorf Hörzhausen hat 473 Einwohner und 113 Wohngebäude, eine katholische Schule und eine landwirtschaftliche Fortbildungsschule, eine Bahnstation und eine Postagentur. Das Dorf Halsbach hat 56 Einwohner und 13  Wohngebäude und gehört zur Pfarrei und Schule nach Hörzhausen. Der Hof Mantelberg hat 1 Wohngebäude und 11 Einwohner, er gehört zur Pfarrei und Schule nach Schrobenhausen.

 

Postkarte von Hörzhausen um 1910 mit altem Schulhaus (aus einer Mappe im Stadtarchiv)

 


 

Hörzhausen 1919-1972 (wird bearbeitet)


Hörzhausen seit 1972 (wird bearbeitet)

 


Bisher erschienen:

Hörzhausen (I): Eine Chronik entsteht

Hörzhausen (II): Geschichte auf einen Blick

Hörzhausen (III): Geschichte der Feuerwehr 1873-1900

Hörzhausen (IV): Historische Ansichtskarten

 

 

 




Hörzhausen I: Eine Chronik entsteht

Philipp Apian 1568

 

Hörzhausen – eine Chronik entsteht

Vorbemerkung

Dieser Beitrag ist ein einleitender Artikel für die im Lauf der Zeit folgenden Bausteine zur Geschichte Hörzhausens. Er gibt einen kurzen Überblick, stellt spannende Fragen, die neugierig machen sollen. Es werden immer wieder neue Beiträge online gestellt, regelmäßige zeitliche Abstände können wir nicht einhalten. Wir bilden auf unserer Homepage eine „Kategorie: Hörzhausen“, unter der alle Artikel abgerufen werden können.

Von diesem Artikel hier verlinken wir auf alle vorhandenen und neu eingestellten Artikel. Wenn man den Link speichert, erhält man gleichzeitig eine Übersicht der vorhandenen oder neu eingestellten Artikel.

 

Die bereits eingestellten Beiträge: 

• Hörzhausen (2): Geschichte auf einen Blick (2. 4. 2024) hier

• Hörzhausen (3): Die Feuerwehr 1873 bis 1900  (7. Juli 2024) hier

• Hörzhausen (4):  Historische Ansichtskarten (10. Juli 2024) hier

 

Die nächsten geplanten Beiträge:

• Die Bildung der Gemeinde 1818

• Die Dorfbeschreibung von 1784

• Dorfleben in Erzählungen und Erinnerungen

 

Antworten auf spannende Fragen

Nur wenige Dörfer können auf eine so vielfältige und interessante Geschichte zurückblicken wie Hörzhausen. Vorchristliche Siedlung – Grafensitz – Mitgründung eines Klosters – Edelsitz sind nur einige Stichpunkt aus der älteren Zeit. Im Lauf der Jahre wurde umfangreiches Material zur Geschichte zusammengetragen, darunter außergewöhnlich interessantes Bildmaterial: zunächst von Hannes Geiger, dann über viele Erzählabende und Interviews auch von mir. Die Sammlungen zur Geschichte Hörzhausens befinden sich inzwischen alle im Schrobenhausener Stadtarchiv, das neben dem alten Hörzhausener Gemeindearchiv eine eigene stattliche Fotodokumentation zu Hörzhausen besitzt, die bis 1909 zurückreicht.

Daraus eine zusammenhängende Chronik zu erstellen, wäre wünschenswert, ist aber zeitaufwendiger, als viele denken, nicht zuletzt weil fast alle scheuen, sich die so genannte „alte deutsche Schrift“ anzueignen. Bevor das vorhandene Material nur in Schubladen liegt, wollen wir beginnen, einzelne „Bausteine“ der Gemeindechronik zu präsentieren. Zusammen mit dem außergewöhnlichen Bildmaterial ist eine reiche Bebilderung möglich.

 

Wir hoffen, zum Beispiel auf viele der folgenden spannenden Fragen eine Antwort bieten zu können:

  • Wie können wir uns die vermuteten vorgeschichtlichen Siedlungen vorstellen?
  • Gibt es dazu archäologische Befunde auf Luftbildern und Reliefkarten?
  • Gibt es neue Erkenntnisse bezüglich der Erstnennungen der Ortsnamen?
  • Wie müssen wir uns die Grafschaft Hörzhausen vorstellen?
  • Gottfried von Hörzhausen als Mitgründer des Klosters Indersdorf
  • Wo lag die vermutete Turmhügelburg?
  • Hörzhausen als Edelsitz
  • Was macht die Dorfgmain von Hörzhausen?
  • Eine Beschreibung von 1784 löst viele Rätsel
  • Säkularisation 1802 – aus Klosterbesitz wird Staatsbesitz
  • Wie ging die Gemeindegründung 1818 vor sich?
  • Wie entwickelt sich die Hörzhausener Schule?
  • Was sagt uns die „Agrikole Statistik“ von 1830?
  • Was beschäftigt den „Gemeinderat“ 1850?
  • Hörzhausen und die Gründung des Deutschen Reichs 1871
  • Welche statistische Daten gibt es im 19. Jahrhundert?
  • Wann gab es die ersten Protestanten?
  • Hörzhausener Wahlergebnisse Ende des 19. Jahrhunderts
  • Novemberrevolution 1918 – Hörzhausen wird demokratisch
  • Hörzhausen und die galoppierende Inflation 1923
  • Wie stark sind die Nationalsozialisten vor 1933?
  • Die Gemeindeordnung 1935 und die völlige Gleichschaltung
  • Hörzhausen und der Zweite Weltkrieg
  • Neubeginn und Wiederaufbau
  • Bevölkerungsexplosion durch Flüchtlinge und Vertriebene
  • Was beschäftigt den „Gemeinderat“ 1950?
  • Hörzhausen wächst
  • Arbeitsgelegenheiten: zunehmend Auspendler, wo arbeiten sie?
  • Flurbereinigung – grundlegende Änderungen der Agrarstruktur
  • 1972 – Hörzhausen wird Ortsteil von Schrobenhausen
  • Spannende Entwicklungen bis zur Gegenwart

Die Liste könnte fortgesetzt werden.

 

Dorfleben in Erinnerungen

Ergänzt werden die historischen Ausführungen durch Erinnerungen – zusammengestellt von einigen „Erzählabenden“, die anhand von mitgebrachten Fotos Erinnerungen wachriefen, und von Gesprächen mit Dorfbewohnern. Die Themen spiegeln das Alltagsleben Hörzhausens vor allem in den 1950er und 1960 Jahren, es geht um Themen wie:

Wasserversorgung –  Brunnen – Tagesablauf – Hüten – Lebensmittel – Dreschen – Milchsammelstelle – Butter – Hochwasser – Kirchenwacht – Lichtmess – Wirt – und vieles mehr.

 

 

Der Alte Wirt 1909

 

Bisher erschienen:

Hörzhausen (I): Eine Chronik entsteht

Hörzhausen (II): Geschichte auf einen Blick

Hörzhausen (III): Geschichte der Feuerwehr 1873-1900

Hörzhausen (IV): Historische Ansichtskarten




Burgheim – 150 Einblicke in die Vergangenheit

Burgheim auf einer Postkarte um 1906

 

Markt Burgheim – 150 Einblicke in die Vergangenheit

Eine Buchempfehlung

Aktuell die umfassendste und attraktivste Darstellung einer Gemeindegeschichte im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen: Die Geschichte des Markts Burgheim. Und die hat viel mehr zu bieten, als man denkt: wichtige, marktähnliche Siedlung zur Römerzeit, dichte frühmittelalterliche Besiedlung, Adelige, Hofmarken, Gerichtssitz, Marktrechte – die spannenden Themen reichen bis in die unmittelbare Gegenwart. Dass dieses Projekt verwirklicht werden konnte, ist zuallererst Bürgermeister Michael Böhm zu verdanken und Dr. Dorothea Zitzmann, der Vorsitzenden des Heimatgeschichtlichen Vereins Burgheim. Sie haben das Projekt ins Rollen gebracht uns sich um die Finanzierung gekümmert.

 

150 Einblicke – ein neues Konzept

Schon der Untertitel zeigt, dass mit dieser Chronik neue Wege beschritten werden sollten. „Der Grundgedanke ist, dass in kurzgefassten zweiseitigen Beiträgen alle wichtigen Aspekte der Burgheimer Vergangenheit bis zur Gegenwart vorgestellt werden sollen“, heißt es im Vorwort. Jedes Thema zwei Seiten – kann das gutgehen?

