Karl Valentin in Schrobenhausen

Karl Stöger, lange Jahre Lehrer in Schrobenhausen, in künstlerischen Kreisen vor allem bekannt durch seine Schrobenhausener Collagen, hat in seinem im Verlag Benedikt Bickel im Jahr 1995 erschienenen Collagen-Buch „Schrobenhausen in anderen Ansichten“ auch einen bebilderten Sketch über die „Lenbach- und Spargelstadt Schrobenhausen“ veröffentlicht, den wir Niemandem vorenthalten wollen. Mehr biographische Informationen zu Karl Stöger finden Sie hier.

Karl Stöger

Karl Valentin und Liesl Karlstadt in Schrobenhausen

KARLSTADT deutet in ein Büchlein   Da schau her, da steht’s: Lenbach- und Spargelstadt!

VALENTIN   Ah geh, da brauch ich gar ned hinschau‘ n. Des muß heißen Lenbach- oder Spargelstadt; beides gleichzeitig – des geht ned!

KARLSTADT   Warum soll dann des ned geh’n, wenn’s doch da drin steht?

VALENTIN   Das tät ja heißen, daß Schrobenhausen zweierlei wär – also links Lenbachstadt und rechts Spargelstadt – oder: heut Lenbachstadt und morgen Spargelstadt – oder: im Mai …

KARLSTADT   Papperlapapp! Im Bücherl steht Lenbach- und Spargelstadt, und als Fremder muß ich mich drauf verlassen können, daß das stimmt.

VALENTIN   Stimmt! – – –  Aber wie soll denn ein völlig unbekannter Fremder wissen, in welcher Stadt er jetzt g’rad ist?

KARLSTADT   Na ja, wenn er ißt, ist er natürlich in der Spargelstadt, weil er wahrscheinlich Spargel ißt.

VALENTIN   Zweifellos! Ist er aber im Museum …

KARLSTADT   Geh, im Museum kannst doch nicht essen, das ist doch gar ned erlaubt!

VALENTIN   Nein, ich mein doch, wenn sich ein Fremder ins Lenbachmuseum begibt, in dem Augenblick ist die Stadt für ihn doch eine reine Lenbachstadt …

KARLSTADT   Ja, ja! Wenn er jetzt aber ins Spargelmuseum geht.

VALENTIN   Dann ist er natürlich in der Spargelstadt, logisch! Nur zum Beispiel: wenn er jetzt ins Heimatmuseum geh’n tät, wär er in der Heimatstadt.

KARLSTADT runzelt die Stirn   Dann wär er ja ein Fremder in der Heimatstadt, also …

VALENTIN   Jetzt bring mich nicht durcheinander, schau lieber in die Speiskarte, gleich wird die Bedienung kommen . Ich nehm an Leberkäs. Und du? – – – Spar‘, gel!

KARLSTADT   Du mit deiner ewigen Sparerei! Also, dann nehm‘ ich halt statt Spargel …

VALENTIN   Stadtspargel gibt’s nicht, Frau, da herin is alles pflastert!

KARLSTADT   Weißt was? Ich nehm an Lenbachteller, dann spar‘ ich mir’s Museum!

 




Der Aresinger Tiermaler Johann Baptist Hofner – Rede zum 100. Todestag

Hofner ohne Lenbach denken?

Würden Lenbach und Hofner heute leben und hätte sich der gesellschaftliche Stellenwert der Kunst seit dem 19. Jahrhundert nicht verändert, so würde Lenbach mit seinem Privatflugzeug von einem Maltermin zum anderen jetten und alle drei Wochen in einer Talkshow auftreten. Und Hofner? Er wäre vielleicht ein wertkonservativer Alternativer, ein internationaler „Geheimtipp“ für Naturbewegte und hätte das erste Elektroauto in Aresing gefahren. In den Medien würden seine Nischen bei Arte und im ARD-Spätprogramm für Kunstfreunde zu finden sein.

1904 hieß es in einer Münchner Künstlerzeitung spöttisch: „Der eine malte zwar nur Vieh, doch der andre war Genie!“ Der eine ist natürlich Hofner, der andere Lenbach. Hofner ist – vor allem in der lokalen Überlieferung immer der Zweite im Schatten Lenbachs.

Heute soll er einmal der Erste sein! Und das hat er auch verdient.

Heute soll einmal versucht werden, Hofner ohne Lenbach zu denken. Aber so richtig, das weiß ich jetzt schon, wird das wieder nicht gelingen.

Hofner war nicht, wie oft dargestellt, der alte tiermalende Rauschebart, der schrullig-eigenbrötlerisch in Aresing hockt, während Lenbach die Welt erobert. Entdecken wir Hofner stattdessen als jungen, selbstbewussten Künstler auf der Höhe seiner Zeit,

  • der genau Bescheid wusste über die aktuellen Kunstströmungen.
  • der nicht in Aresing bleibt, weil er die Großstadt scheut, sondern weil es in jenen Jahren geradezu ein Statussymbol war, auf dem Land zu leben.
  • der sich für die zunehmend an Ansehen gewinnende und Marktchancen eröffnende Tiermalerei entscheidet.

 

Was sagen die Märkte?

Wir leben ja in einer markthörigen Gesellschaft. Was liegt da näher, als zu fragen: Was sagen die Märkte? Oder in unserem Fall der Kunstmarkt. Wirft man einen Blick auf Auktionsergebnisse der letzten Jahre, so zeigt sich, dass für Hofner-Bilder wesentlich höhere Preise erzielt werden als für Lenbach-Bilder. Lenbachsche Grafen und Barone gibt es für einige Tausend Euro, ein ordentliches Bismarck-Porträt für 10 000 Euro. Ein „Toter Fuchs und Hühner“ von Hofner hat vor ein paar Jahren dagegen 14 800 Dollar gekostet, und für das Bild „Ruhende Schafe in Aresinger Landschaft“ aus dem Jahre 1871 musste der neue Besitzer auf einer Auktion am 13. Juni 2007 noch viel tiefer in die Tasche greifen: 39 000 US-Dollar!

Weil wir gerade bei den Dollars sind. Johann Baptist Hofner scheint überhaupt in den USA populärer zu sein als bei uns. Zumindest ein Bild von ihm. Wenn Sie in einer beliebigen Internet-Suchmaschine die Begriffe „Hofner“ und „shepherdess“ (Schäferin) eingeben, so bekommen Sie Tausende von Ergebnissen. In ihrer Mehrzahl Angebote von Kunstdrucken des Hofner-Bildes „Die Schäferin“ aus dem Jahre 1864. Mal bescheiden für 39 Dollar, mal im prachtvollen Goldrahmen für 890 Dollar. Sie kennen das Bild sicherlich: Ein Mädchen – es soll sich um Hofners Aresinger „Lieblingsmodell“ Ursula Limmer handeln – trägt ein Lämmchen im Arm, das Mutterschaf folgt an ihrer Seite. Dieses ein wenig süßliche und für Hofner nicht unbedingt typische Gemälde hatte es schon zu Lebzeiten des Malers zu großer Popularität gebracht. In Kupfer gestochen und mit dem verkaufsfördernden Titel „Auf der Alm“ versehen, fand es reißenden Absatz.

 

Über den Redner

Jetzt bin ich schon mitten im Thema. Dabei wollte ich vorher die Frage klären: Wie komme ich eigentlich dazu, heute vor Ihnen über Hofner reden zu dürfen? Erstens natürlich, weil Bürgermeister Rössler mich dazu eingeladen hat. Dafür, lieber Horst, herzlichen Dank! Allerdings bin ich kein Kunsthistoriker, der Ihnen hochwissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Anspruch ewiger Wahrheit auftischen könnte. Ich bin nur ein kunstbegeisterter Laie, vor allen Dingen ein hofnerbegeisterter. Das geht auf das Jahr 1986 zurück, als ich im Auftrag der Stadt Schrobenhausen als Hilfskraft einer echten Kunsthistorikerin mit der Neuinventarisierung im Lenbachmuseum befasst war. Es gab spannende Tage, es gab aber auch öde Stunden, wenn es galt, den x-ten Vorentwurf zum Repräsentationsporträt einer spitzmundigen, kaltäugigen Gräfin von Donnersmarck oder eines grimmig dreinblickenden Barons Kuno von Rantzau zu katalogisieren. Bilder vergangenen Ruhms, die uns heute so gar nichts mehr zu sagen wisssen.

Trotz aller Wertschätzung für Lenbach: Zur Brotzeit habe ich mich dann gerne in den Raum geflüchtet, in dem die so viel echteren und zeitlos gültigen Tierbilder von Hofner hingen. Oder auch sein Bild „Der Krautgarten“, ein Gemälde von fast impressionistischer Farbenfreudigkeit, das Carolina Hofner, die zweite Frau des Malers, im Aresinger Garten der Familie zeigt – eine unprätentiöse Liebeserklärung „per Leinwand“.

Seither hat mich Hofner nicht mehr losgelassen. Einige Jahre später hat Prof. Englert die „Schrobenhausener Kunstreihe“ begründet und mich eingeladen und ermutigt, für den vierten Band dieser Buchreihe einen Beitrag über Leben und Werk Hofners zu schreiben. Und deswegen stehe ich heute vor Ihnen.

 

Die Lebensdaten

Die Lebensgeschichte Hofners ist schnell erzählt. Das Gerüst der biografischen Grunddaten ist nämlich ein wenig dürr. Das liegt an einem großen Problem, an dem sich jeder, der sich mit Hofner beschäftigt, früher oder später die Zähne ausbeißt. Es gibt nämlich keine persönlichen Zeugnisse des Malers, keine offiziellen Dokumente, keine schriftlichen Aufzeichnungen, keinen Briefwechsel, gar nichts. Zwar ist überliefert, dass der Nachlass Hofners in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach Schrobenhausen gelangte – Heimatforscher Georg August Reischl zitiert daraus, doch dann verlieren sich die Spuren. Niemand weiß, wo die Unterlagen abgeblieben sind.

  • 1832: Johann Baptist Hofner erblickt am 30. April in Aresing das Licht der Welt. Sein Vater ist der 31-jährige Maurermeister und Kleingütler Georg Hofner, der am 27. Mai 1828 die Bauerntochter Theres Hahn aus Hölerzell bei Aresing geheiratet hatte.
  • 1845: Der 13-jährige Hofner, ein zeichnerisches Naturtalent, findet einen Förderer in dem Schrobenhausener Assessor Widemann und besucht zwei Jahre die Handwerkerzeichenschule in Schrobenhausen.
  • 1847 dann der große Sprung des 15-jährigen an die Königliche Akademie der Bildenden Künste in München, wo er bis 1852 Unterricht erhält.
  • 1849 bekommt Hofner ein Stipendium des Königsreichs Bayern in Höhe von 100 Gulden.
  • Die 50er Jahre sind geprägt von intensiver Freilichtmalerei in Aresing. In dieser Zeit wird Hofner zum ersten Lehrer Lenbachs, der 1854-56 mit Unterbrechungen auch bei Hofner wohnt.
  • 1855: Aus diesem Jahr datiert das älteste bekannte Tierbild. Es zeigt eine Stute mit Fohlen und einen liegenden Aresinger Bauernburschen.
  • Um 1860 geht Hofner erneut an die Akademie der Bildenden Künste in München und studiert bei Karl von Piloty.
  • 1865 heiratet Hofner am 27. Dezember die 25-jährige Aresinger Gütlerstochter Kreszenz Klas. Die Ehe währte nur gute 12 Jahre. Am 20. November 1886 nämlich erliegt Kreszenz Hofer einer Krankheit.
  • 1867: Hofner beteiligt sich an der Weltausstellung in Paris. Eines der beiden Bilder ist „Die Schäferin“.
  • 1868: Am 9. Februar wird der Sohn Adolf geboren. Er wird nur 27 Jahre alt und stirbt bereits am 12. November 1895. Auch Adolf war künstlerisch sehr begabt und hatte die Münchner Akademie besucht.
  • ab ca. 1880 verlegen die Hofners ihren Dauerwohnsitz nach München in die Landwehrstraße 56, damals, vor Schwabing, ein „angesagtes“ Künstlerviertel. Die warme Jahreszeit verbringt Hofner aber weiterhin in Aresing in seinem Atelier.
  • 1889 ehelicht Hofner seine zweite Frau Carolina Reuter, genannt Lina. Sie stammt aus dem hessischen Idstein.
  • 1906 verkauft Hofner das elterliche Anwesen in Aresing und verbringt seine letzten Jahre ganz in München, zunächst in der Lindwurmstr. 131, dann in der Königinstr. 49.
  • 1913: Hofner stirbt im Alter von 81 Jahren in München

 

Die Tiermalerei

Was ist das eigentlich – Tiermalerei? Klingt der Begriff nicht ein wenig verstaubt, altmodisch, überholt? Tierdarstellungen reichen sehr, sehr weit zurück in die Menschheitsgeschichte. In der Chauvet-Höhle in Südfrankreich zum Beispiel finden sich an die 400 Tierzeichnungen, die in den Jahren 35 000 bis 32 000 vor Christi Geburt entstanden sein sollen.

Machen wir einen riesigen Sprung ins Holland des 17. Jahrhunderts, dann begegnen wir dem Tiermaler Paulus Potter (1625-1654). Seine detailgenauen Tierdarstellungen sind weltberühmt. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Hofner Arbeiten Potters während seines Akademiestudiums in München kennenlernte. Im 19. Jahrhundert erlebte die Tiermalerei zusammen mit der Landschaftsmalerei einen großen Aufschwung. Tierdarstellungen wurden im wahrsten Sinne des Wortes „salonfähig“, nämlich in den Salons des gehobenen Bürgertums, das im Zeitalter der Hochindustrialisierung erstmals einen nostalgischen Blick auf das einfache Landleben zu werfen begann.

Lässt man einmal das vermeintlich „Hehre“ des Künstlerdaseins beiseite und geht von der schlichten, aber gerne übersehenen Tatsache aus, dass Maler auch von irgendetwas leben müssen, so lässt sich sagen: Wie Lenbach für sich die „Marktlücke“ des Porträts eroberte, so fand Hofner seine Marktnische im Tierstück.

Diese „Marktnische“ wurde so differenziert besetzt, dass einige Tiermaler sich sogar auf eine bestimmte Tierart spezialisierten. Da gibt es beispielweise Alexander Köster (1864-1932), der als „Enten-Köster“ in die Kunstgeschichte einging. Einige seiner Bilder können Sie in der Staatsgemäldesammlung in Augsburg bewundern. Kösters Entenbilder sind auf dem Kunstmarkt sehr gefragt. Dabei gilt: Je mehr Enten, desto teurer. Bei Hofner ist die Spezialisierung zwar nicht so weit gegangen, aber es gibt eindeutig bevorzugte Tiere: Schafe, Haushühner (beiderlei Geschlechts), Kühe und Füchse.

Vielleicht haben Sie schon befürchtet, ich komme langsam vom Thema ab? Dieser kleine Ausflug sollte ein wenig einen Rahmen aufspannen und Ihnen zeigen, dass Hofner kein Eigenbrötler war, sondern einer von einer ganzen Reihe erfolgreicher Tiermaler, und einer der Besten von ihnen. Als solcher hatte er auch intensiven Kontakt zu seinen Kollegen, besonders zu Friedrich Völz (1817-1886) aus Nördlingen, zu dem gleichaltrigen Niederländer Christian Mali (1832-1906) und dem wie Lenbach 1836 geborenen Biberacher Anton Braith (gest. 1905). Alle drei Genannten waren übrigens Professoren und lehrten an der Münchner Kunstakademie. Besonders Braith und Mali kamen immer wieder zum gemeinsamen Malen nach Aresing, so dass man fast von einer kleinen Aresinger Künstlerkolonie sprechen kann.