Erstaunlich gut, muss man sagen. Denn damit ist das Buch sehr leserfreundlich geworden, man muss nicht Seite für Seite lesen, sondern kann einzelne Kapitel auswählen, die in sich weitgehend geschlossen sind, immer wieder neue Eindrücke sammeln, das Buch auch einfach mal zwischendurch in die Hand nehmen. Ein nicht zu unterschätzendes Plus gerade in einer Zeit, in der immer weniger lange zusammenhängende Texte gelesen werden.

Die Bandbreite der Themen ist groß und chronologisch in größere Kapitel verpackt. Von der Vorgeschichte über die Römerzeit ins Mittelalter – von dort aus in die Neuzeit, aus allen Perioden finden sich sachkundige, verständlich geschriebene Texte, zum Beispiel über Handwerk, Kirchen, Schulen, Mühlen, Gassen und Wege, Armenfürsorge, Medizinalwesen, Vereine. Topographische Karten erleichtern die geographische Einordnung, zahlreiche Bilder geben visuellen Einblick in vergangene Zeiten.

Statt alle Themen aufzuzählen, verlinken wir weiter unten auf das umfangreiche Inhaltsverzeichnis.

Weitere Besonderheiten, die positiv auffallen: die Chronik geht bis in die unmittelbare Gegenwart und weckt vielfach Erinnerungen bei Bürgern, die die letzten Jahrzehnte noch miterlebt haben. Auch die oft vernachlässigte Gewerbegeschichte erhält ausführlich Raum.

Viele Themen werden beispielhaft abgehandelt und sind so auch für Nicht-Burgheimer interessant, zum Beispiel Artikel zur Alltagsgeschichte wie über Bader, Ärzte, Hebammen, Seuchen, Wasenmeister oder Armenfürsorge.

 

Alle Ortsteile

Nicht selten werden die Ortsteile bei Gemeindechroniken etwas stiefmütterlich behandelt, nicht hier. Insgesamt 8 Gemeinden wurden zwischen 1972 und 1976 nach Burgheim eingemeindet: Dezenacker, Illdorf, Kunding, Leidling, Moos, Ortlfing, Straß und Wengen. Zu jedem dieser Gemeindeteile gibt es jeweils zwei Seiten Orts- und zwei Seiten Kirchengeschichte, allesamt verfasst von Dr. Manfred Veit, dem langjährigen Kreisheimatpfleger unseres Landkreises, der hier aus seinem umfangreichen Wissensfundus schöpfen konnte.

 

Viele fachkundige Autoren

Dass dieses Werk inhaltlich so gelungen ist, ist Marcus Prell zu verdanken, der nicht weniger als 35 Autorinnen und Autoren gewinnen konnte – neben Heimatforschern auch regional und überregional anerkannte Historiker und Archäologen. Kurze Biographien der Autoren finden sich im Anhang.

 

Blick ins Buch

Da es unmöglich ist, hier alle Themen aufzuzählen, präsentieren wir das Inhaltsverzeichnis hier.

Eine kleine Leseprobe eines Beitrags von Marcus Prell über „Holzbrücken und Fähren. So überquerten Burgheimer früher die Donau“ finden Sie hier.

 

Das Buch im Überblick – Erwerbsmöglichkeit

Buch präsentiert sich im Großformat als Hardcover mit Fadenheftung und  372 Seiten und ist durchgehend vierfarbig gedruckt. Das Layout ist sehr professionell und abwechslungsreich, die Bebilderung exzellent. Der Preis von 32,50 Euro ist angesichts der hohen Qualität und Aufmachung auf keinen Fall zu hoch gegriffen.

Markt Burgheim. 150 Einblicke in die Vergangenheit, hrsg. vom Heimatgeschichtlichen Verein Burgheim, Burgheim 2022

Das Buch kann bestellt werden bei Dr. Dorothea Zitzmann unter zitzmann.hgvburgheim@web.de 

 

 

 




Karlshuld – eine Postkarte erzählt

Eine persönliche Vorgeschichte: Ich habe diese Postkarte vor Kurzem wiederentdeckt, ich habe sie vor einigen Jahren gekauft, für eine so alte Karte durchaus günstig. Ich bin kein Kartensammler, besitze nur ganz wenige alte Ansichtskarten, fast alle über das Donaumoos. Kein Wunder, denn ich bin hier geboren und aufgewachsen, nur wenige Kilometer von Karlshuld entfernt. Eine sehr spannende Karte, denke ich, mit der man sehr viel erzählen kann – zur Geschichte Karlshulds und des Donaumooses, das seit Ende des 18. Jahrhunderts trocken gelegt und besiedelt wurde.

 

Datierung der Karte

Auf der Rückseite eindeutig 1907. Stempel vom 17. und 18. März 1907 („07“).

Karlshuld um 1900

Karlshuld, im Donaumoos gelegen – im Jahr 1907 gehört die Gemeinde zum Bezirksamt Neuburg (ab 1939 Landkreis Neuburg genannt). Das Ortschaften-Verzeichnis des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus von 1904 gibt detailliert Auskunft. Die Gemeinde besteht aus zwei Ortsteilen, nämlich Karlshuld und Kleinhohenried. Der heutige Ortsteil Neuschwetzingen gehört zu dieser Zeit zur Gemeinde Untermaxfeld, Grasheim bildet eine eigene Gemeinde. Die Gemeinde Karlshuld hat 1.350 Einwohner, davon 1.236 Katholiken, 109 Protestanten. Sie ist damit die größte Landgemeinde im Bezirksamt Neuburg. Karlshuld ist Sitz einer katholischen und einer protestantischen Pfarrei und besitzt insgesamt drei Schulen, eine katholische Knaben- , eine katholische Mädchenschule sowie eine protestantische Schule. Seit 1893 hat Karlshuld eine eigene Postagentur.

Farblithographie – ein Meisterwerk der Druckkunst

Farbdrucke aus dieser Zeit sind noch selten und basieren auf einer speziellen Drucktechnik, sie werden Farb- oder Chromolithographien genannt. Grundlage des Drucks ist also die Lithographie, die von Alois Senefelder (1771-1834) erfunden und im Lauf des 19. Jahrhundert immer weiter vervollkommnet wurde. Sie beruht auf dem Prinzip, dass sich Öle und Fette nicht mit Wasser mischen. Gedruckt wird im Flachdruckverfahren mittels eines Steins, meist einer Solnhofener Platte, der mit fetthaltiger Farbe präpariert wird. Für eine farbige Lithographie mussten mehrere  Steine für die einzelnen Farben präpariert werden, meist 6 Steine oder auch deutlich mehr. Diese Art des Farbdrucks lässt sich auf unserer Karte am besten durch den Blauton des Himmels nachvollziehen, der bei allen Motiven identisch ist. Der Druck war also sehr aufwendig, die Karten waren entsprechend teuer.

Die Chromolithographie war von rund 1890 bis 1920 ein sehr erfolgreiches Farbdruckverfahren. Später wurde diese Drucktechnik durch ein anderes Flachdruckverfahren abgelöst, den Offsetdruck, bei dem alle Bilder in Raster und vier Druckfarben aufgelöst werden.

Die Mitteilung

Die Karte richtet sich an den Kaufmann Joseph Schöpf in Pfaffenhausen bei Mindelheim. Der Text lautet wie folgt:

Geehrtester Herr Schöpf, ich gratuliere Sie („Ihnen“) zum hl. Namensfest u(nd) wünsche Ihnen alles Gute, besonders Gesundheit u(nd) in allem Glück u(nd) Segen u(nd) einstens den Him(m)el. Herr Schöpf, ich danke Ihnen bei dieser Gelegenheit für alle Schritte und für alles Gute, das Sie mir in Ihrer aufrichtigen Liebe gethan haben, ich kann es Ihnen nicht anders vergelten, als (dass) ich Sie mein Lebenlang täglich in mein armseliges Gebet einschließe u(nd) Gott bitte, Er, der alles tausendfach vergült, auch Sie belohne, jetzt und in Ewigkeit. Es würde mich recht freuen, wenn Sie mir ein paar Zeilen schreiben. Auch Schw(ester) Oberin wünscht Ihnen alles Gute …

Am Rand links: Gruß an Frau Schw(ester). Ich verbleibe Ihre dankbare Schw(ester) Kasimira

Geschrieben wurde die Karte also auf jeden Fall von einer Ordensfrau, wohl von der St.-Josephs-Kongregation. Der Name der Schwester wird mit Kasimira übertragen. Die Lesung ist aber schwierig. Die Schwester gratuliert dem „Joseph“ Schöpf zum Namensfest, in diesem Fall der Josephstag am 19. März. Der Namenstag war in der katholischen Bevölkerung bis weit ins 20. Jahrhundert deutlich wichtiger als der Geburtstag. Erstaunlich die Geschwindigkeit des Transports: In Karlshuld am 17. März abgestempelt, in Pfaffenhausen bereits am 18. So dürfte die Karte den Empfänger auf jeden Fall rechtzeitig erreicht haben. Transportiert wurde die Karte mit der Eisenbahn, in diesem Fall wohl vom nahen Niederarnbach aus.