 

Dienstlerische Entwicklung

Wie war nun die künstlerische Entwicklung von Hofner? Vor allem: Wie fand er zur Tiermalerei? Leider ist es auch hier wieder so, dass kein einziger autobiografischer Text dazu überliefert ist. So wissen wir nichts von Hofners Selbstverständnis als Tiermaler. Sehr wohl kann man dagegen anhand seiner Bilder den künstlerischen Werdegang nachzeichnen: In der frühen Phase der gemeinsamen Freilichtmalerei von Lenbach und Hofner, als sie malten, „bis sie ganz rauschig waren“, wie Lenbach sich später erinnert, entstehen vor allem Landschaften.

Mitunter ist gar nicht so ganz klar, welches (nicht signierte) Bild vom wem ist. Vor diesem Problem stehen auch Kunsthistoriker. Ich war lustigerweise Ohrenzeuge, wie einmal bei einer Neubewertung aus einem Lenbach flugs ein Hofner wurde. Der Kunstsachverständige erklärte: „Ach, diese Arbeit hat mein Vorgänger für einen Lenbach gehalten, da machen wir jetzt mal einen Hofner draus!“ So ist es dann auch geschehen. Glücklicherweise kann es einem gestandenen Schaf aus Hofners späteren Jahren nicht so leicht passieren, gegen eine Lenbachsche Baronin getauscht zu werden!

 

Nahbild und Tiergeschichte

Zurück zum künstlerischen Werdegang Hofners: Aus Landschaften werden Landschaften mit Tieren, aus Landschaften mit Tieren werden Tiere in der Landschaft in einer harmonischen Gesamtkomposition. Schließlich fällt die Landschaft ganz weg. Nun ist der Weg frei für die beiden besonderen Formen des Tierstücks, die für Hofner charakteristisch sind und als deren (Mit-)Schöpfer er anzusehen ist:

Da ist zum einen das „Nahbild“: Das Tier übernimmt die Hauptrolle im Bild, wird formatfüllend dargestellt, wie mit dem Teleobjekt herangezoomt. Dabei wird die Grenze überschritten von einem realistisch aufgefassten Bild eines typischen Vertreters einer Tiergattung zu einem naturalistischen Porträt eines ganz bestimmten, individuellen Tieres. Besonders finden sind solche Nahbilder bei Hofners Schafdarstellungen: Etwa beim „Kopf eines jungen Widders“, ein wunderschönes, ausdrucksstarkes Gemälde, das sich im Braith-Mali-Museum in Biberach befindet.

Wenn Sie sich einmal etwas intensiver mit verschiedenen Hofnerschen Schafpersönlichkeiten beschäftigt haben, so werden Sie, das kann ich Ihnen versichern, auf Ihrem Sonntagsspaziergang nie mehr achtlos an einem solchen Tier vorbeigehen!

Möglicherweise noch typischer für Hofner sind seine „Tiergeschichten“: Bilder, in denen verschiedene Tiere, oft auch verschiedene Tierarten aufeinandertreffen, und die eine mal lustige, mal dramatische Geschichte erzählen. Zum Beispiel:

  • „Hahn mit zwei Hennen und zerbrochenem Ei“. Man ist fast versucht zu sagen, dass die beiden Hennen ziemlich „betreten“ dreinschauen.
  • „Der tote Feind“ (1898). Ein toter Fuchs liegt im Stall und wird von umstehenden Hühnern neugierig beäugt (Bayer. Staatgemäldesammlungen).
  • „Schafherde, die von einem Hund, der einen Hasen jagt, aufgescheucht wird“ ist eine Ölskizze aus dem Jahre 1868 betitelt (Privatbesitz).

 

Hofner und Aresing

Was wissen wir von Hofner und seinem Verhältnis zu Aresing? Aresing wird ihm wohl schon „getaugt“ haben, um es bayrisch auszudrücken. Warum sonst wäre er seiner Heimat trotz Hauptwohnsitzes in München 74 lange Jahre treu geblieben. (Übrigens ganz im Gegensatz zu Lenbach, der Schrobenhausen lange gemieden hat.) Wie schön wäre es, hätten wir ein Hofnersches Tagebuch oder einen Brief, in dem er über seine Mitbürger schreibt.

So bleibt uns nichts anderes, als die überlieferten Histörchen, Anekdoten und Schnurren, die wie immer mit Vorsicht zu genießen und vor Stilisierungen, Ausschmückungen und Übertreibungen nicht gefeit sind.

Ich beschränke mit auf einige Originalzitate:

  • „Hofner war ein lustiger, einfallsreicher Mann, manche seiner Bilder zeugen von seiner Schalkhaftigkeit.“
  • „Die Kinder mochten ihn gut leiden wegen seiner Guteln, die er für den feil hatte, der sich stundenlang ruhig hinsetzen konnte, wenn er gerade ein Modell brauchte.“
  • „Auch der sich anbahnenden Technik war er aufgeschlossen und brachte das erste Fahrrad nach Aresing.“

Schließlich erfahren wir noch, dass auch die Aresinger Hofners Tierbilder sehr geschätzt hätten, während seine Porträts bei den Dorfbewohnern nicht so beliebt gewesen seien, „weil ihm da immer was Damisches dazu eing’fallen is: Entweder hat er einem noch den Schnupftabak bei der Nas’n oder ‘s Sacktüchl recht auffallend unterm Vürtuch rausschau’n las’n, oder er hat einen als Hemadlenz g’malt“.

Und der damals 89-jährige Dorfsenior Altbürgermeister Haas soll ziemlich sauer gewesen sein, als Hofner zu Fronleichnam einmal statt der üblichen religiösen Tafeln „vier greisliche Bauernköpf an seine Fensterläd’n hing’hängt hat: den Schneider-Bartl, Gaiß-Girgl, den Kohl-Peter und Gammel-Vater“.

Wie schade, dass diese Charakterköpfe nicht erhalten geblieben sind!

 

Wie viele Hofner gibt es eigentlich?

Es gab Zeiten, zu denen es Hofner an Aufträgen nicht gemangelt haben dürfte, auch wenn immer wieder mal Durststrecken dazwischen lagen. In späteren Lebensjahren, nach dem Tod seines Sohnes, den er nie überwunden haben soll, benötigte Hofner zunehmend Unterstützung. Die fand er bei seinem arrivierten Freund Lenbach. Zur Verkaufsförderung entstanden gemeinsam gemalte Bilder mit Doppelsignatur. Lenbachs Unterschrift war ja in jenen Jahren im Sinne des Wortes Gold wert. Zu diesen Gemälden zählt beispielsweise eine nicht so ganz gelungene mythologische Darstellung „Faun mit Schafbock und Hühnern“ aus dem Jahre 1900 (Privatbesitz). Lenbach bemühte sich 1900 auch um einen Käufer für die bereits 1883 entstandenen sieben Pilztafeln „Kinder der Erde“, die im Schaffen des Tiermalers einen besonderen Platz einnehmen. „Mit Vergnügen bezeuge ich hiermit, dass die von Johann Baptist Hofner gemalten Schwammerlinge unter den Künstlern die größte Bewunderung hervorgerufen haben“, schrieb Lenbach in einem eigens verfertigten „Gutachten“. Verkauft wurden die „Schwammerlinge“, eine ebenso wunderliche wie wunderschöne Aneinanderreihung unzähliger Pilze, trotzdem nicht. Heute können fünf der sieben Tafeln im Schrobenhausener Lenbachmuseum bewundert werden.

Wie viele Hofner-Bilder gibt es eigentlich? Hofner hatte überwiegend Privatkunden, die übrigens bis aus den Vereinigten Staaten kamen. Auch Prinzregent Luitpold zählte zur Kundschaft. In Museen ist Hofner relativ selten vertreten. Ein Werkverzeichnis aus Lebzeiten des Künstlers existiert nicht. So ist diese Frage nur schwer zu beantworten. Anlässlich der Arbeiten an unserem Hofner-Buch und der großen Hofner-Ausstellung, die Hilde Vietzke, langjährige Lehrerin in Aresing, 1991 im Lenbachmuseum zeigte, ist eine Liste entstanden, die ohne den geringsten Anspruch auf Vollständigkeit alle damals bekannt gewesenen Arbeiten Hofners aufführt. Insgesamt sind es 80 Werke, davon:

  • 39 Tierdarstellungen
  • 2 mythologische Darstellungen
  • 17 Porträts
  • 3 ländliche Idyllen
  • 14 Landschaften und Ortsansichten
  • 5 Pilztafeln

80 Bilder sind also bekannt. Aber wie viele hat Hofner wirklich gemalt? Und wie viele existieren heute noch? Waren es 160? Oder vielleicht sogar 320? Ich wage keine Prognose. Ein Fließbandmaler war Hofner jedenfalls nicht. Umso wertvoller ist sein überschaubares Werk!

 

Die letzten Jahre

Im neuen Jahrhundert, dem 20. , wird es um Hofner zunehmend stiller. Zu seinem 80. Geburtstag am 30. April 1912 schickt Schrobenhausens Bürgermeister Alois Widmann ein Glückwunschtelegramm nach München in die Königinstraße 49. Auch Hofners Heimatgemeinde Aresing wird ihn sicher nicht vergessen haben. Hofner erhält zudem die Prinzregent-Luitpold-Medaille. Eine Würdigung zum 80. Geburtstag in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ mutet stellenweise schon ein wenig wie ein Nachruf an. Unter anderem heißt es:

„Durch eine Reihe vorzüglicher, fein gestimmter Tierbilder, insbesondere von Schafen und Hühnern, hat sich der Jubilar, der seit Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit in München lebt, einen weithin geachteten Namen gemacht und zahlreiche Galerien des In- und Auslandes, darunter auch unsere Neue Pinakothek, haben seine Gemälde erworben. … Hofner hat aber noch dadurch eine besondere Bedeutung erlangt, dass er es war, der Lenbach der Kunst zugeführt und für sie begeistert hat.“

Da haben wir es also wieder: Hofner nur um seines eigenes Werkes willen anzuerkennen, ohne seine Rolle für Lenbach hervorzuheben – das geht einfach nicht.

Vierzehn Monate später, am 29. Juni 1913, gestern genau vor 100 Jahren, stirbt Johann Baptist Hofner. Die Beisetzung findet auf dem Münchner Waldfriedhof statt. In den Nachrufen ist vom „edlen Menschen, liebwerten treuen Gefährten und großen echten Künstler“ die Rede. Und natürlich kommt auch kein Nachruf ohne den Hinweis aus, dass es die besondere Leistung Hofners gewesen sei, Lenbach auf den künstlerischen Weg gebracht zu haben.

Doch der heutige Tag gehört Hofner ganz allein. Und natürlich seinem Werk, das auch nach 100 Jahren noch Bestand hat und so sehr geschätzt wird, wie schon lange nicht mehr. Die ganz, ganz große Anerkennung aller Kunstfreunde gebührt der Gemeinde Aresing mit Bürgermeister Horst Rössler an ihrer Spitze für den Aufbau der kleinen, aber feinen Sammlung an Hofner-Gemälden, über die wir uns heute freuen dürfen. Es ist ja alles andere als selbstverständlich, dass eine Gemeinde so großzügig Finanzmittel für Kunst bereitstellt, auch wenn sie erfreulicherweise zu den wohlhabenderen zählt.

Hofner wäre stolz auf Aresing!




Kleines SOB-Film-Lexikon

Dieser Beitrag befasst sich in Form eines kleinen „Lexikons“ mit der Geschichte der SOB-Filmgruppe, die von 1967 bis 2017 bestand und vor allem in den 80-er und 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts für hoch ambitionierten Amateurfilm stand, der weit über Schrobenhausen hinaus Ansehen genoss.

SOB-Filmgruppe: Konrad Leufer vor der Kamera

Das Gesicht der SOB-Filmgruppe: Konrad „Conny“ Leufer hinter der Kamera (Foto: SOB-Film)

Darsteller

Hier ist bewusst die Rede von Darstellern, nicht von Schauspielern. Nicht selten leiden Amateurfilm unter unfreiwilliger Komik, wenn Darsteller gefordert werden wie (ausgebildete) Schauspieler. Diesen Stolperstein hat die SOB-Filmgruppe immer gemieden und ihren oft auszeichneten Darstellern nie zu viel zugemutet. So manche spielten zu einem Gutteil sich selbst und ersetzen mimische Finesse durch unmittelbare Authentizität. Beispielhaft seien aus dem großen SOB-Film-Ensemble genannt: Sig Fabig, Christian Grimm, Peter Pfitzner und Theo Rosendorfer. Roswitha Stieglmaier. Und natürlich Liedermacher Kurt Schwarzbauer. Nicht nur wurden zwei seiner Lieder titelgebend („Das Lied vom Lande“ und „He, Willi“); er zählte auch immer wieder zu den Hauptdarstellern.

Und da nichts laienhafter wirkt als ein schlecht gesprochener Text, suchte und fand SOB-Film vor allem bei den Dokumentarfilmen Hilfe von professionellen Sprechern. So konnte für den Lenbach-Film „Der Rote“ beispielsweise der Schauspieler Werner Schnitzer gewonnen werden, der damals ein Engagement beim Stadttheater Ingolstadt hatte.

Drehbuch

Die Entwicklung des Drehbuchs war bei SOB-Film Teamarbeit. Am Anfang stand eine vage Idee, am Ende stand ein fertiger Film, wobei die Ausgangsidee und das Endprodukt meist nicht mehr allzu viel gemeinsam hatten. Dazwischen fanden zahllose Treffen statt, bei denen die Handlung vorangetrieben, ein Erzählstrang hinzugefügt, ein anderer verworfen wurde. Wie auch immer: Der Mär vom „Geniestreich aus heiterem Himmel“ stellte SOB-Film die Wirklichkeit eines arbeitsintensiven, demokratischen Prozesses gegenüber. Egomane, tyrannische „Selbstverwirklicher“, die manchmal das große Kommerz-Kino oder auch die kleine Laienbühne prägen , hätten bei SOB-Film keinen Platz gefunden. Was nicht ausschloss, dass einige SOB-Filmer ihrem schreiberischen Talent freien Lauf lassen konnten, wenn es um die Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Ideen in das Drehbuch ging. Genannt sei hier allen voran Christian Grimm (1955-2021), dessen Texte für die Spielfilme „Eduard“ und „Das Lied vom Lande“ so manches Bonmont enthielten, das von SOB-Film-Fans noch Jahrzehnte später zitiert wurde.

Dokumentarfilme

Nicht weniger erfolgreich als mit ihren Spielfilmen war die SOB-Filmgruppe im Genre des Dokumentarfilms: 1979 entstand zum 75. Todestag des einst berühmten Porträtisten Franz von Lenbach im Auftrag der Stadt Schrobenhausen ein erster kleiner Dokumentarfilm. 1986 folgte „F. Lenbach, Maler aus Schrobenhausen“ als Auftragsarbeit für die Jubiläumsausstellung zum 150. Geburtstag des Porträtisten. Und bis 1989 arbeitete die Gruppe dann drei intensive Jahre lang an ihrem großen Lenbach-Werk „Der Rote Schirm“ mit Theo Rosendorfer als Hauptdarsteller. Der Film, eine Dokumentation mit Spielszenen, zeichnet mit Sympathie, aber keineswegs kritiklos eine außergewöhnliche Künstlerkarriere nach. Die Doku wurde auch im Bayerischen Fernsehen gezeigt. Politisch engagierte sich die SOB-Filmgruppe 1988 mit der poetischen Dokumentation „He Willi“ und bezog eindeutig Stellung gegen den Bau einer Umgehungsstraße durch die Paarauen.