Die Motive

Die Karte vereint die wohl wichtigsten Motive Karlshulds in dieser Zeit. Man könnte viel mehr darüber schreiben, ich will mich auf das Wesentlichste beschränken.

Kirche und Pfarrhof. In der frühen Gründungsphase Karlshulds musst als katholische Kirche eine Bretterkirche ausreichen. Nach einem persönlichen Besuch König Ludwigs I. wurde versprochen, eine aus Stein errichtete Kirche zu stiften. Er beauftragte mit der Planung keinen Geringeren als Friedrich von Gärtner (1791-1847), neben Leo von Klenze der bedeutendste bayerische Baumeister seiner Zeit, der Bau wurde in den Jahren 1832-1835 realisiert.

Knaben- und Mädchenschule. Der Unterricht von Knaben und Mädchen wurde in Karlshuld in der Mitte des 19. Jahrhunderts getrennt. Neue Schulbauten entstanden und wurden laufend erweitert und saniert. Die Karlshulder Knabenschule wurde abgerissen, nachdem 1966 ein großes modernes Schulhaus  fertiggestellt worden war. Die Mädchenschule wurde von den „Armen Schulschwestern“ geleitet, die im Jahr 1858 nach Karlshuld kamen und bis 1961 blieben. Im Gebäude der Mädchenschule befindet sich heute das Rathaus.

Korbfabrik und Klosterwirtschaft. Die Gemeinde Karlshuld war bis weit ins 20. Jahrhundert eine arme Gemeinde. Den meisten Siedlern waren viel zu kleine Gründe zugeteilt worden, von denen man nicht leben konnte. Als Nebenerwerb war die Weiden-Korbflechterei verbreitet. Im Jahr 1894 wurde die „Korbindustrie-Genossenschaft“ gegründet, um neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Hergestellt wurden „Spankörbe“, vor allem für Versandzwecke. Die Geschäfte liefen nicht wie erwartet – und so wurde die Korbfabrik im Jahr 1897 von Pfarrer Dominikus Ringeisen in Ursberg erworben, der an verschiedenen Standorten Einrichtungen zur Pflege von Behinderten wie Blinden und Taubstummen und kranken Personen unterhielt. Die von Ringeisen gegründete St.-Josephs-Kongregation erwarb im Jahr 1898 von Freiherrn von Pfetten in Niederarnbach das nebenstehende Gebäude samt Gastwirtschaft und baute es in ein Kloster mit angeschlossener Klosterwirtschaft um, Schwestern der Kongregation zogen ein.

Da sich der Betrieb der Fabrik nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nicht mehr rentierte, wurden Korbfabrik und Klosterwirtschaft 1921 an den Bayerischen Staat verkauft. Die ehemalige Korbfabrik wurde zur Saatgutreinigungsanlage umgebaut, die Klosterwirtschaft verpachtet. Im Jahr 2019 wurde die Klosterwirtschaft nach mustergültiger Sanierung mit einer angegliederten Pension wiedereröffnet.

Dampfdreschmaschine. Auf der Karte rechts unten bei näherem Hinsehen: eine Dreschmaschine, angetrieben von einer Lokomobile, einer beweglichen Dampfmaschine. Man wollte damit sicher dokumentieren, dass Karlshuld „auf der Höhe der Zeit“ und dem Fortschritt aufgeschlossen war, wenn auch für viele kleinere Höfe das Dreschen mit Dreschflegeln zu dieser Zeit sicher noch verbreitet war.

Jugendstil. Die roten geschwungenen Linien zwischen den Bildern sind Ausdruck der zeitgenössische Kunstrichtung des Jugendstil.

 

Die Rückseite der Karte

Die Rückseite der Karte enthält die Adresse des Empfängers:

An Herrn Joseph Schöpf, Kaufmann, Pfaffenhausen Post daselbst, bei Mindelheim in Schwaben

„Postkarte“. Mehr zur Geschichte der Postkarte finden Sie auf unserer Homepage hier. Ganz kurzer Überblick: Postkarten verbreiten sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Ansichtskarten durften zunächst nur auf der Vorder-, also der Bildseite beschrieben werden, erst im Jahr 1905 wurden Karten zugelassen, bei denen die Adress-Seite geteilt war, also auch einen Raum für Mitteilungen zur Verfügung stellte.

Rechts oben eine „bayerische“ Briefmarke aus der weit verbreiteten „Wappenserie“. Bei genauerem Hinsehen bemerkt man, dass das Wappen leicht „geprägt“ wurde. Obwohl Bayern seit 1871 dem Deutschen Reich angehörte, hatte es sich „Reservatrechte“ gesichert, unter anderem die Organisation des Post- und Telegraphenwesens. Gestempelt wurde die Karte am 17. und 18. Mrz. (März) 07 (1907). – Spekulieren können wir, warum die Briefmarke auf dem Kopf steht. Das könnte Zufall sein, möglicherweise aber auch „Briefmarkensprache“, die gerade auch zu dieser Zeit weit verbreitet war. Die mehr oder weniger „geheimen“ Mitteilungen schräg oder gedreht aufgeklebter Marken waren nie genau definiert. Eine auf dem Kopf stehende Briefmarke konnte aber bedeuten „schreibe mir“, wäre also eine Verstärkung des von der Schreiberin auf der Karte geäußerten Wunschs gewesen.

Verlagsangabe

Auf der Vorderseite unten in leichtem Blau und deshalb nur schwer erkennbar: „Heliocolorkarte von Ottmar Zieher München“. Über Ottmar Zieher gibt es einen Wikipedia-Eintrag, nämlich hier.

Eine Reihe von Informationen wurde der Festschrift von Uwe Kühne: Karlshuld. Ein Rückblick auf 200 Jahre Geschichte entnommen.




Donaumoos – Geschichte digital

Das Donaumoos, das größte Niedermoor Süddeutschlands, wurde seit Ende des 18. Jahrhunderts entwässert und besiedelt. In den Quellen heißt es oft auch „Schrobenhausener Moos“, weil es vom Donaumooslehengericht – in Personalunion mit dem Schrobenhausener Landrichter – verwaltet wurde. Seit der Gründung des Fürstentums Pfalz-Neuburg im Jahr 1505 ging die Grenze zum Fürstentum Bayern mitten durch das Donaumoos. Mit dem Aussterben der männlichen Linie in München im Jahr 1777 vereint Kurfürst Karl-Theodor (1724-1799), aus einer pfalz-neuburgischen Seitenlinie und bis dahin in Mannheim residierend, die wittelsbachischen Gebiete wieder in einer Hand. Mit dieser Vereinigung wird auch die Entwässerung und Besiedlung des Donaumooses in Angriff genommen. Die Besiedlung  beginnt mit den Gründungen von Karlskron 1791 und Karlshuld 1795. Das obere Moos wurde erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erschlossen und besiedelt. Mit der Kultivierung des Donaumooses kam auch eine größere Zahl von Protestanten in unser Gebiet.

Eine aktuelle Recherche im November 2022 ergab, dass digital außer historischen Artikeln auf den Homepages der Donaumoos- und Kirchengemeinden und Wikipedia sehr wenig über das Donaumoos im Landkreis zu finden ist. Wir wollen dem abhelfen und zunächst beginnen mit dem, was digital greifbar ist. Weitere Digitalisate werden folgen. Ein Überblick über die Geschichte des Donaumooses ist in Arbeit.

 

Frühe Bodenkultivierung – ein Beitrag zur Umwelt- und Sozialgeschichte

Auf der Homepage der Universität Erlangen befindet eine in unserem Landkreis offensichtlich weitgehend unbekannte und ziemlich aktuelle Arbeit, nämlich die Masterarbeit von Vera Seeburg: Bodenkultivierung im Donaumoos. Ein Beitrag zur Umwelt- und Sozialgeschichte zwischen 1780 und 1830.