SOB-Film: Szenenfoto aus "Des Tages Nacht"

1988: Szenenfoto aus dem Spielfilm „Des Tages Nacht“ (Foto: SOB-Film)

Erfolg

Ganz ohne nostalgische Glättung des Geschehens, einfach Ereignis an Ereignis gereiht, erwies sich die nun mehr als 45-jährige Geschichte der SOB-Filmgruppe als eine unaufhaltsame Kette von Erfolgen. Das klingt vielleicht ein wenig anmaßend, zeugt jedoch in Wirklichkeit von jener Bescheidenheit, die der SOB-Filmgruppe von Anfang an eigen war: Das Streben nach Perfektion im Rahmen des Machbaren, ohne die Grenzen dessen zu überschreiten, was einer ambitionierten Amateurgruppe personell, zeitlich und finanziell möglich ist.

 

1974: Woodwool - der erste öffentlich aufgeführte SOB-Film. Szenenbild mit Christian Grimm und Gisela Herbst.

1974: Woodwool – der erste öffentlich aufgeführte SOB-Film. Szenenbild mit Christian Grimm (1955-2021) und Gisela Herbst.

Filmographie

1967-1973 Erste Gehversuche mit nicht öffentlich aufgeführten Schwarz-Weiß-Filmen (so die Parodien „Cowboy-Film“ aus dem Jahr 1967 und „Vampir-Film“) und 1973 dem ersten teilweisen Farbfilm („Die wahre Geschichte von Rotkäppchen“)
1974 Woodwool (Spielfilm)
1978 Eduard oder: Der Appetit kommt beim Essen (Spielfilm)
1979
Lenbach (Dokumentarfilm zum 75. Todestag des Malers)
1982 Das Lied vom Lande (Spielfilm)
1984 Sperrmüll (Kurzfilm)
1986 F. Lenbach, Maler aus Schrobenhausen (Dokumentarfilm)
1988 He Willi (Dokumentarfilm mit Kritik am Schrobenhausener Straßenbauprojekt „Südwesttangente“)
1989 Der Rote Schirm (Dokumentarfilm mit Spielfilmelementen über Franz von Lenbach)
1998 Des Tages Nacht (Spielfilm)
2013 Lindenkeller (Spielfilm)
2017 Jonathans langer Weg nach Kolbach (unvollendeter Spielfilm)

Hinzu kommen zwei weitere Kurzfilme: „Holiday“, „Isometrische Übungen“ (siehe nächstes Stichwort)

Kurzfilme

Auch in der kleinen Form waren die SOB-Filmer heimisch. Immer wieder entstanden zwischendurch originelle Kurzfilme, denen nicht weniger Liebe und Sorgfalt gewidmet wurde. Da gab es die Fitness-Persiflage „Isometrische Übungen“ und „Holiday“, einen satirischen Blick auf den Teutonengrill an der Adriaküste. Publikumsliebling aber wurde mit Abstand die hinreißende Slapstick-Komödie „Sperrmüll“. Die Hauptrolle spielt – natürlich Kurt Schwarzbauer.

Kernteam

SOB-Filmgruppe – wer war das? Natürlich an erster Stelle Konrad Leufer. Die Biografie des pensionierten Studiendirektors, der am Gymnasium Schrobenhausen Mathematik und Physik unterrichtete, ist mit SOB-Film untrennbar verbunden. Doch so sehr SOB-Film ohne Conny, wie er von allen liebevoll genannt wird, undenkbar gewesen wäre, so sehr bedeutete SOB-Film ebenso gleichberechtigte Teamarbeit begeisterter Leute, die ihre unterschiedlichsten Talente einbrachten. Dabei konnte es auch zu wechselnden Besetzungen für die einzelnen Aufgaben kommen.

Konrad Leufer

Wenn es um seine Rolle in der SOB-Filmgruppe ging, ließ Konrad Leufer es bestenfalls zu, als „Primus inter pares“ oder „Gleicher unter Gleichen“ bezeichnet zu werden. Wie wenig Eitelkeit eine Rolle spielte, zeigte sich allein darin, dass bis fast zuletzt im Nachspann Namen keine Rolle spielten. Das stand einfach nur „SOB-Filmgruppe“.

Und doch wäre SOB-Film ohne Konrad Leufer völlig undenkbar gewesen, wäre nie zum Leben erweckt worden.  Er war Geist, Herz und Seele der Filmgruppe, die übrigens nie in irgendeiner Weise einen festen organisatorischen oder gar statuarischen Rahmen besaß: kein Verein, keine formelle Mitgliedschaft, einfach eine lockere Gruppe von Gleichgesinnten. Dass dies über Jahrzehnte harmonisch und konfliktlos funktionierte, war vielleicht die bedeutendste der zahlreichen Begabungen, die Konrad Leufer einbrachte. Er besaß ein ungewöhnliches Talent, die SOB-Filmgruppe auf spielerische Weise zu lenken, und eine ebenso ungewöhnliche Integrations- und Motivationskraft, ganz unterschiedliche Persönlichkeiten auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Nie wollte er alles an sich reißen, er wusste zu delegieren und Vertrauen in die spezifischen Begabungen der Beteiligten zu setzen, das reich honoriert wurde.

Trotz aller Team-Arbeit: SOB-Film war letztlich Konrad ("Conny") Leufer - und umgekehrt. Rechts im Bild Peter Fischer.

Trotz aller Team-Arbeit: SOB-Film war letztlich Konrad „Conny“ Leufer – und umgekehrt. Rechts im Bild Peter Fischer.

Hinzu kam die Begeisterung für Technik im Allgemeinen und die Elektronik im Besonderen, die den Mathematik und Physik lehrenden Studiendirektor am Gymnasium Schrobenhausen auszeichneten. Und sein Blick für schöne Bilder, für so wunderschöne Bilder, dass niemand ihm jemals streitig machte, hinter der Kamera zu stehen. Diese Rivalität des „Ich möchte auch mal …“, die mancher ambitionierten Amateurfilmgruppe in Streit und Mißgunst den Garaus gemacht hat, war bei SOB-Film unbekannt.

Nach ziemlich genau 50 Jahren hinter der Kamera führten widrige Umstände dazu, dass der so gut wie vollendete Spielfilm „Jonathans langer Weg nach Kolbach“ leider nicht mehr in das lokale Kino kommen oder als DVD der Nachwelt erhalten bleiben kann. Konrad Leufer hat sich seither altersbedingt vom Filmemachen zurückgezogen. Eine Ära ist zu Ende.

Noch wissen sie nicht, welcher Erfolg auf sie wartet: Viele Szenen des ersten großen SOB-Spielfilms "Das Lied von Lande" entstanden im Lindenkeller. Das Fotos aus den früher 80-er Jahren zeigt links Konrad Leufer, rechts Hauprdarsteller und Liedermacher Kurt Schwarzbauer, von dem auch der titelgebende Song stammt. In der Mitte Luefers früh verstorbener "Vize" Peter Fischer. (Foto: SOB-Film)

Noch wissen sie nicht, welcher Erfolg auf sie wartet: Viele Szenen des ersten großen SOB-Spielfilms „Das Lied von Lande“ entstanden im Lindenkeller. Das Fotos aus den früher 80-er Jahren zeigt links Konrad Leufer, rechts Hauptdarsteller und Liedermacher Kurt Schwarzbauer, von dem auch der titelgebende Song stammt. In der Mitte Luefers schon 1988 verstorbener „Vize“ Peter Fischer. (Foto: SOB-Film)

Lindenkeller

Die SOB-Filmgruppe war zwar acht Jahre älter als der 1975 als „Sig‘s Kneipe“ von Sig Fabig wieder eröffnete „Lindenkeller“, dennoch ist die eine ohne den anderen nur schwer vorstellbar. Fast 40 Jahren war der „Lindenkeller“ Kristallisationspunkt der SOB-Film-Arbeit: Treffpunkt, Ideenbörse und Drehort in einem. Im tiefen Kellergewölbe entstanden 1977 „martialische“ Szenen zum Eduard-Film, unterm Dach befand sich in den 80-er Jahren das erste Tonstudio. Und der letzte Film hieß – „Lindenkeller“!