Als ausgezeichnete Masterarbeit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wurde sie 2021 von der „FAU University Press“ veröffentlicht. Da die Nutzungsrechte über Creative Commons freigegeben wurden, präsentieren wir sie hier zum Download.

Nähere Informationen dazu unter

http://opus4.kobv.de/opus4-fau/frontdoor/index/index/docId/17848

Parallel dazu erschien die Arbeit als Druckausgabe bei FAU University Press, ISBN: 978-3-96147-467-7. Sie kann über den Buchhandel bezogen werden oder direkt bestellt werden unter dem Erscheinungsjahr 2021:

https://www.university-press.uni-erlangen.de/verlagsprogramm/programm-nach-erscheinungsjahr.php

 

Donaumoos-Kulturs-Geschichte – ein Klassiker aus dem Jahr 1795

Das untere Donaumoos war bereits trocken gelegt und im Jahr 1791 Karlskron gegründet worden, die Gründung von Karlshuld ist noch im Gange – da erscheint 1795 die zeitgenössische Arbeit „Aktenmäßige Donaumoos-Kulturs-Geschichte“ im Druck. Noch heute ist sie ein Klassiker über die Trockenlegung und frühe Besiedlung des Donaumooses. Verfasser ist Georg Freiherr von Aretin. Im Jahr 1770 in Ingolstadt geboren, machte sich Aretin seit 1793 als Administrator des Donaumoosgerichts Karlskron um die Trockenlegung des Donaumooses verdient. 1796 wurde er Hofkammerrat, 1799 Landesdirektor in Amberg, 1806 Straßen- und Wasserbauinspektor in Tirol. Aretin starb 1845 in München.

Aus dem Inhalt: Geographische Lage des Donaumooses – Name und Ursprung – Gewässer – Gewächse und Tiere – Hindernisse der Donaumooskultur – Geschichte der gegenwärtigen Mooskultur – Beginn der Trockenlegung – Anlage von Kanälen, Dämmen und Straßen – Kolonien im unteren Moose – das neue Moosgericht Karlskron. Im Zweiten Teil werden auch viele zeitgenössische Einwürfe diskutiert – Aretin zeigt sich hier als vehementer Befürworter und Verteidiger der getroffenen Maßnahmen. Dieser Teil zeigt, wie kontrovers die Kultivierung in dieser Zeit diskutiert wurde, und gibt gerade damit einen tiefen Einblick in die gesellschaftlichen und landwirtschaftlichen Diskussionen und Bestrebungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Das vielleicht ansprechendste Digitalisat ist das Exemplar der Staatsbibliothek Bamberg. Das Werk (186 MB) kann über das Münchener Digitalisierungszentrum heruntergeladen werden, nämlich hier

 

Briefe über das Donaumoor – noch ein Klassiker aus dem Jahr 1795

Im gleichen Jahr erscheinen – im gleichen Mannheimer Verlag – in Briefform die „Naturhistorischen und ökonomischen Briefe über das Donaumoor“.  Autor ist Franz von Paula Schrank.

Franz von Paula Schrank, geboren 1747 in Vornbach (Landkreis Passau), war ein bedeutender deutscher Botaniker und Insektenforscher. Er trat zunächst dem Jesuitenorden bei, wurde nach dessen Aufhebung zum Priester geweiht und 1776 in Wien zum Doktor der Theologie promoviert. Im gleichen Jahr wurde er Professor für Mathematik und Physik am Lyzeum in Amberg, ab 1784 ist er Professor der Universität Ingolstadt, ab 1800 der Universität Landshut mit den Schwerpunkten Landwirtschaft, Bergbau, Forstwirtschaft und Naturgeschichte. Zwischen 1809 und 1832 war Schrank der erste Direktor des Alten Botanischen Gartens in München. Franz von Paula Schrank verfasste eine Vielzahl naturwissenschaftlicher Schriften. Er starb im Jahr 1835.

Aus dem Inhalt: Schrank beschreibt das Donaumoos aus verschiedenen Perspektiven. Einerseits dokumentiert er in seinen botanischen Beschreibungen die vorkommenden Pflanzen, daneben auch das Tierreich des Donaumooses. Zur weiteren Kultivierung entwickelt er eine Reihe von Vorschlägen, sie spiegeln nicht zuletzt auch die zeitgenössischen Diskussionen um die Verbesserung der Landwirtschaft, zum Beispiel um Viehhaltung, Viehweide, Stallfütterung, Düngung oder Pflanzung von Bäumen. Interessant auch seine Vorschläge zur Abschaffung der Brache. Immerhin war zu seiner Zeit die Dreifelderwirtschaft vorherrschend, das heißt jedes Feld lag in jedem dritten Jahr brach. Seine Theorie: Die Brache diene der Erholung des Bodens, die aber auch mit anderen Mitteln erreicht werden könne, zum Beispiel durch Anbau von Klee, aber auch von Kartoffeln und Rüben.

Wir verlinken auf ein gut erhaltenes Exemplar der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Download hier

 

 

Weitere Verlinkungen sind in Vorbereitung




Der Chronist Johann Evangelist Waldvogel

Johann Evangelist Waldvogel (1804-1855). Bisher war so gut wie nichts zur Biographie dieses Schrobenhausener Chronisten bekannt. Geboren ist Waldvogel – in den meisten Quellen in Gegensatz zur Titelseite der Chronik Waldvogel geschrieben – im Jahr 1804 in Schrobenhausen als Sohn des dortigen Kaminkehrers. Waldvogel studierte Theologie in München. Im Jahr 1836 ist er Kaplan in Neuburg. Nach einem kurzen Aufenthalt in Genderkingen wird Waldvogel zunächst Pfarrprovisor in Nördlingen und  im Jahr 1838 zum katholischen Stadtpfarrer in der protestantisch geprägten Stadt ernannt. Waldvogel wird Distriktsschulinspektor und ab 1846 Dekan für das Dekanat Donauwörth. Der Jahresbericht der Lateinschule Nördlingen vom Jahr 1854/55 berichtet: „Am 10. Juni verließ der k. katholische Dekan Waldvogl, der den katholischen Religions- und Geschichtsunterricht an der Anstalt zu geben hatte, die hiesige Pfarrei, um eine andere anzutreten, nachdem er in diesem Schuljahr durch Kränklichkeit vielfältig gehindert worden war, den Unterricht an der Lateinschule mit seiner gewohnten Treue zu besorgen.“ Im Mai 1855 war ihm die Pfarrei Loppenhausen im Landgericht Mindelheim verliehen worden. Am 27. Juni, kurz nach seiner Ankunft an seiner neuen Wirkungsstätte, stirbt Johann Evangelist Waldvogel. Drei Jahre später erscheint seine „Historische Skizze“ im Verlag der M. Hueber’schen Buchhandlung in Schrobenhausen. In einer Anzeige im Schrobenhausener Wochenblatt vom 20. Febr. 1858 heißt es: „Dieses in jeder Beziehung interessante Schriftchen wird Niemand ohne Befriedigung lesen, und ist bei dessen Billigkeit Jederman ermöglicht, sich dieses Werkchen zu verschaffen.“

Diese erste Kurzbiographie beruht nicht auf Archivrecherchen, sondern wurde allein über Recherchen im Internet zusammengestellt. Für die freundliche und großzügige Unterstützung bedanken wir uns ganz herzlich bei Marie-Luise Missel vom Bayerischen Landesverein für Familienkunde.




Bilder aus der Geschichte Mühlrieds

Blick von Schrobenhausen nach Mühlried 1956

Blick von Schrobenhausen nach Mühlried 1956

Mühlrieds Geschichte reicht bis weit ins Mittelalter zurück. Schon um das Jahr 1200 tauchen in verschiedenen Urkunden mehrere Personen auf, die mit dem Ortsnamen verbunden sind: ein „Diepolt de Mulried“, ein „Pilgrimus de Mulriet“ und ein „Rudiger de Mulried“ . Die Deutung des Ortsnamens bereitet keine Schwierigkeiten: Denn „ried“ bedeutet nichts anderes als ein mit Schilf oder Sumpfgras bewachsener Grund. Mühlried war also ein solcher Ort, auf dem eine Mühle stand.

 

Die Dorfmühle

Namensgebend für die Ansiedlung war wohl die Dorfmühle, die dort stand, wo heute noch das Stauwehr der Paar zu sehen ist. Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird die Dorfmühle um das Jahr 1400. Anno 1468 erwirbt sie Ritter Wiguläus von Weichs, durch Heirat geht sie 1517 in die Hände von Ritter Sigismund von Sandizell auf Edelshausen über. Die Mühle wurde von den Hofmarksherrn nie selbst bewirtschaftet, sondern „verstiftet“, das heißt an Müller zur Bewirtschaftung gegen Abgaben übergeben. Die umfangreichen Archivbestände der Hofmark Edelshausen, von denen sich ein großer Teil im Stadtarchiv Schrobenhausen befindet, erzählen uns sehr viel über das Schicksal der Mühle und der Müller: Von Hofübergaben, Heiratsabreden, Schuldsachen, Unglücksfällen, Streitsachen zwischen den Paarmüllern wegen Wasserbau und von Verwüstungen durch Hochwasser und Eisstöße.

 

Verschiedene Grundherren

Das Leben der Dorfbewohner war Jahrhunderte lang geprägt von der Grundherrschaft: Die Bauern konnten über Grund und Boden nicht frei verfügen, sie waren abhängig von Grundherren, die ihnen Haus und Grund gegen Abgaben und Scharwerksdienste zur Bewirtschaftung übergaben. Eine Zusammenstellung aus dem Jahr 1752 zeigt die enge Beziehung Mühlrieds zu Hohenwart, denn fast die Hälfte der 38 Höfe stand unter der Grundherrschaft des Klosters Hohenwart, 10 Höfe gehörten zur Hofmark Edelshausen, der Rest teilte sich auf zur Hofmark Steingriff, Niederarnbach und direkte Untertanen des bayerischen Herzogs. Große Bauern gab es nur wenige, drei Viertel aller Höfe waren so genannte „Sechzehntelhöfe“, d. h. Höfe mit nur kleinem Grundbesitz, bei denen der Lebensunterhalt eher schlecht als recht gesichert war. Die Grundherrschaft lastete in Bayern bis ins 19. Jahrhundert auf der bäuerlichen Bevölkerung, erst im Revolutionsjahr 1848 wird sie aufgehoben.

 

Die Bildung der modernen Gemeinde

Die alte bayerische „Dorfgmain“ war keine Verwaltungseinheit, sondern regelte nur die wirtschaftlichen Angelegenheiten rund um das Dorf: sie befasste sich mit Grundstücken, Wald, Weide, Nutzungsrechten, Wegebau. Die Bildung der modernen Gemeinden erfolgte durch das Gemeindeedikt von 1818: Dörfer, Ortschaften, Weiler und Einöden wurden zu einer politischen Gemeinde zusammengefasst, der als unterster Verwaltungseinheit auch genau definierte Kompetenzen zugesprochen wurde: z. B. die Aufsicht auf das Schul-, Armen- und Stiftungswesen und die niedere Polizeigewalt. Zur Gemeinde Mühlried gehörten die Orte Königslachen und Ried, die Weiler Sandhof, Högenau und Altenfurt sowie die Einöden Rinderhof und das Gut Weil. Erster Gemeindevorsteher nach den Bestimmungen des Gemeindeedikts wurde der Bauer Jakob Tiroller, Gemeinde-Bevollmächtigte („Gemeinderäte“) die Bauern Joseph Kramer und Simon Schäfer sowie der Schneider Willibald Wagner.

 

Die agrikole Statistik 1840

Alle Orte rund um die Stadt Schrobenhausen waren bis weit ins 20. Jahrhundert stark landwirtschaftlich geprägt. Als im Jahr 1840 die agrikole Statistik für ganz Bayern erhoben wurde, zeigt sich zum ersten Mal ein sehr detailgenaues Bild der Gemeinde Mühlried. Von den insgesamt 62 Familien leben 39 Familien als „Gutsbesitzer“ vom Landbau, 17 Familien besitzen nur ein Leerhaus, das heißt sie haben keinen oder nur sehr geringen Grundbesitz und müssen vom Taglohn leben, nur 6 Familien üben ein Gewerbe aus, doch auch sie haben Feldbesitz, weil die gewerblichen Einkünfte offensichtlich nicht ausreichen. Der Landwirtschaft zugeordnet sind 32 Knechte und 23 Mägde, für das Gewerbe sind 6 Gesellen und Lehrlinge nachgewiesen. Auch der Viehstand wird genau dokumentiert: So finden sich in der Gemeinde 89 Pferde, 96 Arbeitsochsen, 220 Melkkühe sowie 285 Stück Jungvieh und Kälber, 198 Schafe und 100 Lämmer, 41 Schweine und 128 Jungschweine, 33 Enten, 489 Hühner und 100 Tauben.

 

Gewerbe in Mühlried

Mühlried hatte im Jahr 1840 nur 434 Einwohner und nahm hinsichtlich der Einwohnerzahl nur Platz elf der 37 Gemeinden des Landgerichtsbezirks Schrobenhausen ein. Auf Grund der geringen Einwohnerzahl und wohl auch wegen der Nähe zu den städtischen Handwerkern gibt es nur wenige gewerbliche Betriebe in Mühlried. Für das Jahr 1853 ist eine genaue Aufstellung der Gewerbetreibenden erhalten: Wir finden hier den Schuhmacher Josef Schnitzler, den Schneider Robert Wagner, den Müller Franz Huber, den Wirt Mathias Pichler sowie den Müller Johann Zirschling auf der Aumühle.

Das große Mühlensterben im 19. Jahrhundert ging auch an Mühlried nicht spurlos vorbei: Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mühlen wurden immer schlechter und führten schließlich zu hoher Verschuldung. Die Dorfmühle wurde 1872 vom Schrobenhausener Papierfabrikanten Georg Leinfelder erworben. Er erbaute an deren Stelle eine Holzschleiferei, die aus dem Rohstoff Holz den so genannten Holzschliff herstellte, den Rohstoff für die Papierproduktion in der Schrobenhausener Papierfabrik. Die Holzschleiferei war Mühlrieds erster größerer Gewerbebetrieb. – Auch mit der Aumühle ging es wirtschaftlich bergab: Hochverschuldet ging die Mühle 1881 an die Immobilien-Gesellschaft München über. Im Jahr 1908 wurde die Aumühle von der Stadt Schrobenhausen erworben, die dort – eine nie realisiertes – kleines Wasserkraftwerk errichten wollte. Die Höfe wurden schon kurze Zeit weiterverkauft. – Lange Zeit blieb die Papierschleiferei der einzige größere Betrieb im Ort, im Jahr 1922 gründeten sich die Kunststeinwerke Schrobenhausen, die in Mühlried Zementwaren aller Art herstellten und bereits in den Zwanzigerjahren 20 bis 30 Beschäftigten Arbeit und Brot gaben.

 

Um die Jahrhundertwende

Mühlried wuchs – wie die meisten Landgemeinden – in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nur wenig, der Bevölkerungsüberschuss zieht in die Städte, vor allem die Großstädte, um dort seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Was bewegt die Gemeinde Mühlried um die Jahrhundertwende? Die Beschlussbücher der Gemeinde geben Aufschluss, sie sind ein Spiegelbild des Gemeindelebens der damaligen Zeit. Hier geht es um das Bürgerrecht, das von der Gemeinde verliehen wurde, jedoch von der Zahlung einer direkten Steuer abhing und so bei weitem nicht allen zustand. Beschlossen wurde über das Heimatrecht, das regelte, welche Gemeinde zuständig war, wenn der Heimatberechtigte in finanzielle Notlage geriet, verarmte oder seine Krankenhausrechnungen nicht bezahlen konnte. Beschlüsse wurden gefasst über Ausbau und Reparatur von Straßen, Wegen und Brücken, über die Verpachtung der Gemeindejagd und des Fischwassers, über Nachtwache und Viehhut, natürlich über die Erhebung und Beitreibung der gemeindlichen Steuern und die Aufstellung der Gemeinderechnungen.

 

Statistik von 1939 belegt Wandel

Hundert Jahre nach den ersten genauen statistischen Erhebungen sehen wir Mühlried gründlich verändert. Die Volkszählung von 1939 erhebt nicht nur genaue Daten über die Bevölkerungsanzahl, sondern auch die soziale Stellung und die Arbeitsorte. Mühlried hat jetzt 800 Einwohner, die Bevölkerung hat sich also in den zurück liegenden hundert Jahren nahezu verdoppelt. Der Anteil der Selbstständigen – vor allem Landwirte – ist mit 45 % an den Erwerbspersonen noch relativ hoch, der Anteil der Arbeiter – vor allem nichtlandwirtschaftliche Arbeiter – beträgt 52 %. Angestellte und Beamte spielten als Bewohner noch eine völlig untergeordnete Rolle, was sich jedoch im Lauf der folgenden Jahrzehnte deutlich ändern sollte. Interessant natürlich auch ein Blick auf die Pendelwanderung: Bereits etwa 20 % der Erwerbstätigen arbeitet in Schrobenhausen.