Malen mit der Kamera

Spannende Handlung, witzige Dialoge, Perfektion bei der Erarbeitung der Szenen, beim Bau der Kulissen, bei der Führung des Lichts und eine ausgefeilte Kameraführung zählen zu den Markenzeichen der SOB-Filme. Doch das ist noch immer nicht alles. Seit den ersten Filmen hält die mitunter turbulente Handlung ab und an inne, und die Bilder laden zum Verweilen ein: eine sonnendurchflutete Waldlichtung, eine Idylle an der Paar, eine einfache Hütte unter Bäumen … Fern jeder künstlichen Überhöhung, bar jeder billigen Esoterik kehrt Harmonie ein in die Seele des Betrachters bei diesen unglaublich schönen Bildern. Conny Leufer war neben all seinen anderen Talenten auch ein „Maler mit der Kamera“.

Malen in der Kamera: Eine besondere Stärke von Konrad Leufer.

Malen in der Kamera: Eine besondere Stärke von Konrad Leufer.

Musik

Eines der „Erfolgsgeheimnisse“ der SOB-Filmgruppe war die Musik. Den Griff in die Konserve gab es nur ganz am Anfang. Seit dem „Lied von Lande“ beruhte die gesamte Filmmusik auf selbst eingespielten Eigenkompositionen, die SOB-Filme auch akustisch unverwechselbar machen. Drei Namen, drei Profimusiker, drei Glücksfälle: Peter Hillinger, Werner Pilnei, Kurt Schwarzbauer, Jörg Weber. Und als Berater für die bei SOB-Film so wichtige Filmmusik: Lehrer und Trompeter Peter Pfitzner, der als Darsteller auch immer wieder vor der Kamera stand.

Sig’s Kneipe

siehe Lindenkeller

Technik

Begonnen hat alles mit einer 8 mm-Kamera und Schwarz-Weiß-Filmmaterial, das damals für das studentische Budget der SOB-Filmer schon eine gehörige Belastung darstellte. Die weiteren Stationen: Farbe, Super-8, 16 mm-Film mit Profi-Kamera und bei den Arbeiten am Spielfilm „Lindenkeller“ erstmals Digitaltechnik: Für Conny Leufer war es eine spannende Herausforderung, seinen geliebten Schneidetisch, den der Physik-Lehrer mit vielen Geräten Marke Eigenbau perfektioniert hatte, gegen einen PC zu tauschen. Bilder von nie gekannter Brillanz und technischer Perfektion waren der Lohn der mutigen Entscheidung.

Hinter dem Kulissen von SOB-Film: Peter Fischer, Sig Fabig und "Operateur" Conny Leufer im Schneideraum.

Hinter dem Kulissen von SOB-Film: Peter Fischer, Sig Fabig und „Operateur“ Conny Leufer im Schneideraum.

Wettbewerbe

Eigentlich war es Zufall, dass die SOB-Filmer einige Jahre an Wettbewerben der organisierten Amateurfilm-Szene teilnahmen, ohne sich jedoch den dort gepflogenen Trends und Moden anzupassen. Wo immer die SOB-Filmer antraten, hagelte es Preise wie etwa den Titel „Bester Deutscher Amateurfilm des Jahres 1982“ für „Das Lied vom Lande“. Die Anerkennung tat gut, doch hatten die SOB-Filmer diese Hürde so mühelos genommen, dass es letztlich keine Herausforderung war. Ein Übriges taten die frustrierten Mienen anderer Teilnehmer: „Wenn ihr kommt, haben wir eh keine Chancen…“ So blieben die Wettbewerbe eine Episode von wenigen Jahren Dauer.

Benno Bickel

Anmerkung: Dieser Text entstand im März 2013 anlässlich der Erstaufführung des SOB-Films „Lindenkeller“, wurde nach leichter Überarbeitung grammatikalisch in die Vergangenheitsform gesetzt – auch die SOB-Filmgruppe ist Vergangenheit -, behutsam der augenblicklichen Rechtschreibung angepasst und im Sommer 2022 ergänzt um die Stichworte „Filmographie“ und „Konrad Leufer“. 1923 ist eine ganze Reihe von Bildern hinzugekommen.

 




„Lindenkeller“ – Zur letzten SOB-Film-Premiere im Jahr 2013

Dieser hier unverändert wiedergegebene Text entstand im März 2013 anlässlich der Erstaufführung des SOB-Films „Lindenkeller“. Dass es die letzte Premiere einer Arbeit der SOB-Filmgruppe um Konrad Leufer werden sollte, war damals noch nicht abzusehen. Es gibt ihn zwar, den allerletzten SOB-Film „Jonathans langer Weg nach Kolbach“, fast vollendet und eigentlich ein cineastischer Leckerbissen des Amateur-Films. Doch widrige Umstände werden eine Aufführung wohl  für immer verhindern. Schade!

 

Fast fertig und dann ins Archiv: Kolbach - der letzte SOB-Film

Fast fertig und dann ins Archiv: Kolbach – der letzte SOB-Film

Nein, ein Werbetext soll das nicht werden. Das hat der neue SOB-Film – die Karten für die Premierenvorstellung waren bereits im Vorverkauf innerhalb weniger Minuten restlos vergeben – auch überhaupt nicht nötig. Und genießen wird der Zuschauer den Spielfilm „Lindenkeller“ auch ohne jede Vorinformation. Aber vielleicht ist es ja so wie bei einem köstlichen Gericht: Weiß man ein wenig Bescheid über Zutaten und Zubereitung, über seine Kulturgeschichte, so vermag das den Genuss noch beträchtlich zu steigern.

Szenenfoto aus dem SOB-Film "Lindenkeller" mit Christian Grimm und Kurt Schwarzbauer

Szenenfoto aus dem SOB-Film „Lindenkeller“ mit Christian Grimm und Kurt Schwarzbauer

Ein wenig SOB-Film-Geschichte …

Die Anfänge und damit auch die „Kulturgeschichte“ des außergewöhnlichen Phänomens „SOB-Film“ gehen auf das Jahr 1967 zurück, als einige junge Studenten, unter ihnen Konrad Leufer und der früh verstorbene Peter Fischer, mit einfachsten technischen Mitteln begannen, Filme zu drehen. Dabei war das fertige Produkt gar nicht so wichtig, im Mittelpunkt standen Freude an der Gestaltung, das Experimentieren mit Bewegung, Licht bald auch Farbe. Korrespondierend dazu gab es Leute, die gerne vor der Kamera standen, insbesondere Mitglieder der damaligen Theatergruppe am Gymnasium Schrobenhausen. Stellvertretend für alle anderen sei Christian Grimm genannt, der auch im neuen Film „Lindenkeller“ mit von der Partie ist. Im Jahr 1974 entstand der surrealistische Film „Woodwool“. Vier Jahre später folgte mit „Eduard oder: Der Appetit kommt beim Essen“ der erste große Spielfilm von 60 Minuten Dauer, der ein großes lokales Publikum erreichte und begeisterte. Hauptdarsteller der haarsträubenden Geschichte des „Eduardo del Suicido“, der im Laufe der Handlung immer mehr Gefallen daran findet, seine nervtötende Familie zu beseitigen, war Sig Fabig, der damals gerade zur SOB-Filmgruppe gestoßen war und seither zum Kernteam zählt. Am 1. Mai 1980 begannen dann die Dreharbeiten zum zwischenzeitlichen SOB-Film-Klassiker „Das Lied vom Lande“, zu dem der neue Film „Lindenkeller“ in enger Beziehung steht und letztlich eine Fortsetzung darstellt. Erstmals widmete sich SOB-Film damals einem aktuellen Thema, dem alternativen Leben auf dem Lande zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Der Titelsong stammt von Liedermacher Kurt Schwarzbauer, der auch die Hauptrolle bekam und nun 33 Jahre später im „Lindenkeller“ wieder eine tragende Rolle spielt. Das „Lied vom Lande“ wurde regional und weit darüber hinaus zu einem Riesenerfolg, fand seinen Weg in diverse dritte Fernseh-Programme vor allem in Norddeutschland und erhielt den Kunstpreis der Stadt Schrobenhausen.

Dokuemtarfilme und das „Opus magnum“

Die 80er Jahre waren dem Dokumentarfilm gewidmet. Dann war wieder ein Spielfilm an der Reihe, zu dem die ersten Probeaufnahmen im Oktober 1990 begannen. Dass daraus das „Opus magnum“ der SOB-Filmgruppe werden würde, ahnte damals noch niemand. Neun Jahr später war es dann so weit: Der Spielfilm „Des Tages Nacht“ fand bei der Premiere im Frühjahr 1998 und zahlreichen weiteren Aufführungen begeisterte Aufnahme. „Des Tages Nacht“ lotete die Grenzen des Machbaren reichlich aus: zwei Stunden Dauer, rund 100 Mitwirkende vor und hinter der Kamera, „Massenszenen“ mit 50 Personen, reiht sich ein Superlativ an den anderen. Und der Inhalt? Eine farbenprächtige, lebens- und sinnenfrohe Parabel ohne zeitliche Verortung, in einem geheimnisvollen Moor angesiedelt, von großem Unterhaltungswert, aber auch mit einer des Nachdenkens würdigen Botschaft: „Die Welt geht nicht daran zugrunde, dass wir alles falsch machen, sondern daran, dass wir zu viel Richtiges machen!“

Wie sollte es nun weitergehen? Ein noch größerer, noch längerer, noch aufwendigerer Film? Oder zurück zu den Anfängen? Die Antwort ließ 15 Jahren auf sich warten. Am 8. März 2013 wird sie mit der Premiere des neuen SOB-Films „Lindenkeller“ gegeben.

Benno Bickel

Weitere Infos über die SOB-Filmgruppe bietet das „Kleine SOB-Film-Lexikon“.




Von der kleinen Stadt und ihrem großen Mann

Vor 35 Jahren: Kulturpolitische Betrachtungen aus dem Jahr 1987


Kultur in Schrobenhausen: Der nachfolgende, unverändert wiedergegebene Text entstand im Juli 1987 als durchaus subjektive Bestandsaufnahme des Schrobenhausener Kulturlebens und seiner Entwicklungsmöglichkeiten. Inklusive eines mehr oder weniger „prophetischen“ Blickes auf die damals künftige und heute zur Gegenwart gewordene Rezeption des Schrobenhausener Rathauses.


Vor allem sind es die Maler, die das kulturelle Selbstverständnis der Stadt Schrobenhausen prägen. Da ist natürlich an erster Stelle Franz von Lenbach, 1836 hier geboren und 1904 in München gestorben. Der einstmals weltberühmte Porträtist blieb bis heute der eine große Mann, den ein gnädiges Schicksal häufig auch den kleinen Städten schenkt, auf daß sie Halt an ihm finden, sich anlehnnen können auf der Suche nach Identität.

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Derlei Bedürfnis freilich kann höchst unterschiedlich befriedigt werden. Auch Franz von Lenbach blieb es nicht erspart, seinen Namen den eher profanen Dingen dieser Welt leihen zu müssen, vom Lenbach-Bock bis hin zum Lenbach-Schinken. Und das liebgewonnene Etikett „Lenbachstadt Schrobenhausen“ wird vielleicht ab und an etwas überstrapaziert. Daß das in aller Welt seiner komischen Seiten nicht entbehrende Verhältnis zwischen großem Mann und kleiner Stadt kein ehernes Naturgesetz zu sein braucht, bewies 1986 zum 150. Geburtstag des Malers eine Gedächtnisausstellung von solcher Qualität, daß sie den Feuilletonisten aller großen deutschen Zeitungen einer anerkennenden Rezension würdig schien. So hat sich Schrobenhausen um seinen „großen Sohn“ einmal wirklich verdient gemacht.

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Was nach Ansicht so mancher Leute nicht immer der Fall war. Denn justament das größte Vermächtnis Lenbachs, der prunkvolle, von ihm gestiftete und nach ihm benannte Saal im alten Rathaus fiel gemeinsam mit diesem im Jahre 1967 der Spitzhacke – oder realistischer gesprochen – den Abbruchbaggern zum Opfer. Seither ist es schwierig geworden, über Schrobenhausen zu schreiben. Soll man die Tat, 20 Jahre nach ihrer Vollführung, nun wie vielfach gewünscht endlich totschweigen? Oder soll man einstimmen in die mittlerweile schon fast modische Klage über den herben Verlust? Welch letzteres bei Besuchern der Stadt, in Wort und Bild entsprechend verbreitet, häufig eine gespannt-mitleidige Erwartungshaltung à la „Zeig mir deine Wunde!“ auslöst. Aber vielleicht gibt es da noch einen dritten Weg. Der könnte zu der dreisten Behauptung führen: In nicht allzu ferner Zeit wird die Kunstgeschichte das moderne Schrobenhausener Rathaus, so wie es dasteht, preisen als die einzige eigenständige und architektonisch ernstzunehmende Leistung Schrobenhausenes im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts! Mag diese Behauptung zu Zeiten der Hochkonjunktur eines neuen „Historismus“, in dessem Geiste die funktionslosen Erkerlein aus den Neubauten sprießen wie die kontaminierten Schwammerl im Walde, auch noch so ketzerisch anmuten! Wetten, daß die Zeit kommt …

Lenbachsaal im Alte Rathaus Schrobenhausen

Lenbachsaal im Alten Rathaus Schrobenhausen

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Und bis es soweit ist, muß man das alte Rathaus halt noch wie eine Reliquie beim Schrannenfest als Modell durch die Straßen fahren. Womit ein weiteres Stichwort gefallen ist. Der Schrobenhausener Verkehrsverein hat den Bürgern, die noch vor wenigen Jahren dem Zeitgeist huldigend muffig hinter ihren Fernsehern saßen, das Feiern wieder beigebracht. Zum Schrannenfest 15 000 Besucher an einem Sonntagnachmittag, wie erst vor wenigen Tagen wieder der Fall, zeigen, daß die Vereinzelung doch wieder der Pflege von Gemeinsamkeit weicht. Und das ist der Urgrund kulturellen Lebens.

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Zum Beispiel – um nur eines zu nennen – im Bereich der Musik: Seit Gründung der Städtischen Musikschule im Jahre 1973 wächst eine neue Generation von Kindern und Jugendlichen heran, für die Musik nicht mehr primär ein Konserven-Erlebnis, sondern aktive Gestaltungsleistung bedeutet. So ist zur erfreulichen Tradition gehobener geistlicher Musik ein Neubeginn auf dem „profanen Sektor“ hinzugekommen.

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Freilich, es gibt sie noch, jene vermeintlich Feinsinnigen, die mit ihrem Los hadern, daß ein ach so erbarmungsloses Schicksal sie nach Schrobenhausen verschlagen hat. (Warum, bitteschön, bleiben sie dann?) Die das rechte Verhältnis zu Produktionsbedingungen und Erlebnismöglichkeiten von Kultur in der Kleinstadt einfach nicht zu finden vermögen. Die ihrer gequälten Seele ausschließlich durch Kulturkonsum in den großen Metropolen Linderung verschaffen können. Oder – und da wird es dann schlimm – sich mit Sendungsbewußtsein anschicken, das Gesellschaftsstück „Jetzt spielen wir Kultur!“ zu inszenieren, ohne zu merken, wie es zur eigentlichen Provinzposse wird.