 

Kriegsende und Neubeginn

Mühlried blieb – wie die meisten Orte im Raum Schrobenhausen – von Verwüstungen während des Zweiten Weltkrieges verschont. Schon während der Kriegszeit waren aus den bombardierten Städten Ausgebombte und Evakuierte in die ländlichen Gebiete gezogen oder geschickt worden. Seit 1946 strömen tausende von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen in den Landkreis Schrobenhausen. Das führt auch in Mühlried zu einer starken Bevölkerungszunahme, nämlich von 800 im Jahr 1939 auf 1.074 im Jahr 1946, eine Zunahme von über 30 Prozent in wenigen Jahren.

 

Mühlried wird zweitgrößte Gemeinde

Mühlried wurde als Siedlungsgebiet direkt vor den Toren der Stadt immer beliebter. Bereits im Jahr 1955 war die Bevölkerung auf 1.408 Einwohner gestiegen, eine Steigerung von 80 % in den zurück liegenden 16 Jahren. Mühlried ist damit bereits zweitgrößte Gemeinde im Landkreis Schrobenhausen nach der Kreisstadt. – Im Jahr 1956 wird Georg Paulus zum Bürgermeister gewählt – er sollte den Weg der Gemeinde bis zur Eingliederung in die Stadt 22 Jahre lang begleiten. Auch später noch wird er als Stadtrat die Interessen Mühlrieds vertreten. Ausgezeichnet wurde er für seine Verdienste später unter anderem mit der Bürgermedaille. – Zahlreiche große Probleme waren mit der Bevölkerungszunahme verbunden: Baugebiete mussten erschlossen werden, Straßen gebaut werden. Schon Ende der Fünfzigerjahre wurde die Wasserqualität als unzureichend empfunden. Im Jahr 1961 begann Mühlried mit dem Bau einer zentralen Wasserversorgung, die Wasserlieferung übernahm die Kreisstadt. Parallel dazu wurde die Kanalisation projektiert und Stück für Stück verwirklicht. Jeder zweite Beschluss des Mühlrieder Gemeinderats beschäftigte sich inzwischen mit Bauanträgen und damit zusammen hängenden Problemen wie Wasserversorgung, Kanalisation, Straßenbau.

 

Die Riederwaldsiedlung

Der Bauboom in Mühlried in den Sechzigerjahren ist ungebrochen. In dieser Zeit entsteht auch die bis dahin größte zusammenhängende Siedlung, die Riederwaldsiedlung. Am 27. Januar 1961 erklärt sich der Gemeinderat einstimmig mit dem Gesuch von Johann Jodl einverstanden, in Mühlried eine so genannte Nebenerwerbssiedlung für Heimatvertriebene zu errichten, die den Namen „Am Riederwald“ tragen sollte. Im Herbst desselben Jahres trafen sich im Gasthaus Wünsch mehr als hundert Siedlungsbewerber, um über das Projekt zu beraten, im Jahr darauf erfolgt die Aufteilung des Grund und Bodens an sechsundvierzig Siedler. Im Herbst 1964 beginnen die Bauarbeiten, im Jahr darauf ziehen bereits 400 Neubürger ein, im Juni 1966 erfolgt die offizielle Einweihung. Zwei Jahre später wird die Riederwaldsiedlung im Bundeswettbewerb „Die besten Kleinsiedlungen“ zweiter Landessieger.

 

Mühlried erhält ein Wappen

Im Februar 1965 beschließt der Mühlrieder Gemeinderat die Annahme eines Wappens, die Diskussion über die Wappenentwürfe zieht sich jedoch hin. Zwei Jahre später wird das neue Wappen der Gemeinde vom Bayerischen Staatsministerium des Innern genehmigt. Die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, die zu allen Wappenentwürfen gehört wird, schreibt im Abschlussgutachten: „Mühlried war der Stammsitz eines spätmittelalterlichen Adelsgeschlechts, der Herren von Mühlried, die im Wappen einen Einhornkopf führten. Dieses die Ortsgeschichte symbolisierende Zeichen wird mit einem Mühlrad verbunden, um einmal auf den Gemeindenamen hinzuweisen und zum anderen die seit alters in der Gemeinde nachgewiesenen zahlreichen Mühlen darzustellen.“

 

Umgehungsstraße entlastet Mühlried

Über 200 Jahre war die Verbindungsstraße zwischen Augsburg und Regensburg durch die Innenstadt Schrobenhausens und durch Mühlried verlaufen. Von Mitte der Fünfziger- bis Mitte der Sechzigerjahre hatte sich das Verkehrsaufkommen der inzwischen als B 300 bezeichneten Straße verfünffacht. Schon im Jahr 1963 wurden ernsthafte Gespräche über die „Ortsumgehung Schrobenhausen-Mühlried“ geführt. Im Herbst 1965 hatten die Arbeiten begonnen, zwei Jahre später war es endlich so weit: Die Umgehungsstraße konnte offiziell eingeweiht werden und brachte für Mühlried eine enorme Verkehrsentlastung. – Wie sich die Zeiten ändern: Schon früher war diese Straße an Schrobenhausen und Mühlried vorbei verlaufen, nämlich über dem Paartal durch den Weiler Ried Richtung Waidhofen. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde diese wichtige Verbindungsstraße, auf Wunsch der Stadt so verlegt, dass sie nun durch die Stadt und damit auch durch Mühlried verlief, weil man sich durch den zunehmenden Verkehr wirtschaftliche Vorteile versprach.

 

Die erste Kolpingsiedlung Bayerns

Die zweite große geschlossene Siedlung in Mühlried entstand durch die Initiative der Schrobenhausener Kolpingfamilie. Es sollte die erste geschlossene Kolpingsiedlung Bayerns werden. Die Bemühungen der Kolpingfamilie reichen bis ins Jahr 1964 zurück. Ziel der Siedlungsinitiative war, auch Familien mit Kindern und sozial schwächeren Familien zu einem eigenen Heim zu verhelfen. Drei Jahre später wurde die Wohnbaugemeinschaft Schrobenhausen gegründet, im Frühjahr 1969 wurde der Bebauungsplan genehmigt, im Herbst der Grundstein der Siedlung gelegt. Bis Weihnachten 1970 konnten bereits sechs Häuser bezogen werden, im September 1971 wurde die Siedlung offiziell eingeweiht: Sie bestand aus 12 Zweifamilienhäusern, 19 Reihenhäusern und 8 Bungalows mit insgesamt 51 Wohnungen und gab rund 180 Menschen ein neues Zuhause.

 

Eigene Schule und neue Kirche

Mühlried hatte keine eigene Kirchengemeinde, die katholischen Gläubigen waren zur Pfarrei St. Jakob in Schrobenhausen eingepfarrt. Durch den enormen Bevölkerungszuwachs Mühlrieds wurde es notwendig, in Mühlried einen eigenen Kirchensprengel zu bilden und eine neue Kirche zu errichten, da die Kirche St. Ursula nur für eine kleine Dorfgemeinde gedacht war. Im Januar 1968 war daher ein Kirchenbauverein gegründet worden, im Mai 1970 wurde der erste Spatenstich getan, im September 1973 konnte die neue Heilig-Geist-Kirche in Mühlried eingeweiht werden. – Schon immer hatten die Mühlrieder Kinder die Schule in Schrobenhausen besucht, die Bevölkerungszunahme erforderte auch hier zügiges Handeln. Der Gemeinderat hatte bereits im Jahr 1967 einen Beschluss hinsichtlich einer eigenen Schule gefasst, eine Schulreform überholte dieses Vorhaben. Im November 1971 wurde mit dem Bauvorhaben begonnen, im Juli 1973 konnte das neuerbaute Schulhaus als Grund- und Teilhauptschule eingeweiht werden.