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Doch gerade auch aus solchen Spannungsfeldern heraus wird die Vitalität kleinstädtischer Kultur gespeist. Deren Chancen und Grenzen zu erkennen, ohne ständig an Türen zu drücken, auf denen „Ziehen!“ steht, macht in Schrobenhausen seit Jahren sichtbare Fortschritte.

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Wenn eingangs von Malern die Rede war: Besonders auswärtigen Beobachtern ist in letzter Zeit immer wieder aufgefallen, daß das kleine Schrobenhausen mehr Maler sein eigen nennt, als ihm der Statistik nach eigentlich zustünde. In der Tat erstaunt es, wenn in einem nur gut 15 000 Einwohner zählenden Städtchen bar vordergründiger landschaftlicher Attraktionen nicht weniger als sechs freischaffende Maler und Bildhauer sowie eine ganze Reihe weiterer Künstler leben und arbeiten. Mit Lenbach hat das übrigens gar nichts zu tun! Hier eine Pseudo-Kontinuität herbeizuzwingen, hieße Heimatgeschichtsschreibung als spießbürgerliche Selbstbeweihräucherung zu betreiben.

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Bleibt nur zu hoffen, daß man in Schrobenhausen mit derlei Talenten auch zu wuchern versteht. Denn die Mitglieder dieser „Künstlergemeinde“ sind mehrheitlich noch relativ jung. Sie entwickeln sich weiter. Und es wäre schade, wenn sie eines Tages feststellen müßten, daß die Mauern zu eng werden …

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Womit wir bei den Mauern wären: Die Stadtmauer, der Stadtwall mit seinen prächtigen Bäumen, die immer noch den außerordentlichen optischen Reiz des Schrobenhausener Ensembles bilden, sind in den letzten zehn Jahren mehr und mehr als das große Kapital erkannt worden, mit dem sorgsam umzugehen Früchte trägt. Und um dem „Außen hui – innen pfui“ einer immer autogerechter gewordenen Altstadt entgegenzuwirken, hat man nun Gottseidank mit einer Stadtsanierung begonnen, die noch beispielshaft werden könnte. Vorausgesetzt, die politischen Entscheidungsträger lassen sich vom Druck horizont- wie perspektiveloser Vertreter von Partikularinteressen nicht zur Gänze den Schneid abkaufen.

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So manches ist erreicht. So manches erhofft man sich zurecht. So manches ist aussichtslos. Alles in allem läßt sich damit ganz gut leben. Das klingt vielleicht verhalten-miesmacherisch zu Zeiten, wo Selbstdarstellungsorgien, mit denen man sich in die eigene Tasche zu lügen pflegt, die Regel geworden sind. es ist aber durchaus als Kompliment gemeint. Als Kompliment für ein Schrobenhausen, das manchmal weniger Provinz ist, als der provinzielle Geist seiner Kritiker zu begreifen vermag.




Schrobenhausen auf alten Landkarten

Alte historische Landkarten haben einen ganz eigenen Reiz. Jahrhunderte lang waren sie in Bibliotheken verschlossen oder in Form von Drucken nur wenigen zugänglich. Im Zeitalter der Digitalisierung können immer mehr dieser Karten zugänglich gemacht werden. Wir beginnen deshalb, einige dieser Karten zu präsentieren, die unsere Region zeigen – entweder als eigenen Scan oder in Form einer Verlinkung.

Der Forscher hat vielfältige Möglichkeiten der Auswertung. Wir als ortsgeschichtlich Interessierte schauen nach, was dem Kartenersteller wichtig war, welche Städte und Orte er aufnahm. Kleine Ortsansichten springen uns an, auch wenn wir wissen, dass diese Miniaturen wohl eben nicht reales Abbild der Wirklichkeit sind. Wir werden diese kleine Sammlung im Lauf der Zeit erweitern.

Über jeden Kartographen gibt es bereits umfangreiche Literatur. Einen ersten Einblick gibt nicht nur Wikipedia, wir empfehlen Recherchen auch in „bavarikon“, dem Portal zu den Kultur- und Wissensschätzen Bayerns (www.bavarikon.de).

Texte & Zusammenstellung: MD.

 

1501 – Etzlaub

Die älteste Landkarte, auf der Schrobenhausen zu finden ist – eine Karte von Erhard Etzlaub aus dem Jahr 1501. Hier ein kleiner Ausschnitt der Karte, die von Dänemark bis Italien reicht. Die Karte ist „gesüdet“, das heißt Italien liegt oben, Dänemark unten. Ungewöhnlich, dass die Stadt Neuburg fehlt. Denkbar wäre, dass Schrobenhausen wegen der alten Reichsstraße von Regensburg nach Augsburg aufgenommen wurde.  Ein hochwertiges Digitalisat der gesamten Karte befindet sich in der Harvard Map Collection der Harvard University und kann hier angesehen und heruntergeladen werden.

 

1568 – Apian

Philipp Apian (1531-1589) – Ausschnitt aus Blatt 13 seiner „Bayrischen Landtafeln“ aus dem Jahr 1568. Der in Ingolstadt geborene und an der dortigen Universität Mathematik lehrende Apian wurde 1554 von Herzog Albrecht beauftragt, eine genaue Karte von Bayern anzufertigen. Das Ergebnis dieser Landesaufnahme bildete eine „große Karte“ mit einer Größe von rund 30 Quadratmetern. Auf Wunsch des Herzogs entstanden 24 kleinformatige Landtafeln, die in der Werkstatt von Jost Amann in Holz geschnitten und im Jahr 1568 im Druck erschienen. Die Stadt Schrobenhausen wird bildhaft dargestellt, mit Stadtmauer, Türmen, Kirche, Häusern, den Flüssen Paar und Weilach und einer Paarbrücke.

 

 

1790 – Reilly

Johann Joseph von Reilly (1766-1820), geboren und gestorben in Wien, war Verleger und Schriftsteller, bekannt wurde er aber vor allem als Kartograph. In verschiedenen kartographischen Großwerken bzw. Bänden stellt er in mehreren hundert Blättern vor allem Europa dar. Der nebenstehende Ausschnitt stammt aus dem Blatt „Des Herzogthums Oberbayern Pfleggerichte Dachau, Crantsperg, Pfaffenhofen, Mainburg, Neustadt, Abensperg, (…) Ingolstadt, Schrobenhausen (…) oder des Rentamts München nördlicher Theil“. Die Karte ist undatiert und entstand wohl um 1790 (genauere Datierung ist angestrebt). Besonders klar dargestellt sind hier vor allem die Grenzen des alten Pfleggerichts Schrobenhausen.

 

 

1805 – Riedl 

Karte aus dem „Reise Atlas von Bajern“ des Münchner Kartographen Adrian von Riedl (1746-1809). Der aus einer Kartographenfamilie stammende Riedl wurde bereits 1766 zum Landgeometer ernannt und 1769 mit der Dokumentation des bayerischen Straßennetzes beauftragt. Seit 1790 Direktor der Straßen- und Wasserbauverwaltung, hat er sich auch um die Trockenlegung des Donaumooses verdient gemacht. Die nebenstehende Karte stammt aus seinem „Reise-Atlas“, der im Zeitraum von 1796 bis 1805 entstand und der auf 66 Karten alle bayerischen Haupt- und Landstraßen und die wichtigsten anliegenden Orte darstellt. Datiert wird die Karte auf das Jahr 1805. Riedl war außerdem Herausgeber von rund 400 handgezeichneten Landkarten und Plänen, darunter auch des auf 1792 datierten „Plans der unter der Cultur stehenden churfürstlichen Schrobenhausener oder Donauer Lehen Mooses“.