 

1972: Mühlried erhält Zuwachs

Schon Ende der Sechzigerjahre warf die Gebietsreform ihre Schatten voraus. Die Landkreisgebietsreform und die Gemeindegebietsreform sollten größere Verwaltungseinheiten schaffen. Obwohl Mühlried längst die mit Abstand zweitgrößte Gemeinde war, wurde auch schon Anfang der Siebzigerjahre diskutiert, ob man sich der Stadt Schrobenhausen anschließen sollte. Zu diesem Zeitpunkt jedoch wurde das Vorhaben letztlich noch durch einstimmigen Beschluss des Gemeinderats abgelehnt. Im Gegenzug erhielt die Gemeinde Mühlried Zuwachs durch die benachbarte Gemeinde Edelshausen. Mühlrieds zählte im Jahr 1974 stolze 3.787 Einwohner, fast eine Verneunfachung der Einwohnerzahl von 1840.

 

Mühlried wird Stadtteil

Doch die Diskussionen um die Gemeindegebietsreform dauerten an, bereits einige Jahre später stand das Thema erneut auf der Tagesordnung. Diesmal konnten die Mühlrieder nicht mehr widerstehen, zumal auch finanzielle Anreize geschaffen wurden. Zum 1. Juli 1978 wurde die Gemeinde Mühlried ein Stadtteil von Schrobenhausen. – Mühlried ist seither weiter gewachsen, viele Gewerbebetriebe haben sich neu angesiedelt. Die eigene Kirchengemeinde, die Schule, einer der größten Schrobenhausener Sportvereine prägen das kulturelle Leben Mühlrieds und sorgen für kulturelle Identität. Mühlried hat sich so als Stadtteil seinen eigenständigen Charakter bewahrt.

 

Die früheren Ortsteile von Mühlried

Königslachen

Um 1280 zum ersten Mal als „Chunislach“ erwähnt. Der Ortsname leitet sich ab aus dem Wortstamm „lache“, der auf ein stehendes Gewässer hindeutet, und dem Personenname „Cuni“, der sich im 16. Jahrhundert Zu „König“ verändert. Königslachen besitzt das Kirchlein St. Bernard, das in der heutigen Form im 18. Jahrhundert errichtet wurde.

Ried

Wohl schon um 807 als „reode“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Ortsname deutet wie bei Mühlried auf einen mit Schilf oder Sumpfgras bewachsenen Grund. Die Ansiedlung besteht 1823 erst aus zwei Häusern. Durch Ried führte bis Mitte des 18. Jahrhunderts die alte Paartalhochstraße, die Augsburg und Regensburg verband.

Högenau

Namensgebend für die Ansiedlung ist der nahe Staatsforst Hagenau. Seit Ende des 11. Jahrhunderts nennt sich ein Adelsgeschlecht nach ihrem Familiensitz „von Hagenouvva“. Im 15. Jahrhundert gelangt die Högenau in den Besitz des Schrobenhausener Bürgermeisters Hans Götz, der noch vor seinem Tod die beiden Höfe dem Schrobenhausener Spital überschreibt. Die „Spitalbauern“ mussten Jahrhundert lang Abgaben ans Schrobenhausener Spital leisten.

Rinderhof

Wir vermuten Rinder hinter dem Ortsnamen, doch Forscher sehen als Namensgeber eine Person namens „Rindo“. Der Hof wird schon im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Hof von Georg Leinfelder gekauft.

Sandhof

Um 1270 zum ersten Mal erwähnt, der Ortsname deutet auf einen sandigen Untergrund hin.  Im Jahr 1823 besteht der Weiler noch drei Häusern, heute hat er zwei Wohngebäude.

Altenfurt

Schon um 1130 zum ersten Mal erwähnt. Der Ortsname wird mit „Siedlung bei der alten Furt“ gedeutet. Altenfurt war seit frühester Zeit wichtige Übergangsstelle über die Weilach. Der Hof mit dem Hausnamen „Zöllner“  war früher eine Zollstelle.

Weil

Ein um 1818 entstandenes Gut des Rentbeamten Pappenberger, frühere Benennung auch „Pappenberg-Weil“.


Dieser Beitrag erschien erstmals in der Festschrift „125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Mühlried” 2001

 




Schrobenhausen – Einwohnerentwicklung

 

 




50 Jahre Landkreis Neuburg-Schrobenhausen

Landkreis Neuburg-Schrobenhausen: Drei Landschaftsformen - Blick vom Tertiären Hügelland bei Berg im Gau über das Donaumoos - im Hintergrund die Fränkische Alb

Drei Landschaftsformen – Blick vom Tertiären Hügelland bei Berg im Gau über das Donaumoos – im Hintergrund die Fränkische Alb

Der folgende Text wurde für die Broschüre „Unser Landkreis Neuburg-Schrobenhausen“ verfasst, die im Jahr 2022 anlässlich des 50-jährigen Landkreisjubiläums erschienen ist. Aufgrund  des vorgegebenen maximalen Seitenumfangs musste sich der Artikel auf das Allerwesentlichste beschränken. Es ist geplant, ihn im Lauf der Zeit zu erweitern.

50 Jahre – ein rundes Jubiläum

Am 1. Juli 1972 trat in Bayern die Landkreisgebietsreform in Kraft, unser Landkreis wird also – wie andere bayerische Landkreise auch – im Jahr 2022 runde 50! Aus den 143 bayerischen Landkreisen wurden 71 größere gebildet, vor allem um leistungsfähigere Einheiten zu schaffen. Lange vorher wurde die Neueinteilung diskutiert. Die Zusammenlegung von Eichstätt und Neuburg war in der engeren Diskussion, ebenso die von Pfaffenhofen und Schrobenhausen. Schließlich wurden die ehemaligen Landkreise Neuburg und Schrobenhausen zu einem neuen Landkreis vereint. Beide Altlandkreise mussten größere Gebietsverluste hinnehmen. So verlor Schrobenhausen im Südosten Gebiete an Pfaffenhofen (mit dem Markt Hohenwart), Neuburg im Westen an das Donau-Ries (mit der Stadt Rain) und im Südwesten an die Landkreise Aichach-Friedberg und Augsburg.

Der Landkreis hieß ab 1. Juli 1972 zunächst Landkreis Neuburg a. d. Donau und trägt seit 1. Mai 1973 den Namen „Landkreis Neuburg-Schrobenhausen“. Kreissitz wurde Neuburg, gleichzeitig verlor die Stadt ihre Funktion als kreisfreie Stadt. Als „Große Kreisstadt“ erhielt sie jedoch eine Reihe von Aufgaben, die sonst dem Landkreis zustehen. Mit der Landkreisgebietsreform kam der Raum Neuburg von Schwaben nach Oberbayern.

 

Blick in die Erdgeschichte

Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen vereinigt ganz unterschiedliche Landschaftsformen. Der Süden liegt in den Ausläufern des Tertiären Hügellands, das durch die Aufwölbung der Alpen entstanden ist, die im Zeitalter des Tertiär vor rund 70 Millionen Jahren einsetzte. Im Westen bilden Schotterablagerungen auf tertiärem Unterbau die Aindlinger Terrassentreppe.

Im Norden finden wir den Fränkischen Jura, der sich vor 100 bis 200 Millionen Jahren aus Ablagerungen des Jurameers bildete. Auf einem Ausläufer des Jura liegt die Neuburger Altstadt.

Prägend für die Landschaft ist für unseren Landkreis vor allem die Donau. Die Urdonau floss nördlich von Rennertshofen zunächst nach Norden zur Altmühl, später durch das Schuttertal. Vor rund 70.000 Jahren verlagerte sie nach einem Durchbruch bei Stepperg ihren Lauf weiter nach Süden und schuf so das heutige Donautal. Die Donau durchströmte mit ihren großen Wassermassen nun auch das Gebiet des heutigen Donaumooses und räumte die Landschaft großflächig aus. Vor rund 10.000 Jahren unterbrachen aufgeschüttete Niederterrassen den Zufluss der Donaumoosbäche zur Donau, die Vermoorung begann. Als größtes Niedermoor Süddeutschlands war das Donaumoos bis Ende des 18. Jahrhunderts ein weitgehend unzugänglicher Sumpf, der zu zwei Fürstentümern gehörte.

 

Kelten, Römer, Germanen

Unsere Gegend ist seit der Altsteinzeit besiedelt, vor allem die Flussläufe lockten Jäger und Sammler an – aber auch das Donaumoos. Zahllose Funde aus der Bronzezeit bis zur keltischen Eisenzeit bezeugen die dauerhafte Besiedlung unseres Raums. Als die Römer nach 15 v. Chr. bis zur Donau vorstießen, später ihr Gebiet nach Norden ausdehnten, entstanden Römersiedlungen wie in Burgheim oder Kastelle wie auf dem Neuburger Stadtberg. Römische Gutshöfe sind hier nachgewiesen, außerdem Römerstraßen, die römische Orte und Kastelle verbanden. Nach dem Abzug der Römer beginnt die moderne Besiedlung durch das Vordringen germanischer Stämme, die sich mit der ansässigen Bevölkerung zu den Volksstämmen der Bayern östlich und der Schwaben westlich des Lech entwickelten.

 

Herzöge, Landgerichte, Städte

Unser Gebiet gehörte zunächst zum Stammesherzogtum Bayern. Königsgut lässt sich hier nachweisen, Besitz der Kirche und von Klöstern und nicht zuletzt des Adels.

Allmählich bilden sich Zentren heraus, zunächst als Märkte, dann als Städte. Eine der ältesten Stadtnennungen in Bayern ist für Neuburg bereits 1214 nachgewiesen, Schrobenhausen wird 1447 zum ersten Mal als Stadt bezeichnet. Um diese Zentren bilden sich herzogliche Landgerichte, so das Landgericht Neuburg ab 1294, das Landgericht Schrobenhausen um 1421. Seit Ende des 12. Jahrhundert war unser Gebiet immer mehr in den Herrschaftsbereich der Wittelsbacher gekommen, durch Landesteilungen kam es im Jahr 1392 zum Herzogtum Bayern-Ingolstadt und im Jahr 1447 zum Herzogtum Bayern-Landshut. Nach dem Ende des Landshuter Erbfolgekrieges trennte sich die Geschichte der beiden Landgerichte für drei Jahrhunderte: Schrobenhausen kam zum Herzogtum Bayern mit der Residenzstadt München, Neuburg wurde zunächst Residenz des 1505 neu geschaffenen, zerklüfteten Fürstentums Pfalz-Neuburg, das sich nach einer wechselvollen Geschichte in die Kurpfalz und die niederrheinischen Herzogtümer Jülich und Berg ausdehnte, so dass bedeutende Städte wie Heidelberg, Mannheim und Düsseldorf zum Herrschaftsgebiet gehörten.

 

Donaumoos – späte Besiedelung

Mit dem Aussterben der männlichen Linie in München im Jahr 1777 vereint Kurfürst Karl-Theodor (1724-1799), aus einer pfalz-neuburgischen Seitenlinie und bis dahin in Mannheim residierend, die wittelsbachischen Gebiete wieder in einer Hand. Mit dieser Vereinigung beginnt auch die Entwässerung und Besiedlung des Donaumooses, des größten Niedermoors Süddeutschlands – ein bis dahin zum größten Teil weitgehend unzugänglicher Sumpf. Die Besiedlung  beginnt mit der Gründung von Karlskron 1791 und Karlshuld 1795. Das obere Moos wurde erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erschlossen und besiedelt. Mit der Kultivierung des Donaumooses kam auch eine größere Zahl von Protestanten in unser Gebiet.

 

Bezirksämter – Landkreise

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Bayern nach französischem Vorbild in „Kreise“ eingeteilt, die Vorläufer der heutigen Regierungsbezirke. Von 1817 an kamen die Landgerichte Neuburg und Schrobenhausen zum Oberdonaukreis, dem Vorläufer des heutigen Schwaben. Im Jahr 1838 trennten sich die Wege: Schrobenhausen kam zu Oberbayern, Neuburg zum Kreis „Schwaben und Neuburg“. Im Jahr 1852 war mit den Distrikten der Distriktsrat geschaffen worden, der mit – für heutige Verhältnisse – bescheidenen Selbstverwaltungsrechten ausgestattet war und als Vorläufer des heutigen Kreistags gelten kann. Jahrhunderte lang waren Landgerichte Gerichts- und Verwaltungsbehörden in einem gewesen. Mit der Trennung von Justiz und Verwaltung im Jahr 1862 entstanden als reine Verwaltungsbehörden nun die Bezirksämter, für unseren Raum die Bezirksämter Neuburg und Schrobenhausen, für die Beurkundung von Rechtsgeschäften wurden Notariate geschaffen. Im Jahr 1919 wurde das Wahlrecht auch auf der Ebene der Bezirke demokratisiert – auch Frauen durften nun zum ersten Mal wählen. Im Jahr 1939 wurden die Bezirksämter in Landratsämter umbenannt, aus dem Bezirksamtmann wurde der Landrat. Diese Bezeichnungen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beibehalten.

 

Drei, die jeder kennt

Viele allgemein bekannte Persönlichkeiten gingen aus dem Landkreis hervor. Stellvertretend für die Landkreisteile sollen hier drei genannt werden. Für den Neuburger Raum steht vielleicht wie kein zweiter Pfalzgraf Ottheinrich (1502-1559), der das Neuburger Schloss zu einem imposanten Residenzschloss ausbaute und Regent des Fürstentums Pfalz-Neuburg, ab 1556 Kurfürst in Heidelberg war. Für den mittleren Teil des Landkreises, das Donaumoos, steht Max von Pettenkofer (1818-1901), der als Begründer der modernen Hygiene in München tätig war, schließlich für den südlichen Landkreis der in Schrobenhausen geborene Franz von Lenbach (1836-1904), der sich vom Sohn eines Stadtbaumeisters zu einem der bedeutendsten deutschen Porträtmaler des späten 19. Jahrhunderts entwickelte.

 

Dynamischer Landkreis

Der Landkreis umfasst nach der Gemeindegebietsreform in den 1970er Jahren 18 Kommunen, davon zwei Städte und zwei Märkte. Heute ist der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ein eher kleiner, aber ein sehr dynamisch wachsender Landkreis – die Bevölkerung hat seit der Gebietsreform um rund 35 % zugenommen. Grund dafür ist seine  Lage im Herzen Bayerns, eine leistungsfähige Wirtschaft mit vielen weltweit tätigen Industriebetrieben und sicher auch die Nähe zur Boom-Region Ingolstadt.

 

Entwicklung der Einwohnerzahlen

Jahr Einwohner
1970 73.438
1987 76.493
2005 91.181
2010 91.397
2015 94.654
2021 98.516

 




Schrobenhausener Geschichte – auf einen Blick

Schrobenhausener Geschichte – die wichtigsten Daten 

um 200 Eine römische „villa rustica“ nachgewiesen
790-794 Als „scropinhusun“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt
1131 Ein Edelgeschlecht derer von Schrobenhausen nachgewiesen
1310 Schrobenhausen besitzt das Marktrecht
1333 Privilegien Kaiser Ludwigs des Bayern
1388 Schrobenhausen wird im Städtekrieg weitgehend zerstört
1392 Die Herzöge von Bayern-lngolstadt fördern den Wiederaufbau
1414 Die Stadtmauer entsteht
1421  Schrobenhausen ist Sitz eines Landgerichts.
1447 Schrobenhausen wird zum ersten Mal als Stadt bezeichnet und gehört nun zum Herzogtum Bayem-Landshut.
1506 Schrobenhausen wird Teil des Herzogtums und späteren Kurfürstentums Bayern
1632 Schwedenkönig Gustav Adolph besetzt Schrobenhausen
1704 Seilermeister Neugschwendner rettet die Stadt
 1836 Franz von Lenbach wird geboren, einer der bedeutendsten
deutschen Porträtmaler des ausgehenden 19. Jahrhunderts
1837 Schrobenhausen kommt zu Oberbayern
1840 Schrobenhausen zählt 1.884 Einwohner.
1900 Schrobenhausen besitzt mehrere Industriebetriebe (Papierfabrik Leinfelder, Dampfsagewerk Prücklmair, Prägewerk Carl Poellath).
1913 Christian Schadt beginnt mit dem feldmäßigen Spargelanbau auf seinem Hof in Wangen
1937  Eröffnung des Lenbachmuseums
1939 Schrobenhausen zählt 5.193 Einwohner
1950 Zustrom von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, die Einwohnerzahl wächst sprunghaft auf 7.966
nach 1950 Ausdehnung des Stadtgebiets, zahlreiche neue Industriebetriebe
1971-1978 Gemeindegebietsreform: Eingemeindungen von Steingriff (1971),
Hörzhausen (1972). Sandizell (1972) sowie Mühlried mit Edelshausen (1978).
1972 Landkreisgebietsreform: Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen wird gebildet, Schrobenhausen ist nicht mehr „Kreisstadt“
1991 Eröffnung des Europäischen Spargelmuseums
2002 Eröffnung des Stadtmuseums mit Galerie im ehemaligen
herzoglichen Pflegschloss
2020 Schrobenhausen zählt 17.381 Einwohner
© 2022 Max Direktor.